Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0063
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
DIALOGI

59

findt, argwenig55, halte wol an sich, lasse sich nichts übereylen und understande nur nit
zu widersprechen, er befinde dann aigentlich, daz gewisser fal und mangel ist in dem,
so der gegentail fürgibt. Und dasseibige zaige er dann demütiger und freüntlicher weys
an. Findet er in ainigen weg, das die red der gegenpart war sein mag, laß er sy war sein;
5 auß warem volget nichs, dann das auch war ist56. Yede warhait ist auch darzü dienst-
lich, das ain andere desto baß erkannt werde.
57Darumb, solang nichts eingefüret wirdt, das an im selb die unwarhait ist, scheühe
kainer. Wirdt schon ain warhait dermassen fürbracht, als wolte man damit ain lugen
färben oder haimlich mit einschleyffen, thü man nur gmach58 — warhait und lugen
io vermischen sich weniger dann feür und wasser —, lasse man nur die red wol einhergehn
und habe güt acht auf die lugen. Es wirt alles, das war ist und zü einlaytung der lugen
mißbraucht wirt, nur darzü güt sein und dienen, das die lugen desto baß erkant und ehe
begriffen werde. Dann so auß warem nichts dann wares volgen mag und man sich wol
zum waren haltet, fleysset sich ymmer auf das, so war ist, achtzuhaben, so wirt ye
15 müssen die unwarhait sovil baß und leichter begriffen werden. Wie ainer sovil eer59 ain
falsch vermainten stain, gold oder ander sophistisch ding erkennet, sovil er auf die
rechten stain, gold und andre warhaftige ding besser achthat, mer mit umbgeht und sy
daher baß kennet.
Laßt uns auch ainander nit fürlauffen und die mainungen | [B 4a] | der60 hertzen
20 richten wollen, ee sy mit worten fürgeben werden, wie uns dann die sygsucht im
disputieren ye übereylet, sollen wir ainander mit worten freündtlich berichten, welches
dann SiaXeyecrö'a!, haysset, müß kainer von ains anderen mainung mehr wollen wissen,
dann er selb mit worten außher61 iasset, wir verwirren uns sunst durchainander,
verlieren die zeyt unnützlich und werden dann auch leicht zum zancken und der
2; unwürsche bewegt.
Hart: Es ist war, wie du sagst, wir seind arme leüt und künden ye freylich uns selb
nimmer gnüg verleügnen noch Got ergeben. Er wolle uns helffen! Frid: Nu, liebe
brüder, Got wirt uns helffen, so wirs nur begeren; nu künden wirs aber nit recht
hertzlich begeren, so wir unseren mangel nitt recht grundtlich erkennen und ymmer
30 daran gedencken. Derohalb, das wir unser selb desto baß achthetten und warnemen,
auch sovil ernstlicher zum Herren ymmer erseüfftzen und umb seinen güten gayst im
hertzen betten, hab ich uns diser ding, wie irs nun gehoret haben, ee und wir weyter in
handel kemen, bester mainung mich selb als wol als euch, lieben brüder, erinneren
wollen. 62Dann uns der zanck allen wee thüt und künden gar übel dahin kommen, das
3; wir uns in allweg nützlicher halten, im disputieren überwunden werden dann überwin-

5 5. Argwöhnisch.
56. Leitsatz aus der scholastischen Logik: Ex vero nil nisi verum. Vgl. Thomas von Aquin:
Kommentar in 1 Perihermeneian. lect. 3, Nr. 7.
57. Warhait fürderet warhait. [Marg.].
58. Leise, ruhig.
59. Eher.
60. Das kainer den anderen fürlauffe. [Marg.].
61. Heraus.
62. Besser iiberwunden iverden denn überwinden. [Marg.].
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften