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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0482
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16. BRIEF BUCERS AN LANDGRAF PHILIPP VON HESSEN

hat mögen furbracht werden, jmer ins erger vnd zu weiterem mißverstand zu verke-
ren. So haben sich die Presidenten, zur sachen zu reden vnd die zu vergleichung zu
beforderen, nie mit dem wenigsten wollen annemen,1 Wie dann der Bischoue von
Eistetten2 frey vnd zu vil malen bekennet, er verstehe der sachen nicht, hab auch ins
Colloquium als ein Bischoue zu Eistetten nit bewilliget. Derwegen er vns auch an-
fangs inn seinem besonderen anreden, auffs Concili zu kommen I 83^ I zum höch-
sten ermanet mit meldung, das dise allgemeinen religion sachen nicht dann in einem
allgemeinen Concili könden recht erörtert vnd geschlichtet werden.3
Seitemal dann die anderen Stend alle zu Wurms ins Colloquium auch nit haben
bewilligetq,4 So haben wir vns noch fil weniger zu vertrösten gehabt, das sie, die
anderen Stende, sich vmb die handlung dises Colloquii auff ietzigen Reichstage mit
ichten beladen würden, Nemlich, weil dise handlung durch der gegenColloquenten
sophistisch verkeren vnd der Presidenten vergeblichs zuhören vnd zusehen inn so
vil mehrere vnd schwerere onrichtigkeit gezogen vnd das Concilium nun auch er-
öffnet vnd ins werck bracht ist, das zur zeit des Wormischen reichstags noch nit er-
öffnet ware.5 Dann der Papst hat sich wider alle religion handlung, durch vns Deut-
schen fur vns selb furzunemen, dermassen gesetzet, das auch die kfaiserliche]
M[ajestä]t solche biß har zu keinem furgang hat beforderen dörffen. Daher auch
Granuella6 E[uer] F[ürstlichen] g[nad]en selb nachmals bekennet, das man in ei-
nem National7 in den glauben Articulen nichs zu erkennen vnd zusetzen haben
solle. So haben wir am Bischoue I 83’ I von Aichstet vnd etlichen anderen Bi-
schouen8 so fil wol gemercket, das sie nichs werden vornemen1, das dem papst
entgegen seie. Werffen den eid vor, den sie dem papst gethons,9 vnd den sie dem
Herren Christo vnd seiner kirchen gethan, achten sie wenig.
Weil dann die sachen also gestaltet, das wir mit furtfaren* im Colloquio vnder di-
sen Colloquenten überal nichs haben wissen zu beforderung christlicher verglei-

q) korr. aus: bewilligen.
r) korr. aus: vors.
s) von Bucer am Rand ergänzt und eingewiesen.
t) danach gestr.: konden.
1. S. unten S. 480,20-481,5.
2. Moritz von Hutten; zur Person s. oben S. 295 Anm. 1.
3. Gemeint lst die Unterredung, die eimge protestantische Delegierte mit dem Präsidenten Mo-
ritz von Hutten im Vorfeld des Kolloquiums am 14-Januar 1546 führten; s. dazu oben S.294f.;
S. 302-310, bes. S.305,4-306,1; S.307,15-308,2.
4. Die altgläubigen Stände hatten auf dem Wormser Reichstag 1545 einem neuerlichen Kollo-
quium mcht zugestimmt; s. oben S.418 Anm. 3.
5. Das Konzil war am 13. Dezember 1545 in Trient eröffnet worden; vgl. TRE 34, S.64. Die
Wormser Prorogation datiert vom 4. August 1545; s. oben S. 279 mit Anm. 1.
6. Nicolas Perrenot de Granvelle; zur Person s. oben S. 285 Anm. 6.
7. Nationalkonzil; Nationalversammlung.
8. Bucer denkt wohl an Bischöfe wie Sebastian von Heusenstamm (Erzbischof von Mainz) und
Melchior Zobel von Giebelstadt (Bischof von Würzburg); vgl. Gatz (Hg.), Bischöfe, S. 291 f., 774 h
9. Gemeint ist das >ius iurandum<; s. oben S. 138 Anm. 3.
 
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