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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0070
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OBRIGKEITSSCHRIFTEN

ob du haltest, das in solchen ubungen Got warlich gedienet und besserung der got-
säligkait erlanget werde! Sinnp: Wenn man dise ding ubet, wie sy der Herr bevolhen,
wie künde es im nitt gefallen? Frid: Gefallet dem Herren aber auch etwas an uns, das
uns zur säligkait nit fürdere? Sinnp: Nain.
Frid: Das wär recht, das du so ainfaltig und schlecht antwortest. Nun wollen wir fein 5
zusamenkommen. Du bekennest, j [C 4 b] | das dise Kirchenübungen, wenn man sy
recht haltet, wie es der Herr bevolhen hatt, die gotsäligkait fürderen und Gott darmit
gedienet werde. "So wir dann Gott dienen sollen und was zur gotsäligkait fürdret
üben von gantzem hertzen und allen krefften, so findet sich ja, das uns die hailigen
Kirchenübungen zü irer zeyt und gelegenhait zu halten gebotten seind und zum 10
gotsdienst und der Religion warlich gehoren. Und der sy underlasset, der underlasset
den gotsdienst und das zur gotsäligkait besserlich ist und handlet gotloßlich.
Sinnp: Der dienst und das gefallen Gotes steht aber nit am ausseren. Frid: wirt aber
im ausseren geübet, ja auch durch das ausser in uns angerichtet. Der brunn des alles ist
der hailig gaist im glaubigen hertzen. Da die lieben hailigen zü Antiochia des gebets 15
und fastens in gemain pflegten, schreibet der hailig Lucas, sy haben Gott gedienet:
XeiToupyouvTWv 8e auTcov toö xupico 100 . Sinnp: Dannocht ist der recht Gotsdienst warer
glaub an Christum und liebe gegen dem nächsten. Frid: Recht! So wir aber in Kirchen-
versamlungen deß Herren so reyche genedige züsagungen horen und erwegen, sein
gesatz und gebott vernemen, unsere untüchtigkait und des Herren güte tiefer betrach- 20
ten, nemen an und empfahen die gmainschafft unsers Herren Jesu in den hailigen
Sacramenten, sagen im lob und danck, betten umb mehrung seines gaists und alle
notdurft, thünd unsere getrewe handtraichung den armen (Welches alles die rechten
waren Kirchenübungen seind), ja, so wir uns zü disem allem auß warem glauben und
rechter andacht im namen deß Herren versamlen und mitainander üben, wirt das 25
darumb besonders der gotsdienst gehaissen, das wir allda zum rechten gotsdienst und
aller gotsäligkait gleich wider aufgenommen, geleret, auff ain newes eingefüret und
erhytziget werden und dahin auch auf ain newes begeben und verpflichten, ja yetz mitt
der that gottlichs lobs und handtraichung gegen den armen, erfrischung der waren
brüderschafft mit der gemain wider anfahen und in übung nemen. Ist gleych ain ding, 30
als so Äins Fürsten diener und amptleüt zü besonderen zeyten dem Fürsten zü hof
Reytten, iren dienst auch zügegen zu beweysen, die doch J D 1 a | sunst in iren ämpte-
ren und gescheften ymmer dem Fürsten dienen. Ja allain darumb zun zeyten also zü hof
kommen, das sy iren güten willen und getrewe dienst dem Fürsten kund machen und in
gegenwärtigkait beweysen und vom Fürsten auch darzü mehr angeraitzet und berich- 35
tet werden.
Sinnp: Noch solle man dennocht niemand zü den Kirchenübungen und Ceremonien
zwingen. Frid: Man kan doch nyemand weder zü dem oder anderem güten oder bosen
zwingen, wenn man aygentlich vom zwingen reden solle 101 . Was der mensch nit selb
willig thüt, ist weder wol noch übel thon, ja ist vom menschen ongethon. Aber von 40

99. Warumb die kirchenubungen besonders der Gotsdienst haissen. [Marg.].
100. Apg 13,2.
101. Vgl. dazu »Vom Ampt der oberkait«, S. 29, Anm. 28.
 
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