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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0170
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166

OBRIGKEITSSCHRIFTEN

zü gebieten. So hat auch yede herschafft bey den iren ire maß, deren sy nach regieren
und richten solle, und was sy darüber fürneme, hette kainen bestand und solte auch nit
erlitten werden.
Sinnp: Weyl dann under allen menschlichen hendlen die religion, die offenliche
Gottesleere und Kirchenübungen das hochst und wichtigest seind, an denen alles
anders bey den menschen hanget, güt, sitten, fryd und alle wolfart, wie hievor beken-
net 756 , so sollen die underen oberen an solchen hochwichtigen dingen, die so weyt
raichen und das gantz reych, ja die gantze welt — dann Christo die end der welt zum erb
geben seind 757 — zum hochsten belangen, nichts weyters fürnemen und verwalten dann
yedem von Kaiserlicher Majestat befolhen wirt. Frid: Wol, dawider bin ich nit. Sinnp:
Wie, bistu nicht hiewider?
Frid: Nayn. Sinnp: Hatt dann nun Kayserliche Majestat nit den genanten gaist-
lichen, dem Bapst und Bischoffen, das oberest versehen der predigen und Kirchen-
übungen befolhen? Frid: Ja, Das ist ir aigen ampt. Sinnp: Und allen weltlichen verbot-
ten? Frid: Es ist nit anders. Sinnp: Ey, warumb laßt ir dann die gaistlichen nit die
predigen und alle Kirchensachen verrichten und steht ir deren ding müssig 758 ?
Frid: Wer weerets inen, das sy irem befelch nachkommen? Es | [V 4 a] | 759 wollen
aber die genandten gaistlichen Kay. Majestat in dem nit gehorsamen, sonder so sy
versehen solten, das die predigen allenthalb und alle Kirchenübungen Christlich
gehalten und wir alle in der religion bleiben und fürbracht wurden, die sant Peter
geleeret hatt, wie das der Kaiser gebeütet, C[odex] de Summa Trifnitate] et [de]
fid[e] Cath[olica] L[ex]i. 760 und vilen anderen gesetzen, welcher Summa begriffen ist
Constit[utio] 123 in novellis 761 . So haben sy die gesunde leere des hailigen Evangelii
mit so vilen widerchristlichen fünden 762 , die zü irem üppigen bracht 763 dienen, dem
armen gemainen volck gar verduncklet und erhalten in iren Kirchenbreüchen sovil
offenlicher abgotterey, das sy Gott in solchen verkereten sinn gegeben hatt, das yetz
auf erden bey allen, die sich Christlichs namens berhümen, nyeman 764 überal unchristli-
cher und verrüchter lebt in allen lasteren. Wolte der gütig Gott, das die Bischoff lebten
und handleten, wie inen das die Kayser nach dem wort Gottes befolhen haben, so
solten ja billich alle obren inen getrewlich gehorsamen und an den Kirchenübungen
überal nichts enderen. Lese man allain die yetz angezogene Constitution in Novellis.
Sinnp: Ob die gaistlichen gleych noch erger waren, so haben sy doch die weltlichen
obren nit zu richten 765 , noch weniger ires ampts und befelchs, den sy, als ir bekennen,
von Kayserlicher Majestat haben, zü entsetzen, will man anders Kayserlicher Majestat
gehorsamen. Es seind die gaistlichen ye aller gericht gefreiet.
756. Vgl. etwa den 7. Dialog, oben S. njff.
757. Vgl. Hebr 1,2.
758. Und enthaltet euch deren Angelegenheiten?
759. Die genanten gaystlichen seind kayserlichen geboten ungehorsam. [Marg.].
760. Corpus Iuris Civilis, Cod. I, 1.
761. Corpus Iuris Civilis, Nov. CXXIII.
762. Ausflüchten, >Tricks<.
763. Pracht, Prahlen.
764. Roma. 1 [i8ff.]. [Marg.].
765. D. h.: die Oberen (Subjekt) haben die Geistlichen (Objekt) nicht zu richten.
 
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