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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0113
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DIALOGI

IO9

Kaiser Ottoni 381 , dem ersten des namens, gegeben und das auch mit dem gantzen
Concilio und bey der peen des bannens wider alle die, die solich recht des Kaisers
verhinderen wolten. Wie reimet sichs nun, das der Kaiser Otto solte solich recht, Bäpst
und Bischof zu setzen, gleich wider begeben haben?
5 Hart: Was darf es vil wort? Wir haben doch in Historien 382 allenthalben zeügknussen
gnug, das diser Otto und seine nachkommen sich des rechtens, Bapst und Bischof zu
setzen, mit der that gebrauchet haben. Aber diß gaistlich gesind schämet sich kainer
unwarhait, weder zu reden noch zu schreiben.
Sinnp: Nun, lieben bruder, was sagen ir aber hiezu? Haben die Bäpst mit iren Conci-
10 liis disen Kaiseren solich recht, Bäpst und Bischof zu setzen, gegeben, so ist es ye vor ir
gewesen und haben also fug gehabt, sollich recht wider anzunemen. | [L ib] | Frid:
Die Bäpst haben sollich recht und gewalt für sich nye gehabt. Und was sy dem Carolo
und Ottoni zügestellet, das haben sy nicht als von inen 383 zügestellet, sonder als inen
die Kayser zü Constantinopel in Italien nitt hilff thäten wie sy woiten, seind sy von
15 denselbigen erstlich zun Francken und als sy von den Francken auch mtt hetten, was sy
wolten, zun teutschen gefallen und auß selbangemaßtem gewalt das recht, so die
vorigen Kaiser über sy gehabt, denen zügestellet, welchen sy zum Kaiserthumb
geholffen haben. Ist der Bäpst halb anders nichts gewesen, dann das sy ainem tail ab-
und dem andern zügefallen seind und sich aines thails gewalts auß aignem frävel
20 entzogen und des andern gewalt, von dem sy mehr verhofften, ergeben haben.
Sinnp: Nun lasse sein, die Kaiser haben allen gewalt über die Bäpst und Bischof auß
vermüg ires Kaiserlichen ampts und nit auß begabung der Bäpst gehabt. So haben
doch die nachgenden Kaiser solchen gewalt den Bäpsten übergeben und verschworen.
Frid: Sy thünd es layder noch. Sag mir aber: Hat auch yemand seine befelch und ampt
25 zü begeben, den im sein Herr, des er leibaigen ist oder sunst zum dienst verstricket,
aufgelegt und bevolhen hat? Lieber Sinnprecht, mochtest du das auch von deinem
vichhirten für güthaben, das er solichen seinen bevelch on dein gehaiß ainem andern
züstellete? Sinnp: Nain. Frid: Noch weniger würdestu es erleiden mügen, wenn deiner
kinder Pedagog deine kinder on dein wissen ainem andern vertrawen wolte. Sinnp: Ich
30 würde es ja nit leiden. Frid: Was soltest du dann erst thün, wa deiner kinder Pedagog sy
ainem solichen übergebe, der sy gewißlich verderbete? Sinnp: Ich wurde thün was ich
mochte, das ichs nit gestattet. Frid: Wolan, mein Sinnprecht, ist nit aller gwalt von Got
geordnet? Sinnp: Paulus schreibt es 384 . Frid: Ist dann nit mit der gewalt, so das schwert
tregt, der hochst? Sinnp: Es sollen disem gewalt ye alle seelen gehorsamen 385 . 386 Frid:
35 Uber diß schreybt der hailig Chrysostomus 387 , der hailig Apostel habe mitt disen
381. Decr. Grat., D. LXIII. c. 23.
382. B. hat wohl die Pariser (1514) oder Basler (1532) Ausgabe von Liudprands Historia
Ottonis benutzt. Vgl. Liudprand von Cremona: Liber de rebus gestis Ottonis Magni Imperatoris.
In: Scriptores Rerum Germanicarum. Liudprandi opera. Hrsg. von J. Becker. Hannover, Leipzig
19 1 5• S- D9— J 75-
383. Sinn: aus eigenem freien Antrieb.
384. Vgl. Ro 13,1.
385. Ebd.
386. Chrysostomus underwirft dem gewalt alle gaystlichen. [Marg.].
387. In ep. ad Romanos hom. 23; MSG 60, Sp. 615. Vgl. BOL 15, S. 14.
 
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