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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0536
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I 8. EIN WARHAFFTER BERICHTE

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ren so genotdrengt1 vnd so vnbilliche ding zu bekennen gezwungen habe,2 Sag ich
also: Was in die fader geredt ist, des sind die Acta von geschwornen Notarien vor-
handen, da halten sie an3 als4 fleisig als wir gethon, das die Keiserlichen Maiestat
die selbigen laß an tag komen.5 So kan ein jeder Christ dann richten, was inn diesem
gesprech jeder theil seiner lehre grund oder ongrund furbracht habe. So viel dann
das onauffgeschriben gesprech belanget,6 beschreiben7 sie das vnd bringen herfür
dieselbigen jre spitzigen argumenten, damit der Maluenda mich genotiget, vnd die
vngeschickten bekantnüssen, die ich solle aus solchem not dringen8 fürgeben ha-
ben. So kan man aber mal sehen, wie die sach gestaltet sei.
Das sind aber die selbigen vngeschickten reden al-d I Aiiija I le, zü denen Mal-
uenda mit seinen argumenten mich getriben hat:9
Er sagte: »tod sünd, das ist sündec wider das gewissen, kan bei dem glauben
stohn; darumb mag nicht sein, das der glaub allein fromme vnd selig mache.« Das
widersprach ich jm vnd widersprichs noch. Sagte vnd sage, das bei warem, lebendi-
gem glauben solche sünde nicht stehn moge; ja, sagte vnd sage weiter, das niemand,
der in solcher sünden lige, kunde rechts lebendiges glaubens glauben, das der Vatter
vnsers Herrn Jhesu warer Gott seie.
Da warffe er für, der glaub wurde nicht zerstoret, dann durch ein gegen- vnd wi-
derwertigs halten, »per assensum contrarium«. Solich gegen- vnd widerwertigs hal-
ten were nicht in einer jeden todsünden. Jch sagte aber, es were in einem jeden, der
sünde thut wider sein gewissen, als ehebruch, diebstal vnd der gleichen sünde. Dann
der ware glaub Christi hielte alle wort Gottes für gewiß vnd war vnd hielt10 auß
dem, das alle sünden wider das gewissen den ewigen tod vnd verdamnuß bringen
vnd das sie darumb mehr zü fliehen sein dann der leiblich tod. Der aber ehebruch,
mord, diebstal vnd der gleichen sünde thete, der schlüsse bei sich, ehebrechen, mor-
den, stalen seie desmals güt vnd zuthun, Dann sunst thet er solches nicht. Darumb
zerstore solche sünde den waren glauben vnd moge bei vnd neben jm nicht stehen.
Dazü warffe ich jm die Schrifft zum offtermal für: »Wer glaubt, das Jhesus Chri-
d) danach Kustode: le da.
e) Drf.: sünd e.

gel, Religionsgespräch, 5.460; zu den Umständen der Ermordung des Juan Dfaz s. oben S.256
Anm. 4.
1. bedrängt; genötigt. Vgl. Grimm 13 (= VII), Sp.923.
2. Vgl. Billick, Epistola (Neiidecker., Urkunden, S. 793 f.).
3. da halten sie an: darauf sollen sie beharren. Vgl. Frühneuhochdt. WB 1, Sp. 1208.
4. als ... als: so ... wie.
5. Die Teilnehmer am Religionsgespräch mußten der Geheimhaltung der Akten zustimmen; vgl.
Vogel, Religionsgespräch, S. 278 f.; s. auch oben S. 337,6-10; 350-352.
6. Billicks Bencht enthält keine genaueren Schilderungen des freien Gesprächs vom 19. —22. Fe-
bruar.
7. beschreiben: zeichnen ... auf; fixieren ... schnfthch. Frühneuhochdt. WB 3, Sp. 1742.
8. not dnngen: Drängen; Nötigen. Grimm 13 (= VII), Sp.923.
9. Zum Folgenden vgl. auch Vogel, Religionsgespräch, S.415—419.
10. meinte. Grimm 10 (= IV,2), Sp. 296.
 
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