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ANTRITTSREDEN
Antrittsrede von Herrn NIKOLAUS PFÄNNER
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 19. Februar 2005.
Herr Präsident, sehr geehrte Herren Sekretäre,
meine Damen und Herren,
mein Weg in die Biochemie und Molekularbiologie
war nicht ganz geradlinig. In der Schule galt meine
Liebe der Mathematik und der Musik, wobei eine
musikalische Laufbahn mangels Begabung von vorn-
herein ausschied. Biologie und Chemie waren für mich
als Schüler eher langweilige und verstaubte Fächer, so
dass ich der Kombination beider Fächer in der Bioche-
mie nicht viel abgewinnen konnte — ganz im Gegen-
satz zu meiner jetzigen Einschätzung.
Aber lassen Sie mich von vorne beginnen. Geboren 1956 wuchs ich in
Scheffau im Allgäu auf, einem kleinen Dorf ganz in der Nähe zum Dreiländereck
Deutschland/Osterreich/Schweiz, wo meine Familie seit vielen Jahrhunderten tiefe
Wurzeln hat. Mein Vater war Steinmetz und Bildhauer. Meine Mutter verstand es
durch einen sanften, aber konsequenten Erziehungsstil die Selbständigkeit der fünf
Kinder zu fördern. Wir durchlebten alle eine sehr glückliche Kindheit. Die Volks-
schulzeit ist mir noch in lebhafter Erinnerung, wobei ich als besonders spannend und
stimulierend empfand, dass vier verschiedene Jahrgänge von einer Lehrkraft zugleich
unterrichtet wurden.
Trotz finanziell bescheidener Verhältnisse gelang es meinen Eltern, allen fünf
Kindern eine akademische Laufbahn zu ermöglichen. Das hieß natürlich Internat
und Stipendien erhalten. So kam ich wie meine Brüder in eine Klosterschule am öst-
lichen Bodensee, wobei der heimliche Wunsch meiner Mutter, dass zumindest eines
der Kinder eine kirchliche Laufbahn einschlagen sollte, nicht in Erfüllung ging. Nach
dem Abitur in Lindau am Bodensee folgte die Zivildienstzeit in einem Allgäuer
Krankenhaus, die ich nach neun Jahren Knabeninternat wie den Aufbruch in eine
neue Welt erlebte. Dort lernte ich auch bald meine Frau kennen. Heute sind wir die
stolzen Eltern zweier erwachsener Söhne.
Die Wahl meines Studiums fiel schließlich auf Medizin an der Universität
München, gefördert durch ein bayerisches Stipendium und die Studienstiftung des
Deutschen Volkes. Hier bekam ich den ersten Einblick in die Biochemie. Besonders
beeindruckt hat mich, dass der Institutsdirektor Theodor Bücher, ein Schüler von
Otto Warburg, noch kurz vor seiner Emeritierung den praktischen Kurs für Medi-
zinstudenten persönlich betreute. Mein erster Kontakt mit Theodor Bücher endete
allerdings mit seiner Aussage: „Pfänner, was Sie da rechnen, mag ja richtig sein, aber
Ihr Füller ist furchtbar, der schreibt ja viel zu dick.“ Gut — ich habe mir umgehend
einen neuen Füller mit dünner Feder gekauft und danach war Theodor Bücher auch
mit den Ergebnissen der Experimente zufrieden.
ANTRITTSREDEN
Antrittsrede von Herrn NIKOLAUS PFÄNNER
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 19. Februar 2005.
Herr Präsident, sehr geehrte Herren Sekretäre,
meine Damen und Herren,
mein Weg in die Biochemie und Molekularbiologie
war nicht ganz geradlinig. In der Schule galt meine
Liebe der Mathematik und der Musik, wobei eine
musikalische Laufbahn mangels Begabung von vorn-
herein ausschied. Biologie und Chemie waren für mich
als Schüler eher langweilige und verstaubte Fächer, so
dass ich der Kombination beider Fächer in der Bioche-
mie nicht viel abgewinnen konnte — ganz im Gegen-
satz zu meiner jetzigen Einschätzung.
Aber lassen Sie mich von vorne beginnen. Geboren 1956 wuchs ich in
Scheffau im Allgäu auf, einem kleinen Dorf ganz in der Nähe zum Dreiländereck
Deutschland/Osterreich/Schweiz, wo meine Familie seit vielen Jahrhunderten tiefe
Wurzeln hat. Mein Vater war Steinmetz und Bildhauer. Meine Mutter verstand es
durch einen sanften, aber konsequenten Erziehungsstil die Selbständigkeit der fünf
Kinder zu fördern. Wir durchlebten alle eine sehr glückliche Kindheit. Die Volks-
schulzeit ist mir noch in lebhafter Erinnerung, wobei ich als besonders spannend und
stimulierend empfand, dass vier verschiedene Jahrgänge von einer Lehrkraft zugleich
unterrichtet wurden.
Trotz finanziell bescheidener Verhältnisse gelang es meinen Eltern, allen fünf
Kindern eine akademische Laufbahn zu ermöglichen. Das hieß natürlich Internat
und Stipendien erhalten. So kam ich wie meine Brüder in eine Klosterschule am öst-
lichen Bodensee, wobei der heimliche Wunsch meiner Mutter, dass zumindest eines
der Kinder eine kirchliche Laufbahn einschlagen sollte, nicht in Erfüllung ging. Nach
dem Abitur in Lindau am Bodensee folgte die Zivildienstzeit in einem Allgäuer
Krankenhaus, die ich nach neun Jahren Knabeninternat wie den Aufbruch in eine
neue Welt erlebte. Dort lernte ich auch bald meine Frau kennen. Heute sind wir die
stolzen Eltern zweier erwachsener Söhne.
Die Wahl meines Studiums fiel schließlich auf Medizin an der Universität
München, gefördert durch ein bayerisches Stipendium und die Studienstiftung des
Deutschen Volkes. Hier bekam ich den ersten Einblick in die Biochemie. Besonders
beeindruckt hat mich, dass der Institutsdirektor Theodor Bücher, ein Schüler von
Otto Warburg, noch kurz vor seiner Emeritierung den praktischen Kurs für Medi-
zinstudenten persönlich betreute. Mein erster Kontakt mit Theodor Bücher endete
allerdings mit seiner Aussage: „Pfänner, was Sie da rechnen, mag ja richtig sein, aber
Ihr Füller ist furchtbar, der schreibt ja viel zu dick.“ Gut — ich habe mir umgehend
einen neuen Füller mit dünner Feder gekauft und danach war Theodor Bücher auch
mit den Ergebnissen der Experimente zufrieden.