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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0118
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OBRIGKEITSSCHRIFTEN

114
fallet bey den menschen dahin, wa kain Gottsforcht ist; Cicefro], de natura deorum,
initio412. Hart: Darumb haben alle die weysen, die ye understanden ain recht regiment
under den lewten anzurichten, allweg zum vordersten bedacht und geordnet, wie man
Got dienen solle und auch zum scherpffesten gestraffet, wer dagegen gehandlet hat.
413Sinnp: Es ist aber, lieben bruder, gar ain gering argument bey den Christen: das ;
haben die Hayden gethon. Unser Herr und Paulus414 pflegen mitt dem, das sy sagen:
Dem fragen die Haiden nach, das uben die Haiden, uns ye aufs gegenthail zü weysen,
das wir namlich nit also thün sollen wie die Hayden, Machen von Hayden ain argument
a contrario, ain anzaige vom gegenthail. Frid: Ja, in argen dingen. In güten aber
machen sy von Haiden ain argument a minori415, ain anzaig von dem geringern, an dem 10
man lernen solle, was dem mehrern | M ia | züstande. Also sagt der Herr416: die
Niniviter haben das wort Gottes angenommen vom Jona, vil mehr solten ir Juden das
aufnemen von mir, der ich mehr bin dann Jona. Also auch von der Künigin von Saba
und bey den Propheten. Die Hayden haben ire Gotter nicht also geendert wie die
Juden417. Und Paulus418 sagt, von Haiden seye kain solche unzucht erhoret, darumb 15
solte sy noch vil weniger von Christen gehoret werden, als die in der erbarkait sollen
die mehreren sein.
Nun die underthonen leeren Gott dienen, sy dartzü mit gewalt anhalten, was dem
entgegen mit ernster straff abtreiben, ist ja güt. Dann Gott dasselbige seinem volck
zum hochsten gebotten hatt, So wir dann lesen, das die Haiden, die in erkandtnuß 20
Gottes gegen uns die geringeren seind, in solchem gütem werck alle also eyferig
gewesen seind, wirt solchs uns Christen vil mehr züstehn, als die Gott in seiner er-
kandtnuß auch über die Juden erhohet hat. Darumb müssen wir in disem fahl von
Haiden ain sollich argument machen: Haben die Haiden inen in aller regierung die
religion lassen zum hochsten angelegen sein, und haben allweg die obersten obren mit 2;
gesetzen und straffen zum vordersten versehen, das der Gottesdienst wol und recht
geübet werde, wie vil mehr sollen das die Christen thün?
Sinnp: Der Haiden Gottesdienst aber ist abgotterey gewesen. Frid: Nit bey allen.
Und ob schon laider alle welt mitt abgotterey überschüttet gewesen, fmdet man
dannocht bey den Philosophen und Poeten, das sy den rechten Gottesdienst erkennet 30
haben, Gott alles güts vertrawen. Dann als sy geleeret haben, von Gott alles erbetten,
haben sy in demselbigen ja erkennet, das Gott alles zu geben hat und auß lauteren
gnaden geben müß und wir im nichts abverdienen mügen. Sunst hetten sy nit auff das
flehen und betten ir hayl gesetzet. Darbey haben sy auch das erkennet und geleeret, wie
Got alles güts ist, das er von uns vor allem zucht, erbarkait, traw, glaub und liebe gegen 35
412. Cicero: De natura deorum, 1, 2, § 3.4. s. oben Einleitung, S. 44, Anm. 21—23.
413. Wie von Haiden exempel %u nemen send. [Marg.].
414. Vgl. Mt 6,23; Ro 2,24; Eph 4,17—19; 1 Tim 5,8.
415. Zu diesen schoiastischen Termini vgl. L. Schüt^: Thomas-Lexikon. Paderborn 1895.
S. 64, s. v. argumentum.
416. Vgl. Mt 12,39 — 42.
417. D. h. trotz ihrer Vielgötterei wurden die Heiden den Juden und Christen als Vorbild
hingestellt.
418. Vgl. Eph 4,19.
 
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