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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Röhrkasten, Jens: Ordensdisziplin und Konformität bei den Dominikanern und Franziskanern
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0187
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186 | Jens Röhrkasten
Ende der 1220er Jahre eingerichtet worden waren, sollten zwar alle nach der 1219
von Honorius III. zugewiesenen Regel leben, doch diese wurde von Clara als ungenügend
abgelehnt, der Beginn einer Entwicklung, die zur Herausbildung unterschiedlicher
Normen führte, sodass die Angehörigen des weiblichen Zweiges des
Ordens schließlich verschiedenen Lebensformen folgten. ¹⁹
Wenn es auch hier nicht möglich ist, auf die grundsätzliche Frage einzugehen,
welches Maß von Konformität in Strukturen überhaupt erreicht werden kann, in
denen Individualität eine so große Rolle spielte wie im mittelalterlichen Ordenswesen,
das durch einen beträchtlichen Abstand zwischen Zentrum und Peripherie
gekennzeichnet sein konnte und dem Einfluss eines weiten Umfeldes unterlag, erscheint
doch die Spannung zwischen den beiden Polen Konformität und Individualität
als plausible Erklärung für Divergenzen in der Praxis, die durchaus akzeptiert
oder sogar in den Normen sanktioniert waren. Thomas von Eccleston beschreibt
nicht ohne Stolz Unterschiede in der englischen Ordensprovinz zwischen den
Kustodien Oxford, Cambridge, York und Salisbury, da sie den Glaubenseifer der
frühen Franziskaner bewiesen, der sich auch immer wieder in außergewöhnlichen
Entbehrungen oder Verzichtsleistungen manifestierte. ²⁰ Diesen Spielraum für Eigeninitiative
bot selbst die Regula bullata. In ihren Fastenvorschriften wurde ein
Zeitraum in der Vorweihnachtszeit festgesetzt, es blieb jedoch offen, ob einzelne
Brüder auch vor Ostern Abstinenz üben wollten: qui voluntarie […] ieiunant benedicti
sint a Domino, et qui nolunt non sint astricti. In Zeiten der Not galten die
Fastenbestimmungen gar nicht, ohne dass diese Zeiten manifestae necessitatis klar
definiert wurden. ²¹ Wichtiger als die Konformität waren in diesem Fall also die Praxis
der individuellen Frömmigkeit und die Rücksicht auf regionale Wirtschaftsentwicklungen.
Eine ähnliche Flexibilität wies die Regula bullata in den Vorschriften
zur Bekleidung der Brüder auf, in denen die loca et tempora et frigidas regiones
mit berücksichtigt wurden. Im Einklang damit stand es den einzelnen Minoriten
19 Eduard Lempp, Die Anfänge des Clarissenordens, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 13, 1892, S. 181–
245; Moorman, A History (wie Anm. 5), S. 38 f. Maria Pia Alberzoni, L’ordine di S. Damiano in
Lombardia, in: Chiara e il secondo ordine. Il fenomeno francescano femminile nel Salento. Atti del Convegno
di Studi in occasione dell’VIII centenario della nascita di Santa Chiara (Nardò, 12–13 novembre
1993), hg. von Giancarlo Andenna/Benedetto Vetere, Galatina 1997, S. 117–157, hier S. 117 f.; Theresia
Maier, Forma vitae. Eine Interpretation der Ordensregel der heiligen Klara von Assisi, in: Klara von
Assisi. Zwischen Bettelarmut und Beziehungsreichtum. Beiträge zur neueren deutschsprachigen Klara-
Forschung, hg. von Bernd Schmies (Franziskanische Forschungen 51), Münster 2011, S. 327–371, hier
S. 346. Einen Überblick über die Forschung bietet: Maria Pia Alberzoni, Le Congregazioni monastiche:
le Damianite, in: Dove va la storiografia monastica in Europa? Temi e metodi di ricerca per lo studio della
vita monastica e regolare in età medievale alle soglie del terzo millennio. Atti del Convegno internazionale
Brescia-Rodengo, 23 –24 marzo 2000, hg. von Giancarlo Andenna, Mailand 2001, S. 379 – 401.
20 Fratris Thomae vulgo dicti de Eccleston Tractatus de Adventu Fratrum Minorum in Angliam, hg. von
Andrew George Little, Manchester 1951, S. 34 –36.
21 Franz von Assisi, Regula bullata (wie Anm. 14), cap. 3, S. 174 f.
 
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