OBRIGKEITSSCHRIFTEN
Sinnp: Wolan, so hore ich wol, du wilt, das die obren die leüt mit zeytlichen guttha-
ten und straffen vom gotlosen wesen zur gotsaligkait treiben sollen? Frid: Ja, Dann diß
ye das end sein solle der gotsäligen regierung, die in gutthaten und straffen steht, das
die underthonen wol und deßhalb gotsälig leben. So mag das mitt der warhait nit
widersprochen werden, die gutthaten und straffen, durch die oberkaiten recht gemässi-
get und im namen Gottes wol außgespendet, vermügen vil, die leüt vom gotlosen
wesen zü warer und selbwilliger gotsäligkait zu füren und auch entlich zü bringen.
Sinnp: So mainstu, wa man recht regiere, da solle man die nicht glauben ires unglau-
bens halb straffen? Frid: Ich sag, die gotsäligen obren sollen die iren vom gottlosen
thün durch straffen abtreiben und zum glauben mit gütthaten raitzen. Glaub und un-
glaub ist im hertzen, das der mensch nit richten kan. Darumb werden die gottsäligen
obren auff das ausser bekennen sehen. Welche sich mitt worten und wercken erzaygen
als die gleubigen, dieselbigen sollen als die lieben kinder Gottes und Herren der welt
von der oberkait in allem bevorgehabt und geehret werden, wie dann Gott die selb
bevorhat und verehret. Die aber den glauben an Christum nicht bekennen und also das
hailig Evangelii, das die gotsälig oberkait den iren wirt getrewlich predigen lassen,
verachten, wie solliche deßhalb in aller ungnaden Gotes seind und im hochsten unrech-
ten, also wirt die oberkait, die ain dienerin Gotes ist zur rach der bosen 644 , sy auch, wie
ir gottlose wesen verdienet, halten. Wie dann Gott selb haltet und im gesatz zü halten
befolhen hatt.
Sinnp: Wie solle man aber durch straff vom gotlosen thün abtreiben? Solle man die
den glauben nicht bekennen, den wir bekennen, durch die straff zü sollicher be-
kandtnuß tringen 645 und noten, das sy bekennen, das wir oder sy nicht gedulden? Frid:
Das sag ich nitt. Sinnp: Was ist dann in disem deine mainung? Frid: Es seind zwaierlay
leüt, ein tail wirt j [R 4 a] j im bund Gottes geboren und alsbald durch den tauff Chri-
sto, unserem Herren, eingeleibet. Der ander tail wirt ausser der Kirchen Christi gebo-
ren und ist auch derselbigen noch nit eingeleibet. 646 Welche nun Christo, unserem
Herren, nye zügethon gewesen, sonder noch Juden oder Hayden seind, dieselbigen
solle man nicht nottigen, das sy sich tauffen lassen oder andere gemaynschafft unsers
glaubens annemen. Ja, wenn sy des taufs schon begeren, solle man sy zuvor wol pro-
bieren. Der Kaiser Justinianus setzet zway jar, in welchen solche sollen vom glauben
underrichtet und die schrift geleret werden, In novellis Const[itutio] 144 647 .
Hart: Solang habends doch die Apostel nitt verzogen. Frid: Da ware zü irer zeyt
auch nit sovil gefahr des betrugs. Yedoch, weyl der Kaiser darauff sicht, das der tauff
denen allain verlühen werde, zü denen man sich verhoffet, das sy Christum recht
erkennen und die Kirch nicht durch ir heüchlerey verwüsten, Wa man sich dann im
bericht solcher in kürtzerer zeyt zü inen ains rechten Christlichen gemüts versehen kan,
wirdt es des Kaisers maynung in disem gesatz nit zü entgegen sein, das man solche auch
