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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 4): Zur auswärtigen Wirksamkeit: 1528 - 1533 — Gütersloh, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.29141#0329

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MARBURGER RELIGIONSGESPRÄCHE

325
sprach aus der Welt zu schaffen7; die »Vergleichung D.Luthers und
seines gegentheyls vom Abentmal Christi, Dialogus« vom Juni 15288
formuliert dann nicht nur Bucers Unionsprogramm in dieser umstritte-
nen Frage - und zwar im Anschluß an Luthers Schrift »Vom Abendmahl
Christi, Bekenntnis«! - sondern dieses Buch ist zugleich die meisterhafte
Darstellung der politisch-theologischen Vermittlungsrolle der Straß-
burger: so sehr Bucer gegenüber den Schweizern bestrebt ist, alle per-
sönlichen und sachlichen Schärfen von dieser Seite nach Möglichkeit
zurückzudrängen, so eifrig ist er umgekehrt gegenüber Luther und den
Seinen bemüht, das Recht der eigenen Abendmahlsauffassung zu er-
weisen - und zwar unter ständiger Berufung auf Luther selbst!
Diese Linie hat Bucer auch in der Folgezeit eingehalten. Daß sein
Drängen auf Vermittlung und Verständigung allerdings nicht den Ver-
zicht auf einen eigenen Standpunkt in sich schloß oder den Versuch, eine
Position über den Parteien einzunehmen, belegt die »Vergleichung« und
belegen die Briefe der folgenden Monate eindeutig. Unbeschadet der
Differenzen zu Zwinglis Abendmahlsverständnis steht Bucer - und ent-
schiedener und schroffer noch Capito9 - in dieser Zeit auf der Seite der
Schweizer! Luthers Abendmahlslehre bezeichnet Bucer Zwingli gegen-
über als »magia«10, die Wittenberger sind die »adversarii«, die man in
Marburg zu bezwingen hofft11.
Die Wittenberger haben es nicht anders gesehen. Bei ihnen kommt -
und zwar keineswegs nur bei Bugenhagen - zum sachlichen Gegensatz
noch die persönliche Verbitterung über Bucers in zwinglischem Sinne
interpretierende Übersetzung von Bugenhagens Psalmenkommentar
hinzu12. Nach Luthers Urteil ist Bucer eine gefährliche Schlange13 - und
diese Bezeichnung hat bei seinen Anhängern Schule gemacht14! Aber
auch abgesehen von solchen persönlichen Urteilen kann Melanchthon
Zwingli und die Straßburger ganz selbstverständlich in einem Atem
nennen: »Aber mir ist diese Sache also angelegen, und habe mich, so
viel möglich, darum erkundet, und beruhe darauf, daß ichs mit den
Straßburgern nicht halten will mein Leben lang, und weiß, daß Zwingel
und seine Gesellen unrecht vom Sacrament schreiben.«15
7. So J.Oekolampad an Zwingli, 6.Dezember 1525 (CR Zw 8, Nr.418). Vgl. auch
Köhler II, S. 2f.
8. Vgl. uns.Ausg., Bd.2, S. 195-383, sowie Köhler I, S.462ff.; 770ff.
9. Vgl. etwa CR Zw 10, S. 84,7ff.(29.März 1529); S.240,9f.(4. August 1529), sowie
die in Anm. 5 genannte Arbeit von Köhler.
10. CR Zw 10, S. 182,7 (30. Juni 1529).
11. CR Zw 10, S.235,5ff.(4.August 1529).
12. Vgl. dazu uns.Ausg., Bd.2, S. 175-223; 259-275.
13. WA Br 4, S. 508,1 ff.(28.Juli 1528).
14. So etwa J. Jonas an Reiffenstein, CR I, Sp. 1097(4.Oktober 1529).
15. CR I, Sp. 1067 (Gutachten für Joh. Friedr. v.Sachsen, wohl vom 14.Mai 1529).
 
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