I I 2
OBRIGKEITSSCHRIFTEN
kaiten mitt der Religion zu thün haben, das wir fürnämlich die rechten ordenlichen
oberkaiten, die das schwert tragen, verstehn sollen. Dann dieweyl die über das leben
gewalt haben, steht inen zum vordersten zü versehen zü, das recht gelebt werde;
dasselbig hanget dann allerding an der waren Religion. 402 Und wa das ampt über das
blüt zu richten etwan die tragen, die bey ainer gemaine nicht haben ordnung und 5
satzungen zu machen wie man leben solle, das die versehung der religion billich bey
denen stehn solle, denen Gott die anstellung und regierung des lebens befolhen hatt,
Welches dann on ware religion zü kainer gerechtigkait ymmermer kommen mag. Dann
wa man Gott nit recht thüt, wirt man den leüten noch vil weniger recht thün. Weyl
dann die genandten gaistlichen selb bekennen, das sy das schwert nitt zü verwalten ha- 10
j [L 3 b] | ben und das iren kainer dem schwert gentzlich entzogen ist, bekennen sy
damit auch, das sy den ordenlichen oberkaiten, die das schwert tragen, underworffen
seind. Und so dieselbigen allen bosen wercken zu fürchten sein sollen, das inen zum
fürnemesten gebüret, zü verhüten, abzutreiben und zü straffen alle falsche leere und
abgotischen Gottesdienst und was der waren religion ymmer entgegen sein mag Und 15
also auch zü versehen, das ire underthonen zü recht Christlichem leben mit gesunder
leere und Kirchenübungen getrewlich angefürt werden, Damit also nur ain oberste
oberkait erkennet werde und dieselbige bey denen, die das schwert tragen.
403 Sinnp: Zwar wenn ich den handel auß solchem grund ansehe, habe ich hieran
kainen fehl. Weyl aber sunst sprüch und ursachen seind, die mich etwan in dieser 20
haltung irren, acht ich, du werdest nun die erste hauptfrage diser disputation, nämlich
ob die oberkaiten, die das schwert tragen, mitt dem ampt irer regierung auch die
religion und Gottesdienst verwalten sollen, fürnemen und auff die auß grund gotlicher
schrift also beschaid geben, das ich des, so mich noch hierin irret, wol bericht werde.
Dann ich allemal, was mir fehlet, anzaigen will. Frid: Wir haben bißher vil des grunds 25
in dieser sachen verhandlet, hoff derohalben, wir sollen nunmehr alles gar mit kurtzem
beschayd verrichten mogen.
Hart: Ich hielts auch darfür. Dann so wir auß Gotlichen, Kaiserlichen und Bäpstli-
chen rechten das nun haben, das alle gaistlichen under der ordenlichen oberkait sein
sollen und dasselbige nit allain irer leib und güt, sonder auch ires ampts halb am Got- 30
tesdienst — wie dann dises in dem, das wir bißher mitainander gehandlet, onwider-
sprechlich dargethon lst —, mag das meines verstands leycht erwysen werden, das die
obersten oberkaiten, die das schwert tragen, auch den Gottesdienst verwalten sollen
und was an solchem fehl und mangel yederzeyt einreissen mochten, daßselbige alles
fleiß 404 verhüten und abtreiben und dagegen versehen, daß das war Christlich leben 35
rain und getrewlich bede geleret und geübet werde. Frid: Nun, noch seind solche
einred hiewider auf der ban 405 , das wir, | [L 4 a] j wie die ordnung fürgenommen ist,
die drey hauptfragen nachainander verrichten wollen. So mag Sinnprecht herfürbrm-
gen, Was in oder andere in disem handel ettwan am rechten verstand irren wille. Sinnp:
Danck hab, mein Fridlieb, wir wollens auch nun alles aufs kürtzest begreiffen. 4°
