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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0074
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OBRIGKEITSSCHRIFTEN

tags anders sein bey allen wargleubigen, so sy allain das betrachteten, das der hailig
Paulus schreibt: Das brot, das wir brechen, ist das nit die gmainschaft des leibs Christi? Der
kelch, bey dem wir danck sagen, ist der nit die gmainschaft des blüts Christil2x? Und dann der
Herr selb sagt: Nemet, esset, Das ist mein leib, der für euch gegeben wirt. Das ist mein blüt des
newen Testaments, das für euch vergossen wirt. Thünd das gü meiner gedachtnufT12. O lieben 5
bruder, diß seind allen rechtglaubigen so gewaltige gebott, das sy warlich zum tisch
deß Herren allen hunger und durst befmden und dürffen123 niemans, der sy hiezü mit
gebotten treibe. Ja, wer sy davon abhalten wolte, der thate inen das hochste layd.
Darumb dann der Kirchen alß die schwäreste straff und der tod selb ye und ye gewesen
ist, von solcher säligen gmainschaft Christi außschliessen und abhalten. Darumb io
warlich kain ursach gewesen ist, das der Herr besondere gebott geben hette, die leüt zü
sollichen so säligen und allen hailigen so begirlichen handlungen, der Christlichen
Cerimonien, zü treyben.
Was? Hat er doch auch des gantzen menschlichen thüns halb kain ander gebott
gegeben dann vom glauben an in und der | [D 3 b] | liebe, durch die der glaub allweg 15
thätig ist124. Anstatt aller gesetz und ordnungen, die in aller welt durch seinen gayst
darzü geben seind, das wir menschen wol mitainander leben, hat er im lassen gnüg sein
diß ainig: Habt ainander lieb, wie ich euch geliebet habeX2b. Alle volcker hetten vorhin gesetz
und ordnung, dadurch alles diß leben fein geregieret werden mag, wa man solcher
ordnung mit rechtem gmüt gelebete. Am glauben zü Got und der liebe zum nächsten, 20
durch die der glaub thätig ist, fälet es. Darumb hat auch Got im newen testament diß
allain sein gebott gehaissen, das wir glauben an den namen seines suns Jesu Christi und
lieben ainander. 1 Joan. 3 [23].
Auß disem allen maine ich, lieber Sinnprecht, soltestu dich wol sovil zu berichten
haben, das du sehest, das unsere Kirchensamlungen und -übungen im horen des wort 25
Gottes, brauch der Sacramenten, gebett und allem andren, im gebott des glaubens und
der liebe Gottes und deß nächsten warlich begriffen und verfasset seind und also zur
religion gehoren und auch billich ain gotssdienst gehaissen werden, obwol der Herr
dise ding besonders außtrucklich nit geboten hat. Und warumb es sein auch nit be-
dürffet hatt, das der Herr solche ding besonders gebiete, über das ers uns zu brauchen 30
und üben verordnet hatt, der uns freylich nichts, des nit zü unserem hayl warlich und
gewaltig dienet, hatt verordnen mügen.
Sinnp: Mein Fridlieb, du soltest mich darfür nit halten, das ich nitt wolte der warhait
stattgeben, wa ich die verstünde. Du wayßt aber dannocht wol, wie man in aller welt
und bey allen volckeren allen gotsdienst auf die ausseren Cerimonien setzen will und 35
wie wenig nach warem glauben fragen. Nachdem dann eben unser viler glaub, die uns
doch des Evangely besonders rhümen, in wercken layder sich so schwärlich herfür-
thüt, und der eyfer zü dem lebendigen glauben sich auch bey unseren fürsteheren und

121. 1 Kor 10,16.
122. 1 Kor 11,24—25.
123. Bedürfen, benötigen.
124. Vgl. Gal 5,6.
125. Jo 13,34.
 
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