BERNER DISPUTATION
135
vorhin durch min herr Butzer yngefürt worden ist, er sye der menscheyt
nach von uns genommen in die unsichtbarliche herrligkeyt Gottes,
welche herligkeyt Gottes erfüllet himmel und erden, so ist die gerechte
Gottes kein sonders ort. Ussz disem allen (wo der lyb Christi also an
5 eynem sonderen ort sin müßte, möchte er Theophorus genant wer|den, 159b
das ist, Gott allein durch die gnad in im habend) ist also endtlich unser
verstand, doch vorbehalten allweg, wo wir nit recht gloubtend oder
hieltend, Christenlicher bericht, daruß nun Christum lyblich im brot der
dancksagung genossen werden, wider den anderen artickel zesin30 nit
10 verstanden werden sol.
Butzer.
Uf das erst sagen wir: Unser herr ist ja wunderbarlich und übernatürlich
geboren, aber doch ein warer mensch, der einen menschlichen lyb ge-
hept hat, und noch, der nach art menschlicher natur nun an einem ort
15 zemal sin mag. Damit brechen wir der Allmechtigkeit Gottes nüt ab.
Gott mag31 alle ding, handlet aber, nach dem ers durch sin eygen wort
anzeygt. Darumb so er sagt, das unser herr ein warer mensch sye, so
bewyßt er sinen gewalt an im, das er ein sölicher blybe. Des anderen
artickels halb sind wir so vil eins, das wir mit inen bekennen, das
20 Christus der menscheyt nach zu der gerechten des vatters erhöchet ist.
Das sy aber wyter ynfürend, die gerechte Gottes sye allenthalb, darumb
möge die menscheyt Christi ouch allenthalben oder glych an vil orten
zumal32sin, darzu sagen wir, das sölichs gar nüt volget. Unser herr
Jesus der menscheyt nach ist erhöcht zur gerechten gottes, das ist, im ist
25 der gröst gwalt geben und ist erhöchet über alle creaturen. Das [ist] aber
alles, wie er selbs bekennet, der menscheyt nach, das er nit destweniger
ein warer mensch beliben ist. Darum, wiewol die herligkeit und der
gewalt Gottes allenthalben ist, so muß doch darumb der mensch Christus
nitt ouch allenthalben sin, dann die menscheyt nit zur gottheit wor|den 160a
30 ist. Wir warten ouch zu sölicher herligkeit zu kommen nach unser maß.
Darumb werden wir aber nütdestweniger dem lyb nach an einem ort sin.
Das aber wyter ynzogen ist: wo der lyb Christi müßte an einem ort
sin, so wurde volgen, das er billich Theophorus, das ist ein Gottrager
genempt werden sölt, als der nit selb Gott wäre, da sagen wir neyn zu.
35 Er ist ein warer Gott und der gotheyt nach allenthalben. Er ist aber
ouch ein warer mensch. Dem selbigen nach ist er allweg nun an einem
ort zumal, dann die göttlich schrifft uns den menschen nit anders für-
gibt. Und warlichen, sölicher fürwurff schmackt nach eym schwären
irthum, deß wir doch unsere liebe brüder keinswägs wellen gezigen
30. Zu sein.
31. Vermag.
32. Gleichzeitig.
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vorhin durch min herr Butzer yngefürt worden ist, er sye der menscheyt
nach von uns genommen in die unsichtbarliche herrligkeyt Gottes,
welche herligkeyt Gottes erfüllet himmel und erden, so ist die gerechte
Gottes kein sonders ort. Ussz disem allen (wo der lyb Christi also an
5 eynem sonderen ort sin müßte, möchte er Theophorus genant wer|den, 159b
das ist, Gott allein durch die gnad in im habend) ist also endtlich unser
verstand, doch vorbehalten allweg, wo wir nit recht gloubtend oder
hieltend, Christenlicher bericht, daruß nun Christum lyblich im brot der
dancksagung genossen werden, wider den anderen artickel zesin30 nit
10 verstanden werden sol.
Butzer.
Uf das erst sagen wir: Unser herr ist ja wunderbarlich und übernatürlich
geboren, aber doch ein warer mensch, der einen menschlichen lyb ge-
hept hat, und noch, der nach art menschlicher natur nun an einem ort
15 zemal sin mag. Damit brechen wir der Allmechtigkeit Gottes nüt ab.
Gott mag31 alle ding, handlet aber, nach dem ers durch sin eygen wort
anzeygt. Darumb so er sagt, das unser herr ein warer mensch sye, so
bewyßt er sinen gewalt an im, das er ein sölicher blybe. Des anderen
artickels halb sind wir so vil eins, das wir mit inen bekennen, das
20 Christus der menscheyt nach zu der gerechten des vatters erhöchet ist.
Das sy aber wyter ynfürend, die gerechte Gottes sye allenthalb, darumb
möge die menscheyt Christi ouch allenthalben oder glych an vil orten
zumal32sin, darzu sagen wir, das sölichs gar nüt volget. Unser herr
Jesus der menscheyt nach ist erhöcht zur gerechten gottes, das ist, im ist
25 der gröst gwalt geben und ist erhöchet über alle creaturen. Das [ist] aber
alles, wie er selbs bekennet, der menscheyt nach, das er nit destweniger
ein warer mensch beliben ist. Darum, wiewol die herligkeit und der
gewalt Gottes allenthalben ist, so muß doch darumb der mensch Christus
nitt ouch allenthalben sin, dann die menscheyt nit zur gottheit wor|den 160a
30 ist. Wir warten ouch zu sölicher herligkeit zu kommen nach unser maß.
Darumb werden wir aber nütdestweniger dem lyb nach an einem ort sin.
Das aber wyter ynzogen ist: wo der lyb Christi müßte an einem ort
sin, so wurde volgen, das er billich Theophorus, das ist ein Gottrager
genempt werden sölt, als der nit selb Gott wäre, da sagen wir neyn zu.
35 Er ist ein warer Gott und der gotheyt nach allenthalben. Er ist aber
ouch ein warer mensch. Dem selbigen nach ist er allweg nun an einem
ort zumal, dann die göttlich schrifft uns den menschen nit anders für-
gibt. Und warlichen, sölicher fürwurff schmackt nach eym schwären
irthum, deß wir doch unsere liebe brüder keinswägs wellen gezigen
30. Zu sein.
31. Vermag.
32. Gleichzeitig.