ehe täuffe. Sinnp: Es wäre uns solche prob mit den Juden, die etwan des täuffens
644. Vgl. Ro 13,4.
645. Drängen.
646. Wie die %um glauben ^ulassen, die den nye gehabt. [Marg.].
647. Corpus Iuris Civilis, Nov. CXLIV,2,3.
Sinnp: Wolan, so hore ich wol, du wilt, das die obren die leüt mit zeytlichen guttha-
ten und straffen vom gotlosen wesen zur gotsaligkait treiben sollen? Frid: Ja, Dann diß
ye das end sein solle der gotsäligen regierung, die in gutthaten und straffen steht, das
die underthonen wol und deßhalb gotsälig leben. So mag das mitt der warhait nit
widersprochen werden, die gutthaten und straffen, durch die oberkaiten recht gemässi-
get und im namen Gottes wol außgespendet, vermügen vil, die leüt vom gotlosen
wesen zü warer und selbwilliger gotsäligkait zu füren und auch entlich zü bringen.
Sinnp: So mainstu, wa man recht regiere, da solle man die nicht glauben ires unglau-
bens halb straffen? Frid: Ich sag, die gotsäligen obren sollen die iren vom gottlosen
thün durch straffen abtreiben und zum glauben mit gütthaten raitzen. Glaub und un-
glaub ist im hertzen, das der mensch nit richten kan. Darumb werden die gottsäligen
obren auff das ausser bekennen sehen. Welche sich mitt worten und wercken erzaygen
als die gleubigen, dieselbigen sollen als die lieben kinder Gottes und Herren der welt
von der oberkait in allem bevorgehabt und geehret werden, wie dann Gott die selb
bevorhat und verehret. Die aber den glauben an Christum nicht bekennen und also das
hailig Evangelii, das die gotsälig oberkait den iren wirt getrewlich predigen lassen,
verachten, wie solliche deßhalb in aller ungnaden Gotes seind und im hochsten unrech-
ten, also wirt die oberkait, die ain dienerin Gotes ist zur rach der bosen 644 , sy auch, wie
ir gottlose wesen verdienet, halten. Wie dann Gott selb haltet und im gesatz zü halten
befolhen hatt.
Sinnp: Wie solle man aber durch straff vom gotlosen thün abtreiben? Solle man die
den glauben nicht bekennen, den wir bekennen, durch die straff zü sollicher be-
kandtnuß tringen 645 und noten, das sy bekennen, das wir oder sy nicht gedulden? Frid:
Das sag ich nitt. Sinnp: Was ist dann in disem deine mainung? Frid: Es seind zwaierlay
leüt, ein tail wirt j [R 4 a] j im bund Gottes geboren und alsbald durch den tauff Chri-
sto, unserem Herren, eingeleibet. Der ander tail wirt ausser der Kirchen Christi gebo-
ren und ist auch derselbigen noch nit eingeleibet. 646 Welche nun Christo, unserem
Herren, nye zügethon gewesen, sonder noch Juden oder Hayden seind, dieselbigen
solle man nicht nottigen, das sy sich tauffen lassen oder andere gemaynschafft unsers
glaubens annemen. Ja, wenn sy des taufs schon begeren, solle man sy zuvor wol pro-
bieren. Der Kaiser Justinianus setzet zway jar, in welchen solche sollen vom glauben
underrichtet und die schrift geleret werden, In novellis Const[itutio] 144 647 .
Hart: Solang habends doch die Apostel nitt verzogen. Frid: Da ware zü irer zeyt
auch nit sovil gefahr des betrugs. Yedoch, weyl der Kaiser darauff sicht, das der tauff
denen allain verlühen werde, zü denen man sich verhoffet, das sy Christum recht
erkennen und die Kirch nicht durch ir heüchlerey verwüsten, Wa man sich dann im
bericht solcher in kürtzerer zeyt zü inen ains rechten Christlichen gemüts versehen kan,
wirdt es des Kaisers maynung in disem gesatz nit zü entgegen sein, das man solche auch
ehe täuffe. Sinnp: Es wäre uns solche prob mit den Juden, die etwan des täuffens
644. Vgl. Ro 13,4.
645. Drängen.
646. Wie die %um glauben ^ulassen, die den nye gehabt. [Marg.].
647. Corpus Iuris Civilis, Nov. CXLIV,2,3.