176 | Gabriela Signori
Jesuskind abgebildet ist. ⁴⁷ Im linken bzw. rechten Bildrahmen festgehalten ist das
Todesdatum des Primas: Obiit Gratianopoli anno 1575. Beide Daten sind falsch:
Die Wahl erfolgte 1521 und als Todesdatum gilt das Jahr 1535. Ursprünglich war
Bibauts Porträt also nicht als Diptychon konzipiert. Erst im Nachhinein wurde es
zu einem solchen gemacht und durch die Aufschrift gleichsam der Geschichte der
Grande Chartreuse einverleibt, in deren Besitz es sich befunden haben dürfte, bevor
es in unbekannte private Hände überging.
VI
Ähnlich konzipiert wie Bibauts Porträt ist schließlich auch das Porträt eines unbekannten
Franziskaners aus dem Jahr 1522, das heute im Spitalmuseum von Brügge
aufbewahrt wird (Abb. 10). Zugeschrieben wird das Diptychon dem in Brügge tätigen
Maler Jean Provoost (c. 1465 –1529). ⁴⁸ Auf dem gegenüberliegenden Bildteil ist
Christus (als Brustbild) mit dem Kreuz darstellt, umrahmt von vier »sprechenden«
Köpfen: heraldisch links die Schächer, heraldisch rechts Maria und Johannes Evangelista.
⁴⁹ Die Rahmenaufschrift, die die beiden Bildteile (50 × 40 cm) miteinander
verbindet, verrät, dass der Mönch zum Zeitpunkt, als er das Bild in Auftrag gegeben
hatte, 54 Jahre alt war: Anno domini xv xxij fueram annorum liiii. Das Alter des
Porträtierten scheint in diesem Fall wichtiger gewesen zu sein als sein Name. Die
Aufschrift im oberen Rahmenteil festigt den inhaltlichen Bezug zwischen Christus,
Franziskus und dem dargestellten Franziskanermönch. Sie lautet: Francisci chorda
traxit ad se plurima corda (»Die Kordel des Franziskus hat viele Herzen an sich
gezogen«). Über die Herkunft des Porträts ist nichts bekannt. Auch die Zuordnung
zu Jean Provoost erfolgte allein über Stilmerkmale. ⁵⁰ Sollte etwa auch dieses Porträt
an die Profess oder präziser an die Konversion des unbekannten Mönchs erinnern?
Oder sollte das Porträt, wie das Konterfei seines eingangs erwähnten Ordensbru-
47 Marc Rudolf de Vrij, The Master of Willem van Bibaut, His Alleged Origin and His Place in the Studio,
in: Pantheon 56, 1998, S. 186 –191.
48 Prayers and Portraits (wie Anm. 22), S. 210 –213.
49 Robert Suckale, Arma Christi. Überlegungen zur Zeichenhaftigkeit mittelalterlicher Andachtsbilder,
in: Städel-Jahrbuch. Neue Folge 6, 1977, S. 177–208; Arma Christi. Bilder und Werke für die Andacht.
Katalog zur Ausstellung des Museums im Kloster Grafschaft, 9. Oktober–29. November 1998, hg. von
Otmar Plassmann, Smallenberg 1998. Vgl. dazu aber auch die weiterhin grundlegende Zusammenstellung
von Rudolf Berliner, Arma Christi, in: Münchener Jahrbuch für bildende Kunst. 3. Folge 6, 1955,
S. 157–238; Rossell Hope Robbins, The Arma Christi Rolls, in: The Modern Language Review 34, 1939,
S. 415 – 421.
50 Prayers and Portraits (wie Anm. 22), S. 213.
Jesuskind abgebildet ist. ⁴⁷ Im linken bzw. rechten Bildrahmen festgehalten ist das
Todesdatum des Primas: Obiit Gratianopoli anno 1575. Beide Daten sind falsch:
Die Wahl erfolgte 1521 und als Todesdatum gilt das Jahr 1535. Ursprünglich war
Bibauts Porträt also nicht als Diptychon konzipiert. Erst im Nachhinein wurde es
zu einem solchen gemacht und durch die Aufschrift gleichsam der Geschichte der
Grande Chartreuse einverleibt, in deren Besitz es sich befunden haben dürfte, bevor
es in unbekannte private Hände überging.
VI
Ähnlich konzipiert wie Bibauts Porträt ist schließlich auch das Porträt eines unbekannten
Franziskaners aus dem Jahr 1522, das heute im Spitalmuseum von Brügge
aufbewahrt wird (Abb. 10). Zugeschrieben wird das Diptychon dem in Brügge tätigen
Maler Jean Provoost (c. 1465 –1529). ⁴⁸ Auf dem gegenüberliegenden Bildteil ist
Christus (als Brustbild) mit dem Kreuz darstellt, umrahmt von vier »sprechenden«
Köpfen: heraldisch links die Schächer, heraldisch rechts Maria und Johannes Evangelista.
⁴⁹ Die Rahmenaufschrift, die die beiden Bildteile (50 × 40 cm) miteinander
verbindet, verrät, dass der Mönch zum Zeitpunkt, als er das Bild in Auftrag gegeben
hatte, 54 Jahre alt war: Anno domini xv xxij fueram annorum liiii. Das Alter des
Porträtierten scheint in diesem Fall wichtiger gewesen zu sein als sein Name. Die
Aufschrift im oberen Rahmenteil festigt den inhaltlichen Bezug zwischen Christus,
Franziskus und dem dargestellten Franziskanermönch. Sie lautet: Francisci chorda
traxit ad se plurima corda (»Die Kordel des Franziskus hat viele Herzen an sich
gezogen«). Über die Herkunft des Porträts ist nichts bekannt. Auch die Zuordnung
zu Jean Provoost erfolgte allein über Stilmerkmale. ⁵⁰ Sollte etwa auch dieses Porträt
an die Profess oder präziser an die Konversion des unbekannten Mönchs erinnern?
Oder sollte das Porträt, wie das Konterfei seines eingangs erwähnten Ordensbru-
47 Marc Rudolf de Vrij, The Master of Willem van Bibaut, His Alleged Origin and His Place in the Studio,
in: Pantheon 56, 1998, S. 186 –191.
48 Prayers and Portraits (wie Anm. 22), S. 210 –213.
49 Robert Suckale, Arma Christi. Überlegungen zur Zeichenhaftigkeit mittelalterlicher Andachtsbilder,
in: Städel-Jahrbuch. Neue Folge 6, 1977, S. 177–208; Arma Christi. Bilder und Werke für die Andacht.
Katalog zur Ausstellung des Museums im Kloster Grafschaft, 9. Oktober–29. November 1998, hg. von
Otmar Plassmann, Smallenberg 1998. Vgl. dazu aber auch die weiterhin grundlegende Zusammenstellung
von Rudolf Berliner, Arma Christi, in: Münchener Jahrbuch für bildende Kunst. 3. Folge 6, 1955,
S. 157–238; Rossell Hope Robbins, The Arma Christi Rolls, in: The Modern Language Review 34, 1939,
S. 415 – 421.
50 Prayers and Portraits (wie Anm. 22), S. 213.