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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0503
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Einleitung

Beleg für die Einführung der Reformation in Lahr-Mahlberg ist ein Schreiben der badischen Kanzlei an den
Amtmann in Lahr aus dem Jahre 1567, das daran erinnert, dass gemäß einer Absprache der Gemeinherren
nur Pfarrer des Augsburgischen Bekenntnisses in Dienst genommen werden dürfen:

10. Kirchenordnungsmandat Lahr 1567 (Text S. 539)
Auch eine aus späterer Zeit, wohl dem 17. Jahrhundert, stammende Aufstellung der Pfarreinkünfte für
Lahr-Mahlberg57 bestätigt dies, denn dort heißt es:
Extract Abschieds Gemeiner Herren zu Lahr wegen der Religion den 20.ten Octobris Anno 1567 gehalten und
aufgezeichnet:
Alß aber vor dieser Zeit Baaden und Nassau sich der Religion vermög der Augspurgischen Confession
verglichen, so soll demnach in denen Herrschafften Lahr und Mahlberg kein anderer Pfarrer gehalten werden,
dann die gemeldter Confession zugethan sind und derselben gemäß mit verkündigung des Worts Gottes und
Reichung der Sacramenten sich verhalten.58
In dem Schreiben an den Amtmann klingt sogar an, dass über die Einführung einer reformatorischen
Kirchenordnung verhandelt wurde. In Frage kamen offenbar die württembergische und die Straßburger.59
Aber nachdem Adolf schon 1559 und sein katholisch gebliebener Bruder Johann 1574 kinderlos starben und
die ganze Grafschaft Saarbrücken an die Brüder Albrecht und Philipp IV. von Nassau-Weilburg fiel, die
1575 in Saarbrücken die Reformation durchführten und dabei ihre eigene Kirchenordnung60 in Kraft setz-
ten, wurde diese letztgenannte auch in Lahr-Mahlberg übernommen. Allerdings nicht, ohne dass Philipp II.
von Baden-Baden61 bei dieser Gelegenheit versucht hätte, die Vereinbarung von 1567 zu kündigen: Er
schickte zum Regierungswechsel 1575 eine Gesandschaft nach Saarbrücken, die mit Hinweis auf die zahl-
reichen katholischen Kollatoren die Besetzung der Pfarrstellen in Lahr-Mahlberg auch mit katholischen
Priestern durchsetzen sollte, was aber nicht gelang.62
Das oben genannte Wiedertäufermandat wurde fast unverändert 1581 erneuert, neben Philipp II. von
Baden tritt nun Albrecht von Nassau-Saarbrücken als Gemeinherr auf.
Dieser Zustand blieb in den folgenden Jahrzehnten unverändert. Erst als nach der Restitution der katho-
lischen Baden-Badener Linie 1623 diese auf eine Realteilung der Herrschaft Lahr-Mahlberg drängte, die
1629 vollzogen wurde, verschoben sich die konfessionellen Verhältnisse wieder: Baden erhielt Mahlberg und
begann mit der Durchführung der Gegenreformation, die eine teilweise Rekatholisierung des Gebietes
erreichte.63

57 Vielleicht wurde diese Aufstellung anlässlich der Real-
teilung der Herrschafft 1629 verfertigt.
58 Überschrieben mit Competenzordnung der Herrschaft
Lahr-Mahlberg 1567 (GLA Karlsruhe 117/1004), Titel-
blatt und Handschrift verweisen allerdings auf das späte
17. oder 18. Jahrhundert.
59 Der aus Straßburg nach Lahr gekommene Pfarrer Seba-
stian Nebler (so im Brief; Cramer, Pfarrerbuch IV,
S. 91; Bopp, Pfarrerbuch, S. 392 und Neu, Pfarrerbuch
II, S. 433, lesen alle Nebner, amt. 1565-1571, gest. 1571)
war zur Einholung eines Probeexemplars eigens nach
Straßburg gereist. Dies bedeutet, gegen Bartmann,

Kirchenpolitik, S. 105, aber noch nicht, dass die Straß-
burger Kirchenordnung tatsächlich eingeführt wurde.
60 Die Nassau-Weilburgische von 1574.
61 Der nach dem frühen Tode seines Vaters 1569 unter der
katholischen Vormundschaft Wilhelms von Bayern
stand.
62 Ähnliches war auch von der Vormundschaftsregierung in
den Jahren zuvor versucht worden, vgl. Bartmann,
Kirchenpolitik, S. 209. Vgl. den dazugehörigen Schrift-
verkehr in GLA Karlsruhe 117/888 und 117/891.
63 Vgl. Benrath, Art. Baden, TRE 5, S. 100.

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