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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0296
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291

5. GUTACHTEN ZUM VORSCHLAG EINES RELIGIONSGESPRACHS

so1 ein solich klag wider die widerchristen in gemeinem namen beschehe aller
vnser Confession verwandten, Vnder welchen dann auch die konige Denmarck2
vnd Schweden3 sind vndu fil andere potentatenv, die doch bishar nit besonders mit
I i4fv I vnseren Stenden dise sachen gehandlet haben, welche sich aber nun, wa4 sie
recht darumb ersuchet vnd wol erinneret würden, was der papst vnd sein anhang
vorhette, solcher klag gern vnderschreiben wurden. Solche anklage dann, die also in
gemeinem namen so filer potentaten vnd nationen geschehe vnd ausgienge, wurde
warlich bei den anderen Potentaten vnnd nationen nit ein geringes ansehen haben.
Wurdew auch gar von filen anderen potentaten vnd völckern gelesen werden, die
vnsere besonderen schrifften, so von den dienern des worts ausgohn, wenig achten.
Nun, so wir vns doch einer gemeinen Confession haben verglichen, so were ia das
auch füglich drauff zu thun, das sich alle, die vnserer Confession sind, auch einer ge-
meinen anklage wider den gegentheil, die verstockten widerchristen, vergleichen
theten Vnd nemlich5, weil wir alle wol greiffen6, was der Papst mit den seinen
vnderstaht.
Zu dem haben wir dise feinde Christi bishar in den besondren schrifften fast allein
der lehre vnd sacramenten halben vnd solcher misbreuchen vnd verkerungen ange-
claget, die wol die schweristen vnd grewlichsten sind,7 könden aber von denen, so
noch vnser religion nit sind, nicht so grewlich erkennet werden. Ja, jren fil vnd die
grösten Potentaten halten solche verkerungen fur gute christliche ordnung, Welche
aber wol erkennen könden, das die grausame Symonei vnd kirchen rauben, die so
erschröckliche vnzucht, mord vnd gotlosigkeit, 1146’ I so zu Rom bei allen recht Rö-
mischen Prelaten im schwanck gahte,8 9 an kirchen prelaten mit nichten zu gedulden
sind, vnd das, die mit solchen lasteren behafftet, in religion sachen nit konden noch
sollen als Richter zugelassen werden,x9 Vnd nemlich, wa man da auch wol herfur-
u) von Bucer vor der Zeile ergänzt.
v) danach gestr.: sind.
w) korr. aus: wurde.
x) In der Vorlage folgt ein Absatz.

1. als so: wie wenn.
2. König Christian III. von Dänemark (reg. 1534/1536-1559); führte 1537 offiziell die Reforma-
tion m Dänemark ein; vgl. TRE 8, S. 305.
3. König Gustav I. von Schweden (reg. 1523—1560); führte allmähhch die Reformation m Schwe-
den ein; vgl. TRE 30, S. 649 h
4. wenn.
5. vornehmlich; besonders. Vgl. Grimm 13 (= VII), Sp. 346.
6. begreifen.
7. Vgl. etwa Bucer^ Wider auffnchtung der Messen, Straßburg: Georg Messerschmidt, 1545 (ed.
BDS 13, S.363-405).
8. 1m schwanck gahte: im Schwange geht; d. h. gegenwärtig vorhanden und gebräuchlich ist. Vgl.
Röhrich 3, S.913.
9. Diese Argumentationslinie verfolgt Bucer in >De Concilio<; s. oben S. 124—138. Als konkrete
Beispiele nennt er andernorts etwa die (vermeintliche) Ermordung Contarinis, das Kurtisanenwe-
sen m Rom sowie die Protegierung von Pier Luigi Farnese durch seinen Vater, Papst Paul III.; s.
oben S. 136 mit Anm. 2, S.218 mit Anm. 1 und unten S. 556 mit Anm. 2. Landgraf Philipp bemän-
gelte später m seinem Bnef vom 21. Februar 1546 an Graf Wolrad von Waldeck und Johannes Pisto-
 
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