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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0157
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DIALOGI

153

werden. Derohalb werden sy verschaffen, das yederman doch hore das Evangelium
und im niemand widerspreche oder davon abziehe, weder mit falscher leer noch
üppigem leben, alle unzucht und unerbarkait werden sy zum ernstlichsten anziehen.
Zum vierdten werden die Christlichen obren wol niemand notten, den rechten
; glauben zü bekennen oder die hailige Sacrament zü empfahen, sonder werden mehr
wehren, das die hailigen Sacrament überal niemand mitgetaylet werden, bey dem man
sich nit versehen 673 kan, das er iren auß rechtem glauben begere. Noch werden sy auch
die offenlich im unglauben verharren und sich zur gemain Christi nit thün wollen also
halten, das sy irer Gottesverachtung, welches die schwareste sünd und ergernuß ist,
10 entgelten und den zorn Gottes befmden.
Hart: Welchermassen aber? Frid: Erstlich werden die Christlichen obren alle, die in
der gemainschafft Christi nye gewesen, darzü halten, das sy das hailig Evangelii Christi
doch auch horen, wie es dann solle allen creaturen geprediget werden 674 .
Zum anderen, wenn sy das gehoret und doch verachten und in irem unglauben
15 offenlich verharren, werden sy inen dannocht verhelfen, das sy sich mit ir aigen arbait
on anderer leüt schaden neeren und inen arbait und nutzliche arbait zü treyben nit
abstricken 675 , wie yetz gemainlich den Juden beschicht, die man aber dagegen lasset die
armen leüt mit irem Wücher gentzlich verderben.
676 Hart: Das tauget aber den Herren 677 . Wenn dise schwammen wassers genüg an
20 sich gezogen, so truckens die Herren auß.
Frid: Das ist aber wider das natürlich recht, welches ye außweiset, das man alles, das
lebt, auch sein narung gunne und das dermassen, das anderen dadurch genutzet und
nicht geschadet werde, wie yetz durch Juden beschicht, die man nit laßt etwas nutzlichs
arbaiten und sich damit neeren und gestattet inen aber dagegen, den armen lewtten iren
2; schwaiß mitt dem wücher außzüsaugen 678 . Hart: Nun, die narung mitt nützlicher
| [S 3 b] | arbait zü gewinnen, solle man den ungleubigen, so bey uns wohnen, nit
abstricken; wie solle man sy aber weyter halten?
Frid: Zum dritten, so solle man inen kain lesterung oder ainig abziehen von Christli-
cher leere und leben, auch kain offenliche abgotterey oder falschen Gotsdienst gestat-
30 ten. Dann ye kain grosser ergernuß geben werden mag dann mit worten oder wercken
am rechten Gottesdienst verhinderen. Hart: Wie aber des burgerlichen haltens halb?
Frid: Weyl sy des säligen Christlichen burgerrechts nitt wollen, sollen sy auch aller
ehrlicher ämpter und gemainschafft des burgerlichen wesens nach vermog der Kaiser-

673. Hier: vorhersehen.
674. Vgl. Mk 16,15.
675. Vorenthalten.
676. Wem der Juden ivücher nut^e. [Marg.].
677. Das gefällt diesen Herrschaften.
678. Im Römerbriefkommentar (Bibl. Nr. 55, S. 420ff.) geht B. theologisch auf die Juden-
frage ein, juristisch vor allem in seinem Judenratschlag für den Landgrafen Philipp von Hessen
(1538); BDS 7, S. 342 — 376. Vgl. auch die Einleitung, a.a.O., besonders S. 325 ff. Vgl. zu dieser
Frage besonders W. Maurer: Kirche und Synagoge. Motive und Formen der Auseinandersetzung
der Kirche mit dem Judentum im Laufe der Geschichte. Stuttgart 1953 und jetzt: H.A.Oberman:
Wurzeln des Antisemitismus. Christenangst und Judenplage im Zeitalter von Humanismus und
Reformation. Berlin 1981.
 
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