326
ZUR AUSWÄRTIGEN WIRKSAMKEIT 1528-1533
Bucers Rolle beim geplanten Religionsgespräch von Marburg ist demnach
von vornherein eng begrenzt: politisch ist Jakob Sturm der entschei-
dende Mann, theologisch begegnet Bucer in der Gefolgschaft der Schwei-
zer. Innerhalb dieses klar umrissenen Rahmens jedoch hat Bucer sich
außerordentlich geschickt bewegt: Er vermittelt seit dem August die
Korrespondenz zwischen Philipp von Hessen und Zwingli, tauscht den
hessischen Boten nach Zürich in Straßburg gegen einen weniger auf-
fälligen, berät sich mit verschiedenen Personen, um die Reise der
Schweizer zum Religionsgespräch möglichst sicher zu gestalten16. Aber
Bucer kommt erst ins Spiel, als die mühsamen Vorbereitungen für die
Marburger Tagung abgeschlossen sind. Offensichtlich hat Jakob Sturm
jetzt die Durchführung der praktischen Einzelheiten dem Straßburger
Theologen überlassen; Sturm dürfte es auch gewesen sein, der den
hessischen Landgrafen auf Bucer als einen »schiedlichen unzankhafti-
gen«, der »zu friede und einigkeit lust« hat, aufmerksam machte, so daß
die Einladung Philipps vom 1.Juli 1529 nicht nur den Straßburger
Stettmeister dringend um sein Kommen ersucht, sondern zugleich
Martin Bucer als den einen der beiden Theologen nennt, die von Straß-
burg mit den Schweizern nach Marburg reisen sollen17. Als zweiten
Straßburger Theologen lädt Philipp von Hessen am 21. August Caspar
Hedio ein18. Diese Wahl ist eine sehr geschickte Unterstreichung der von
Hessen wie Straßburg erstrebten Verständigungspolitik: Hedio erfreute
sich nicht nur eines besonderen Ansehens bei Melanchthon19, er war
praktisch auch der einzige Freund des engagierten Lutheraners Nikolaus
Gerbel in Straßburg20.
Daß die Straßburger Delegation nach alledem in Marburg nicht im
Vordergrund der theologischen Auseinandersetzungen stehen würde,
liegt auf der Hand. Philipp von Hessen selbst weist darauf hin, wenn er
in jener Einladung an Jakob Sturm vom 1.Juli 1529 schreibt: »sehen
aber auch vor gut ane, das zwen ewr von Stroszburg predicanten dorbei
und angewesen weren den sachen mit zuzuhoren«21 Selbst wenn man
dieses »Zuhören« nicht pressen will, so bezeichnet es doch treffend die
Rolle, die Bucer und Hedio während des Marburger Religionsgesprächs
zugedacht war.
Bucers konkreter Anteil an den theologischen Verhandlungen in Marburg hat
sich insgesamt genau auf dieser Linie bewegt22. Als am Nachmittag des
16. Vgl. dazu Lenz I, S. 3-20. 17. Pol.Cor.I, Nr.632 (S.382).
18. CR Zw 10, S. 279,18. 19. Vgl. etwa CR I, Sp. 1066.
20. Siehe dazu J.Rott: L’Humaniste Strasbourgeois Nicolas Gerbel et son diaire
(1322-1529), in: Bulletin philologique et historique 1946/47, S.69-78.
21. Vgl. Anm. 17.
22. Zu den Quellen über das Marburger Religionsgespräch siehe WA 30, III,
S.92-171; CR Zw 6, II, S.491—551; Staehelin: Briefe II, S.359-387; W.Köhler: Das
ZUR AUSWÄRTIGEN WIRKSAMKEIT 1528-1533
Bucers Rolle beim geplanten Religionsgespräch von Marburg ist demnach
von vornherein eng begrenzt: politisch ist Jakob Sturm der entschei-
dende Mann, theologisch begegnet Bucer in der Gefolgschaft der Schwei-
zer. Innerhalb dieses klar umrissenen Rahmens jedoch hat Bucer sich
außerordentlich geschickt bewegt: Er vermittelt seit dem August die
Korrespondenz zwischen Philipp von Hessen und Zwingli, tauscht den
hessischen Boten nach Zürich in Straßburg gegen einen weniger auf-
fälligen, berät sich mit verschiedenen Personen, um die Reise der
Schweizer zum Religionsgespräch möglichst sicher zu gestalten16. Aber
Bucer kommt erst ins Spiel, als die mühsamen Vorbereitungen für die
Marburger Tagung abgeschlossen sind. Offensichtlich hat Jakob Sturm
jetzt die Durchführung der praktischen Einzelheiten dem Straßburger
Theologen überlassen; Sturm dürfte es auch gewesen sein, der den
hessischen Landgrafen auf Bucer als einen »schiedlichen unzankhafti-
gen«, der »zu friede und einigkeit lust« hat, aufmerksam machte, so daß
die Einladung Philipps vom 1.Juli 1529 nicht nur den Straßburger
Stettmeister dringend um sein Kommen ersucht, sondern zugleich
Martin Bucer als den einen der beiden Theologen nennt, die von Straß-
burg mit den Schweizern nach Marburg reisen sollen17. Als zweiten
Straßburger Theologen lädt Philipp von Hessen am 21. August Caspar
Hedio ein18. Diese Wahl ist eine sehr geschickte Unterstreichung der von
Hessen wie Straßburg erstrebten Verständigungspolitik: Hedio erfreute
sich nicht nur eines besonderen Ansehens bei Melanchthon19, er war
praktisch auch der einzige Freund des engagierten Lutheraners Nikolaus
Gerbel in Straßburg20.
Daß die Straßburger Delegation nach alledem in Marburg nicht im
Vordergrund der theologischen Auseinandersetzungen stehen würde,
liegt auf der Hand. Philipp von Hessen selbst weist darauf hin, wenn er
in jener Einladung an Jakob Sturm vom 1.Juli 1529 schreibt: »sehen
aber auch vor gut ane, das zwen ewr von Stroszburg predicanten dorbei
und angewesen weren den sachen mit zuzuhoren«21 Selbst wenn man
dieses »Zuhören« nicht pressen will, so bezeichnet es doch treffend die
Rolle, die Bucer und Hedio während des Marburger Religionsgesprächs
zugedacht war.
Bucers konkreter Anteil an den theologischen Verhandlungen in Marburg hat
sich insgesamt genau auf dieser Linie bewegt22. Als am Nachmittag des
16. Vgl. dazu Lenz I, S. 3-20. 17. Pol.Cor.I, Nr.632 (S.382).
18. CR Zw 10, S. 279,18. 19. Vgl. etwa CR I, Sp. 1066.
20. Siehe dazu J.Rott: L’Humaniste Strasbourgeois Nicolas Gerbel et son diaire
(1322-1529), in: Bulletin philologique et historique 1946/47, S.69-78.
21. Vgl. Anm. 17.
22. Zu den Quellen über das Marburger Religionsgespräch siehe WA 30, III,
S.92-171; CR Zw 6, II, S.491—551; Staehelin: Briefe II, S.359-387; W.Köhler: Das