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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0066
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Ö2

OBRIGKEITSSCHRIFTEN

Hart: Wie, Fridlieb, gibstu das nach, das man kain gebott darvon habe, das man in
die Kirch gehe, gebett und anders mit den Christen ube? Frid: Auff dises hab ich noch
nit geantwortet, du bist mir in die red gefallen. Sinnprecht mainet, wir lesen nit, das der
Herr irgent gesagt habe oder die Apostolen: Kommen auff die oder jhene zeyt zusa-
men, halten gebett, das Nachtmal und dergleichen; Sonder der Herr und Paulus sagen:
wenn ir zusamenkommen, wann ir das thun, so halten euch der- und dermassen und
thund mir das zugedachtnuß etc71.
72Hart: Giltet dann euch das nicht, das wir zun Ebreern am zehenden [24.25] lesen:
Erkennen euch selh durchainander, erwecken und treiben %u der liebe und güten wercken,
verlasset nitt ewere versamlung, sTuuuvaycayTjv, wie ettlich ainen brauch haben, sonder ermanet,
Und sovil mehr ir sehet, das der tag nahet. Diß schreybet der Apostel, geht das euch nichts
an? Frid: Lieber Hartmut, es geht uns an. Sinnprecht wirt dir, ob Got will, des nitt
widersprechen. Sinnp: Ich widersprichs ja nitt. Ich sihe aber doch in disem spruch nit,
das der Apostel gebiete in Kirchen und zum Sacrament zu gehn. Er vermanet, das wir
die gemain nit verlassen sollen, sonder ainander vermanen zur liebe und guten wer-
cken. 73Hart: Es steht ETuauvaywYYjv, ain versamlung, da man zuainkommet. Sinnp:
Seind die Christen nit alle im gaist versamiet zu Christo74, irem haupt, mussen sy
darumb allweg leiblich zuainkommen? Hart: Es saget nyemandt allweg. Solle man aber
nit zun zeyten auch leiblich zusamenkommen und da das wort der ermanung, gebett
und Sacrament uben, wie der hailig Paulus anzaiget i.Cor. 5 [4.5], da | C 2a | er sy
haisset zusamenkommen und den, der sein stieffmuter bey im hatt, verbannen. Item am
zehenden [i4ff.], da er der Christenversamlung und Sacramentubung setzet gegen der
Haydenversamlung und der gotzen. Item am aylften [ 17 f£], von der weiß zu betten
und dem hailigen Abentmal. Im 14. [iff] von ubung der leer, ermanung, lobgesang
und gebetts, das wir ordenlich und zur besserung in der gemain uben sollen. Sinnp:
Was an disem ortt der hailig Paulus geschriben hatt, hab ich mehr dann ainmal gelesen,
ich fmde aber dannocht weder an disen oder anderen orten: Gehet am Sontag oder
sunst in die Kirch, halten gebett, empfahen die Sacrament etc. Ich lise als von kainen
gebotten, das ist mein red.
75Frid: Nun, lieber Sinnprecht, es ist war. Mit disen worten: geht in die Kirch,
empfahen die Sacrament, kommen zum gemainen gebett, finden wir dise ding nit
gebotten. Ich frag dich aber: so uns gebotten ist, Gott von gantzem hertzen, gantzer
seelen und allen kreften zu lieben, daran dann alle gebott hangen76, ob wir nit schuldig
seyen und uns gebotten sey, alles das mit hochstem fleyß zu thun und uben, das wir
wissen mügen, dem Herren, unserem Gott, an uns ymmer mehr gefellig und anmütig
sein? Deinem weyb ist von Gott gebotten, sy soll dich als ir haupt vor augen und in
ehren haben77; gelt, du mainest in krafft dises gebotts seye sy schuldig zu thün alles, das
sy wayß dir wolgefallen und was sy waiß dir mißfellig sein zu meiden. Ist dem nit also?
71. Vgl. 1 Kor 11,24—25.
72. Wie die versamlung der Kirchen erforderet wirdt. [Marg.].
73. Wie gebet und die hailigen sacrament in der gmain geubet und empfangen werden sollen. [Marg.].
74. Vgl. iKor 12,12.
75. Wie im gebott der gotlichen liebe alle Kirchenübungen gebotten sind. [Marg.].
76. Vgl. Mk 12,30. 77. Vgl. iKor 11,3.
 
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