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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Breitenstein, Mirko: Die Verfügbarkeit der Transzendenz: Das Gewissen der Mönche als Heilsgarant
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0049
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48 | Mirko Breitenstein
Schritt der Gewissensbildung eingeführt hatte. ⁵⁵ So sei auch die conscientia saecularium,
selbst wenn sie keine Todsünden zu verantworten habe, gefährdet, weil sie
sich bereits wegen der Unterlassung verwerflichen Tuns sicher wähnt und vergisst,
aktiv zum Guten zu streben. ⁵⁶
Ob er zum Guten strebte, musste der Mönch dabei selbst entscheiden, und hierin
lag wohl die größte Verpflichtung, die dem Einzelnen auferlegt werden konnte:
die der Verantwortung für die eigene Person. Nötig war, sich seiner selbst bewusst
zu werden, sich selbst zu erkennen, sich selbst zu prüfen und vor allem zu bessern.
Das Gewissen als Heilsgarant
In eindrücklicher Weise ist dieser Gedanke der Selbstprüfung im bereits zitierten
Traktat »Vom inneren Haus« präsent, der zur Illustration auf ein Bild zurückgreift,
das in seiner Ausgestaltung auf eine grundlegend neue Konzeption der Gewissensbildung
verweist: In Anlehnung an das in der Apokalypse beschriebene »Buch des
Lebens«, in welchem die Taten eines jeden vermerkt sind, um anhand dieser Einträge
über ihn zu richten, wird auch das menschliche Gewissen ein Buch genannt.
In diesem sei, so führt der Text aus, analog zu jenem Buch des Weltgerichtes alles
vermerkt, was der Mensch getan habe. Jeder nun werde nach dem, was in seinem
Buch geschrieben steht, beurteilt – das Buch des Gewissens wird mit dem Buch des
Lebens verglichen. Der wichtigste Gedanke in diesem Zusammenhang scheint mir
zu sein, dass der Mensch es nicht beim Vergleich belassen, sondern aus diesem auch
die nötigen Konsequenzen ziehen soll: Jeder Mensch sei nicht nur gehalten, beständig
im Buch des eigenen Gewissens zu lesen, sondern auch dieses zu korrigieren
und zu verbessern. ⁵⁷ Selbstprüfung, die Prüfung des eigenen Tuns und Unterlassens,
der allem Handeln zugrundeliegenden Absichten und des Strebens wurde nun – zumindest
innerhalb der intellektuellen Elite der Zeit, mithin unter den Religiosen –
zu einer allgemein gebotenen Aufgabe.
55 Vgl. oben Anm. 14.
56 Petrus Cellensis, De conscientia (wie Anm. 1), S. 214.
57 Unicuique est liber sua conscientia: et ad hunc librum discutiendum et emendandum omnes alii inventi
sunt. Anima cum de corpore egredietur, nullum alium praeter conscientiae suae librum secum portare
poterit, atque in illo cognoscet quo debeat ire, et quid debeat recipere. Ex his quae scripta erunt in libris
nostris judicabimur, et ideo scribi debent secundum exemplar libri vitae: et si sic scripti non sunt, saltem
corrigendi sunt. Conferamus itaque libros nostros cum libro vitae: et si quid aliter habuerint, corrigantur,
ne in illa ultima collatione, si quidpiam aliter inventi fuerint habentes, abjiciantur. Beatus homo,
qui se potest cognoscere et despicere, probare et improbare. Tractatus de interiori domo (wie Anm. 5),
cap. 15, 24, Sp. 520. Vgl. zu diesem Motiv Breitenstein, Der Traktat »Vom inneren Haus« (wie Anm.
5), S. 274 –278.
 
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