DIALOGI
151
ain bezwangknuß? Frid: Nayn, wenn man in gleich todtete. Dann so er nun im versten-
digen alter ist, hat er allweg seinen freyen willen, ain unchrist zü bleiben und wirt auch
zu kainem Christen nymmer werden, er wolle dann selb. Sinnp: Man laßt in aber nit bey
dem, das im gefallet, on schmach und nachthayl. Frid: Warumb wirt er dann an Gott,
5 seinem schepfer und erloser, brüchig? Warumb fallet er ab von seinem hayland, unse-
rem Herren Jesu, der in mit seinem theüren blüt erkaufft hatt? Die von irem leib661
Herren abfallen, werden niendert geduldet und mit aller straff wider zü irem Herren
getrungen, und es solte unstrafbar sein, von Got und Christo, unserem Herren, des wir
leib und seelaigen seind, abfailen und dem teüfel wider unser aigen hayl und zur
io schmach unsers schepfers und erlosers dienen?
Sinnp: Ey, wie kan der an Got brüchig werden, der im mit wissen nye nichts ver-
sprochen hat? Frid: Wenn die, so von ains Fürsten underthonen und in desselbigen
Fürsten iand geboren oder gar ieibaygen lewt seind, wolten, so sy zü iren tagen komen,
irem Herren nit schweren noch sich im ergeben, wurde man die nit als an irem Herren
15 brüchig haiten? Sinnp: Das betrifft aber nur leipliche gehorsam. Frid: Solten wir aber
Gott nit mehr zü beder, gaistiicher und leiplicher gehorsamen verpflichtet sein dann
yeman ainem menschen sein moge zü leiplicher gehorsame? Darzü, was ist die gehor-
same zü Christlichem thün dann unsere ewige saligkait? Und so ainem die ewige gnad
widerfaren ist, solte er die mütwillig hinwerffen und sich | S 2 a | von der Gottes-
20 pflicht, zü deren er erschaffen, durch das theür biüt Christi erloset und in dem tauf
aufgenommen ist, so frävenlich zerreissen und das solte im dennocht on straf hingohn?
Es reden etlich vom Gottesdienst gerad, als wären wir von uns selb hie und hetten
recht, uns Got zü verpflichten, ob wir wolten. Bey den alten warden auch die kinder
mit der beschneydung in bund Gottes aufgenommen, eh und662 sy sich seib mochten
2; verpflichten, noch663 der vom waren Gottesdienst hette woiien abfallen, der warde des
nicht weniger gestraffet dann die abfelligen, so zum ersten auß freyer wahl den bund
Gottes waren eingangen. Nun, so bey uns in der zeyt des hailigen Evangelii die gnad
Gottes aller welt heller fürtragen und von yederman soweyt erkannt wirdt, das Got
aile, die dem gehorten Evangelio nit glauben, billich in ewigkait verdammet, was
30 schmach und schaden mag dann sein, den sy nit auch yetz billich leyden? Dann warlich
das Evangeli alle entschuldigung gotlicher verachtung hinnimbt, dann es hinnymmet
alles unwissen.
Summa, wir alle seind Gottes leib und seelaigen, leben, weferen664 und seind in
Gott665, haben und nyessen alle ding von Got. So er uns dann erst auch die gnad thüt,
35 das wir gleich von geburt in seinen hailigen und säligen bund werden aufgenommen,
warumb solte uns nachgelassen werden, uns von solchem gnadenbund abzureyssen,
die so merckliche gnade Gottes zü verachten, unseren nächsten zü verergeren und
unseren schopfer und erloser also schwärlich zü lesteren? Welcher vatter wurde seinen
sun nit enterben, wenn in der verleügnet und wolte in nit zum vater haben? Also,
661. Weltlichen.
662. D. h. noch bevor.
663. Darüber hinaus.
664. Bewegen uns.
665. Vgl. Apg 17,28.
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ain bezwangknuß? Frid: Nayn, wenn man in gleich todtete. Dann so er nun im versten-
digen alter ist, hat er allweg seinen freyen willen, ain unchrist zü bleiben und wirt auch
zu kainem Christen nymmer werden, er wolle dann selb. Sinnp: Man laßt in aber nit bey
dem, das im gefallet, on schmach und nachthayl. Frid: Warumb wirt er dann an Gott,
5 seinem schepfer und erloser, brüchig? Warumb fallet er ab von seinem hayland, unse-
rem Herren Jesu, der in mit seinem theüren blüt erkaufft hatt? Die von irem leib661
Herren abfallen, werden niendert geduldet und mit aller straff wider zü irem Herren
getrungen, und es solte unstrafbar sein, von Got und Christo, unserem Herren, des wir
leib und seelaigen seind, abfailen und dem teüfel wider unser aigen hayl und zur
io schmach unsers schepfers und erlosers dienen?
Sinnp: Ey, wie kan der an Got brüchig werden, der im mit wissen nye nichts ver-
sprochen hat? Frid: Wenn die, so von ains Fürsten underthonen und in desselbigen
Fürsten iand geboren oder gar ieibaygen lewt seind, wolten, so sy zü iren tagen komen,
irem Herren nit schweren noch sich im ergeben, wurde man die nit als an irem Herren
15 brüchig haiten? Sinnp: Das betrifft aber nur leipliche gehorsam. Frid: Solten wir aber
Gott nit mehr zü beder, gaistiicher und leiplicher gehorsamen verpflichtet sein dann
yeman ainem menschen sein moge zü leiplicher gehorsame? Darzü, was ist die gehor-
same zü Christlichem thün dann unsere ewige saligkait? Und so ainem die ewige gnad
widerfaren ist, solte er die mütwillig hinwerffen und sich | S 2 a | von der Gottes-
20 pflicht, zü deren er erschaffen, durch das theür biüt Christi erloset und in dem tauf
aufgenommen ist, so frävenlich zerreissen und das solte im dennocht on straf hingohn?
Es reden etlich vom Gottesdienst gerad, als wären wir von uns selb hie und hetten
recht, uns Got zü verpflichten, ob wir wolten. Bey den alten warden auch die kinder
mit der beschneydung in bund Gottes aufgenommen, eh und662 sy sich seib mochten
2; verpflichten, noch663 der vom waren Gottesdienst hette woiien abfallen, der warde des
nicht weniger gestraffet dann die abfelligen, so zum ersten auß freyer wahl den bund
Gottes waren eingangen. Nun, so bey uns in der zeyt des hailigen Evangelii die gnad
Gottes aller welt heller fürtragen und von yederman soweyt erkannt wirdt, das Got
aile, die dem gehorten Evangelio nit glauben, billich in ewigkait verdammet, was
30 schmach und schaden mag dann sein, den sy nit auch yetz billich leyden? Dann warlich
das Evangeli alle entschuldigung gotlicher verachtung hinnimbt, dann es hinnymmet
alles unwissen.
Summa, wir alle seind Gottes leib und seelaigen, leben, weferen664 und seind in
Gott665, haben und nyessen alle ding von Got. So er uns dann erst auch die gnad thüt,
35 das wir gleich von geburt in seinen hailigen und säligen bund werden aufgenommen,
warumb solte uns nachgelassen werden, uns von solchem gnadenbund abzureyssen,
die so merckliche gnade Gottes zü verachten, unseren nächsten zü verergeren und
unseren schopfer und erloser also schwärlich zü lesteren? Welcher vatter wurde seinen
sun nit enterben, wenn in der verleügnet und wolte in nit zum vater haben? Also,
661. Weltlichen.
662. D. h. noch bevor.
663. Darüber hinaus.
664. Bewegen uns.
665. Vgl. Apg 17,28.