402. Summari der vorgenden disputation [Marg.].
403. Einlaitung des nachgenden gesprdchs. [Marg.].
404. Adverbial gebrauchter Genitiv.
405. Kommen ... zur Sprache.
OBRIGKEITSSCHRIFTEN
kaiten mitt der Religion zu thün haben, das wir fürnämlich die rechten ordenlichen
oberkaiten, die das schwert tragen, verstehn sollen. Dann dieweyl die über das leben
gewalt haben, steht inen zum vordersten zü versehen zü, das recht gelebt werde;
dasselbig hanget dann allerding an der waren Religion. 402 Und wa das ampt über das
blüt zu richten etwan die tragen, die bey ainer gemaine nicht haben ordnung und 5
satzungen zu machen wie man leben solle, das die versehung der religion billich bey
denen stehn solle, denen Gott die anstellung und regierung des lebens befolhen hatt,
Welches dann on ware religion zü kainer gerechtigkait ymmermer kommen mag. Dann
wa man Gott nit recht thüt, wirt man den leüten noch vil weniger recht thün. Weyl
dann die genandten gaistlichen selb bekennen, das sy das schwert nitt zü verwalten ha- 10
j [L 3 b] | ben und das iren kainer dem schwert gentzlich entzogen ist, bekennen sy
damit auch, das sy den ordenlichen oberkaiten, die das schwert tragen, underworffen
seind. Und so dieselbigen allen bosen wercken zu fürchten sein sollen, das inen zum
fürnemesten gebüret, zü verhüten, abzutreiben und zü straffen alle falsche leere und
abgotischen Gottesdienst und was der waren religion ymmer entgegen sein mag Und 15
also auch zü versehen, das ire underthonen zü recht Christlichem leben mit gesunder
leere und Kirchenübungen getrewlich angefürt werden, Damit also nur ain oberste
oberkait erkennet werde und dieselbige bey denen, die das schwert tragen.
403 Sinnp: Zwar wenn ich den handel auß solchem grund ansehe, habe ich hieran
kainen fehl. Weyl aber sunst sprüch und ursachen seind, die mich etwan in dieser 20
haltung irren, acht ich, du werdest nun die erste hauptfrage diser disputation, nämlich
ob die oberkaiten, die das schwert tragen, mitt dem ampt irer regierung auch die
religion und Gottesdienst verwalten sollen, fürnemen und auff die auß grund gotlicher
schrift also beschaid geben, das ich des, so mich noch hierin irret, wol bericht werde.
Dann ich allemal, was mir fehlet, anzaigen will. Frid: Wir haben bißher vil des grunds 25
in dieser sachen verhandlet, hoff derohalben, wir sollen nunmehr alles gar mit kurtzem
beschayd verrichten mogen.
Hart: Ich hielts auch darfür. Dann so wir auß Gotlichen, Kaiserlichen und Bäpstli-
chen rechten das nun haben, das alle gaistlichen under der ordenlichen oberkait sein
sollen und dasselbige nit allain irer leib und güt, sonder auch ires ampts halb am Got- 30
tesdienst — wie dann dises in dem, das wir bißher mitainander gehandlet, onwider-
sprechlich dargethon lst —, mag das meines verstands leycht erwysen werden, das die
obersten oberkaiten, die das schwert tragen, auch den Gottesdienst verwalten sollen
und was an solchem fehl und mangel yederzeyt einreissen mochten, daßselbige alles
fleiß 404 verhüten und abtreiben und dagegen versehen, daß das war Christlich leben 35
rain und getrewlich bede geleret und geübet werde. Frid: Nun, noch seind solche
einred hiewider auf der ban 405 , das wir, | [L 4 a] j wie die ordnung fürgenommen ist,
die drey hauptfragen nachainander verrichten wollen. So mag Sinnprecht herfürbrm-
gen, Was in oder andere in disem handel ettwan am rechten verstand irren wille. Sinnp:
Danck hab, mein Fridlieb, wir wollens auch nun alles aufs kürtzest begreiffen. 4°
402. Summari der vorgenden disputation [Marg.].
403. Einlaitung des nachgenden gesprdchs. [Marg.].
404. Adverbial gebrauchter Genitiv.
405. Kommen ... zur Sprache.