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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0086
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Württemberg

sionellen Gegensätze erneut hervorbrachen. Die württembergische Regierung forcierte weiterhin die luthe-
rische Lehre und war bestrebt, die Konkordienformel von 1577 auch in den linksrheinischen Landesteilen
verbindlich zu machen438. Graf Georg sandte seinen Sohn Friedrich439 nach Mömpelgard, der die Veröffent-
lichung der Konkordienformel leiten und die Unterschriften sämtlicher Schullehrer und Pfarrer einholen
sollte. Friedrich stieß jedoch auf Widerstand, denn nach der feierlichen Verkündigung der Konkordienfor-
mel am 9. Oktober 1577 im Mömpelgarder Schloss verweigerten sechs von 22 Pfarrern sowie fünf Schul-
meister ihre Unterschrift. Die Widerständigen wurden ihres Amtes enthoben, es entstanden Tumulte, in
deren Folge Friedrich die Stadt verlassen musste.
In der Bekenntnisfrage favorisierte der Mömpelgarder Magistrat nach wie vor eine reformierte Linie
und lehnte daher die lutherische Kirchenordnung Württembergs ab. Er wollte den Einfluss des württem-
bergischen Landesherrn in Mömpelgard zurückdrängen und wurde hierin von den in Mömpelgard ansäs-
sigen Hugenotten untersützt. Diese Bemühungen um die Wahrung der reformierten Ausrichtung der Möm-
pelgarder Kirche waren jedoch vergebens, und die Konkordienformel wurde in Horburg und Reichenweier
nach dem 17. September 1577 schließlich ebenso unterzeichnet440 wie das 1580 fertiggestellte und ins Fran-
zösische übersetzte Konkordienbuch.
Friedrich bemühte sich, die dogmatischen Auseinandersetzungen zwischen Calvinisten und Konkordi-
sten endgültig beizulegen, und berief im März 1586 ein Religionsgespräch nach Mömpelgard ein441. Auf
Seiten der Calvinisten stand Theodor Beza442, auf Seiten der Konkordisten Jakob Andreä und Lukas Osi-
ander. Das Mömpelgarder Kolloquium führte jedoch immer noch zu keiner Einigung, sondern verhärtete
nur die Fronten. Am 22. Dezember 1586 veröffentlichte Friedrich schließlich ein eigenes Bekenntnis, die
Confession de foi de Montbéliard, worin er die lutherische Abendmahlslehre der Confessio Augustana, des
Württembergischen Bekenntnisses sowie der Konkordienformel von 1577 vertrat443. Alle Magistrate,
Beamten, Pfarrer und Schulmeister sowie sämtliche in der Stadt befindlichen Hugenotten wurden zur
Unterzeichnung dieses Dokuments verpflichtet. Der Mömpelgarder Magistrat stellte sich jedoch gegen
Friedrichs Ansinnen, woraufhin dieser am 7. Mai 1587 die Stadt besetzte, sich huldigen ließ und Neuwahlen
ausschrieb. Friedrich hatte die Auseinandersetzung damit letztendlich durch einen Staatsstreich für sich
entschieden. Trotz zahlreicher Bemühungen der württembergischen Herzöge seit 1534 wurde Mömpelgard
damit erst in den 1580er Jahren unter Anwendung zahlreicher Zwangsmaßnahmen lutherisch444.

438 Vgl. S. 69f.
439 Zu Herzog Friedrich I. siehe S. 72 Anm. 464.
440 Adam, Kirchengeschichte, S. 322; Debard, Luthéra-
nisme, S. 356f.
441 Tribout de Moremberg, La confession, S. 6f.;
Deetjen, Concordi Buch, S. 40; Raitt, Colloquy,
S. 3-210; Göschel, Concordien-Formel, S. 256; Krin-
ninger-Babel, Friedrich I., S. 268f.; Debard, Refor-

mation, S. 124; ders., Colloque, S. 161-204; ders.,
Luthéranisme, S. 358f.
442 Zu Theodor Beza vgl. Raitt, Art. Beza, in: TRE 5,
S.765-774.
443 Druck: Tribout de Morembert, La confession,
S. 21-29, vgl. ebd., S. 5-20; Debard, Reformation,
S. 124.
444 Vgl. Debard, Reformation, S. 122.

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