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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0470
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16. BRIEF BUCERS AN LANDGRAF PHILIPP VON HESSEN

Zum einen habe die zweite kaiserliche Resolution, für deren Inhalt eher Malvenda
und Pedro de Soto als der Kaiser verantwortlich zu machen seien, die ursprüngli-
chen, unannehmbaren kaiserlichen Vorgaben zur Geschäftsordnung bekräftigt. Das
Verbot der Benennung eigener Protokollanten und der Berichterstattung an die
Fürsten widerspreche nicht allein der Wormser Prorogation, sondern sei auch für
die Protestanten als Christen inakzeptabel. Doch die Präsidenten lehnten jedes wei-
tere Entgegenkommen ab, sodaß keine Hoffnung auf eine Einigung hinsichtlich der
Geschäftsordnung mehr bestanden habe (fol. 79^-82r).
Zum anderen sei das Verhalten der Kolloquenten, insbesondere Malvendas, sowie
die Unlust der Präsidenten untragbar gewesen. Die altgläubigen Teilnehmer zeigten
ihre Ablehnung des Kolloquiums angesichts des eröffneten Trienter Konzils offen
und boykottierten vielfach die Verhandlungen, wie Bucer an mehreren Beispielen
zeigt(fol.82r-84r, 85v-87r).
Bucer resümiert, er halte eine Wiederaufnahme des Religionsgesprächs nur dann
für sinnvoll, wenn Kaiser und Stände sich zuvor über eine geeignete Geschäftsord-
nung verständigten und alle Seiten dem Gespräch explizit zustimmten (fol. 84r- 85k
89v~90r). Der Landgraf könne die Abreise seiner Delegierten mit dem Abzug der
sächsischen Delegation erklären und sich ansonsten der Begründung des Kurfürsten
für dessen Abberufung der Gesandten anschließen (fol. 89v~90r). Abschließend regt
Bucer eine Synode der evangelischen Stände an, um sich hinsichtlich der Religions-
artikel auf eine gemeinsame Linie zu einigen (fol. 90^).

3. Wirkung
Vom 12. bis zum 22. April 154-61 kam der Schmalkaldische Bundestag in Worms
zusammen, der sich mit der Abreise der protestantischen Teilnehmer vom Regens-
burger Kolloquium befassen sollte. Dort übergab Jakob Sturm den hessischen De-
legierten Sebastian Aitinger2 und Tilman Günterrode3 unter anderem eine Kopie
des hier edierten Schreibens zur Weitergabe an den Landgrafen. Aitinger und Gün-
terrode sandten am 9. April einen Brief an Philipp von Hessen, welchem sie mehrere
von Sturm übergebene Dokumente beilegten.4 Dabei handelte es sich neben Bu-

1. Vgl. PC 4,i, Nr. 63, S. 83-92. Am 23. April reisten die Delegierten ab; vgl. ebd. S.92.
2. Sebastian Aitinger (1508-1547), Sekretär des Schmalkaldischen Bundes; vgl. ADB 1, S. 167h
3. Tilman Günterrode (1512-1550), hessischer Kanzler; vgl. NDB 7, S. 262f.
4. Marburg StA, Best. 3, Pol. Arch., Nr. 852, fol. [41 — r 51; vgl. die entsprechende Erläuterung
ebd. fol. I4V—151: »So hatt vnns auch Herr Jacob Sturm ein Copey eines schreibens, von Martino Bu-
cero an E.F. G. gestellt, sampt einer protestation, von den vnnsern vbergeben, vnnd andern mehr
schnfften vberantwort, Darauß E. F. G. die vrsachen der Auditorn vnnd Colloquenten zu Regenns-
I 1 y' I purg abzugs gnedigchch befinden werden vnnd sonderhch, was Herr Julius pflug vnd seine
mit presidenten an Bucerum vnd Bucerus wider an Jne, Pflugen, nach dem abziehen geschnben;
Vnnd darneben verrner berichtet, das Bucen vnnderthemgs bitten sey, das E. F. G. den sachen verr-
ner wollten nachtrachten, dann er spüre, das der gemein Hanndel mcht vilen angelegen wer, wie er
billich sollt.« Vgl. außerdem Lenz II, S. 427 Anm. 19.
 
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