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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0123
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DIALOGI

"9
nicht. Frid: So sag, warumb haisset die zeyt des Evangelii die zeyt der gnaden und
barmhertzigkait? Sinnp: Das in diser zeyt die verzeihung der sünden und die gnad
Gotes durch unseren Herren Jesum Christum aller welt angebotten und durch den
gaist Christi vilen auch allenthalb mittgethailet wirdt, da züvor der schware zorn
5 Gottes von himel so offentlich brennet wider alle weit, dieweyi die abgoterey allent-
halb regierte, Ro. i [ x 8]. Frid: Recht. 454Ist aber nun die straffe des argen an denen, die
dem Evangelio nit gehorchen und der angebotnen gnaden und barmhertzigkait Christi
nit wollen, solcher gnaden und barmhertzigkait züwider. 455Plato, der Haid, hatt das
erkennet456: so man an yemand das arg ungestraffet lasset, daß dasselbig ain ungnad
xo und unbarmhertzigkait sey, wie es dann dem, der gesündiget hatt, ain grosser schad ist.
Dann im damitt die artzney wider den presten457 der ungerechtigkait entzogen wirdt
und er also des hochsten güts der gerechtigkait beraubet. Hart: Darumb spricht
Salomon, das der, der rüten an seinem sun verschonet, seinen sun hasse.
458Frid: Mein Sinnprecht, ist nitt das ain aigentlich werck des gaists Christi, das er
15 die welt der sünden straffet? Sinnp: Ja, Aber durchs wort. Frid: Durchs wort? Ist dann
der brauch des schwerts nitt auch ain werck des hailigen gaists? Sinnp: Ja, wenn das
schwert nach dem willen Gottes gebrauchet wirt. Frid: Vermag aber das yeman von im
selb, das er das schwerdt nach Gottes willen brauche, oder müß das allain der hailig
gaist im menschen wircken? Sinnp: Noch ist der hailig gaist Christi ain gaist der lyndig-
20 kait459. Frid: Lieber mein Sinnprecht, Mage460 auch die ware und lobliche lyndigkait
der gerechtigkait widerstreben? Sinnp: Nain. Frid: Ist dann die rechte lyndigkait der
gerechtigkait nit züwider, so wirt auch die gerechtigkait der loblichen lyndigkait nitt
widerwertig sein. Sinnp: Also folget es. Frid: Haben nun die Leviten, da sy ire süne
und brüder vonwegen j [M 4 b] | des guldin kalbs erschlügen461, der Helias, da er die
25 Baalitischen Pfaffen erwürget462, und andere, da sy an den abgotischen Gottes rach
geübet haben, gerechtigkait oder ungerechtigkait geübet? Sinnp: Gerechtigkait. Frid:
Ist nun die nitt ain werck des hailigen gaists? Sinnp: Des menschen gaist thüt ye für sich
selb nichts rechts. Frid: Ist aber nitt der hailig gaist der gaist Christi? Sinnp: Ja, er
handlet aber nit gleych im newen Testament und in dem alten.
30 Frid: Warin handlet er aber nitt gleich? Sinnp: Da straffet er im newen Testament nit
so plotzlich als in dem alten.
Frid: Wes gaists werck ware dann, da der hailig Petrus den Ananiam und sein weib
Saphyram todtete463? Und Paulus die widersprecher dem Teüfel gabe? Und Eliman den

454. Das unrecht straffen ist barmhert^igkeit. [Marg.].
455. In protagora. [Marg.].
456. Platon: Protagoras 18. Vgl. auch Gorgias 479bff.
457. Gebrechen.
458- -Alle billiche straf ist ain werck des gaists Christi. [Marg.]. — Vgl. dazu auch die zuvor
herangezogene Bibelstelle Spr Sal 13,24.
459. Sanftmut.
460. Vermag, kann.
461. Vgl. 2M0S 32,26 — 28.
462. Vgl. 1 Kö i8,28ff.
463. Vgl. Apg 5,1 ff.
 
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