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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Signori, Gabriela: Der „Mönch im Bild“: Das Porträt als klösterliches Erinnerungsmedium an der Schwelle vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0163
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162 | Gabriela Signori
Helena und der Magdalena von Suntheim gestoßen waren. Auf dem einen sei Jacobs
Plancken antlüt, gůt abconterfiert. Beim andern handle es sich um ain tafel, darinn
ain münch, Jodocus Wind, conterfiert stat. ⁵
Über Jakob Plancken ist weiter nichts bekannt. ⁶ Besser unterrichtet sind wir
über Jodokus Wind, der zunächst das Amt des Villinger, dann des Ulmer Guardians
ausgeübt hatte. Ja, kurzfristig war Wind 1480 sogar zum Kustos der Ordensprovinz
Schwaben avanciert. ⁷ Wind war Magdalena von Suntheim, der Besitzerin seines
Konterfei, auf vielfache Weise verbunden. Über mehrere Monate hinweg hatten die
beiden in regelmäßigen Abständen Briefe ausgetauscht, ⁸ denen zu entnehmen ist,
dass sie sich auch regelmäßig gesehen hatten. ⁹ Jodocus Wind spricht Magdalena
mit dem freundschaftlichen Du an und bezeichnet sie im Stil des älteren deutschen
»Mystikerbriefs« als herczen myn allerliebstes lieb. ¹⁰
Männerporträts im Privatbesitz von Klosterfrauen mag – in Gegenwart und Vergangenheit
– die Phantasie antiklerikaler Gemüter beflügeln. ¹¹ Andere spornt der
auf Anhieb ungewöhnliche Fund bzw. Befund dazu an, über den privaten Bildgebrauch
im Kloster auch jenseits seiner häufig beschriebenen Funktion als Andachtsbild
nachzudenken, ein Themenfeld, mit dem sich bislang weder Kunstgeschichte
noch Geschichte systematisch, über das Einzelporträt hinausweisend befasst haben.
¹² Von Interesse ist die private Bildpraxis im Kloster insofern, als sie ein un-
5 Miller, Die Söflinger Briefe (wie Anm. 1), S. 119 f.; Frank, Das Klarissenkloster Söflingen (wie Anm.
1), S. 98.
6 Frank, Das Klarissenkloster Söflingen (wie Anm. 1), S. 47 und 89.
7 Über seinen Werdegang informieren die Papiere, die er in der Zelle der Magdalena von Suntheim deponiert
hatte, vgl. Miller, Die Söflinger Briefe (wie Anm. 1), S. 95 – 99.
8 Marc Müntz, Freundschaften und Feindschaften in einem spätmittelalterlichen Frauenkloster. Die sogenannten
Söflinger Briefe, in: »Meine in Gott geliebte Freundin«. Freundschaftsdokumente aus klösterlichen
und humanistischen Schreibstuben, hg. von Gabriela Signori (Religion in der Geschichte 4), 2.
Aufl. Bielefeld 1998, S.111–120.
9 Miller, Die Söflinger Briefe (wie Anm. 1), Nr. 25, 26, 28, 30. Mehr als die Briefe waren die Besuche aus
Sicht der Reformer unerwünscht.
10 Miller, Die Söflinger Briefe (wie Anm. 1), Nr. 24, S. 162–165. Vgl. Deutsche Mystikerbriefe des Mittelalters,
1100 –1550, hg. von Wilhelm Oehl, München 1931, S. vii–xxxii.
11 So die ältere Forschung, die sich mit den Söflingener Liedern befasst hat: Anton Birlinger, Amores
Söflingenses, in: Alemannia 3, 1875, S. 86 – 88 und 140 –148, vgl. Helga Schüppert, Söflinger Briefe und
Lieder, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 9, 2. Aufl. Berlin 1995, Sp. 13 –16.
12 Zum Andachtsbild vgl. Sixteen Ringbom, Devotional Images and Imaginative Devotions. Notes on the
Place of Art in Late Medieval Private Piety, in: Gazette des Beaux-Arts 73, 1969, S. 159 –170; Ders., Icon
to Narrative: The Rise of the Dramatic Close-up in Fifteenth-Century Devotional Painting, 2. Aufl.
Doornspijk 1984; Horst Appuhn, Das private Andachtsbild. Ein Vorschlag zur kunstgeschichtlichen und
volkskundlichen Terminologie, in: Museum und Kulturgeschichte. Festschrift für Wilhelm Hansen, hg.
von Martha Bringemeier/Paul Pieper/Bruno Schier u.a. (Schriften der volkskundlichen Kommission
für Westfalen 25), Münster 1978, S. 289 –292; Adolf Spamer, Das kleine Andachtsbild vom XIV. bis
zum XX. Jahrhundert, 2. Aufl. München 1980; Daniel Arasse, Entre dévotion et culture: fonctions de
l’image religieuse au XV ᵉ siècle, in: Faire croire. Modalités de la diffusion et de la réception des messages
religieux du XII ᵉ au XV ᵉ siècle (Collection de l’École française de Rome 51), Rom 1981, S. 131–146; Su-
 
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