Metadaten

Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

DOI article:
Breitenstein, Mirko: Die Verfügbarkeit der Transzendenz: Das Gewissen der Mönche als Heilsgarant
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0044
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Verfügbarkeit der Transzendenz: Das Gewissen der Mönche als Heilsgarant | 43
Eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Arten des Gewissens enthält
der Traktat De conscientia (Petis a me): Hier werden immerhin vier Typen systematisch
voneinander geschieden, wobei zwei Haupteigenschaften kombiniert werden
und in ihrer Kombination den Charakter der conscientia bestimmen: gut und
schlecht sowie ruhig und unruhig. Mithin unterscheidet der Text eine conscientia
bona et tranquilla, eine bona et turbata, eine mala et tranquilla und eine mala et
turbata. ²⁶ Gegenübergestellt werden somit zwei positive zwei negativen Gewissenstypen,
wobei die Ruhe oder Unruhe des guten wie des schlechten Gewissens
als spezifische Differenz fungiert. Das gute und ruhige Gewissen nimmt innerhalb
dieser Hierarchie den höchsten Rang ein, doch ist es, wie der Text anmerkt, unter
irdischen Bedingungen nur selten anzutreffen. ²⁷ Weitaus häufiger findet man hingegen
das wohl gute, aber dennoch unruhige Gewissen. Seine Unruhe resultiert aus
eben der Unsicherheit des Menschen, ob er denn wirklich den an ihn gestellten Ansprüchen
genügt. Die täglichen Anfechtungen bewegen das Gewissen, auch wenn
der Mensch ihnen seine Zustimmung verweigert. ²⁸ Gott selbst sorgt, wie der Text
weiter ausführt, für Ermutigung: durch die Milch der Salbung und den Wein der
Tröstung – je nach Konstitution des einzelnen Menschen. ²⁹
Nach den beiden Arten des guten Gewissens, auf die noch näher einzugehen sein
wird, folgt eine Beschreibung der mala conscientia. Von den Bildungen des schlechten
Gewissens wird zunächst die mala et tranquilla conscientia dargestellt: So wie
es nichts Schlechteres gebe, gebe es auch nichts Unglücklicheres als ein schlechtes
Gewissen, das zugleich ruhig sei. ³⁰ Eine solche conscientia fürchtet nicht Gott und
achtet nicht den Menschen. ³¹ Ihre Ruhe besteht darin, das Glück der Welt zu verspotten,
den Sünder zu loben, den Ungerechten zu preisen und überhaupt allem
Schlechten Beifall zu zollen. ³² Als ein solches in höchstem Maße verdorbenes Gewissen
nimmt es den alleruntersten Platz ein.
26 Conscientia igitur alia bona et tranquilia; alia bona et turbata: alia mala et tranquilla; alia mala et
turbata. Tractatus de conscientia (wie Anm. 4), cap. 2, 3, Sp. 554.
27 Rara avis in terra hujusmodi conscientia: sed quanto rarior, tanto charior apud Deum. Tractatus de
conscientia (wie Anm. 4), cap. 2, 3, Sp. 555.
28 Vgl. unten Anm. 47.
29 Vgl. unten Anm. 50.
30 Sequitur mala et tranquilla conscientia, qua sicut nihil pejus, ita nihil est infelicius. Tractatus de conscientia
(wie Anm. 4), cap. 4, 6, Sp. 556.
31 Haec est illa quae nec Deum timet, nec hominem reveretur […]. Tractatus de conscientia (wie Anm. 4),
cap. 4, 6, Sp. 556.
32 Quomodo tranquilla? Cum mundi hujus prosperitas alludit et illudit; cum laudatur peccator in desideriis
animae suae, et iniquus benedicitur; cum peccantium favor, et peccare nolentium pavor nolens
et dolens arridet ei; cum non est qui arguat, sed et qui arguere peccatorem audeat ex omnibus qui in
circuitu ejus sunt. Tractatus de conscientia (wie Anm. 4), cap. 4, 7, Sp. 556 f.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften