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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Röhrkasten, Jens: Ordensdisziplin und Konformität bei den Dominikanern und Franziskanern
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0194
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Ordensdisziplin und Konformität bei den Dominikanern und Franziskanern | 193
Die Situation bei den Franziskanern war komplizierter. Ihr Propositum war weniger
deutlich formuliert, denn es ging auch um die Lebensweise der Brüder, die
vita Minorum Fratrum, wie am Anfang der Regula bullata gesagt wird. Der Gott
geschuldete Gehorsam umfasste für die Minoriten das sanctum Evangelium observare,
einen Text, aus dem die frühe Regel der Brüder geschöpft worden war. Das in
seiner Entstehung komplexe franziskanische Normenwerk wurde von Franziskus
in seinem Testament mit dem Evangelium assoziiert, sodass bereits früh die Frage
auftrat, woraus die Normen denn eigentlich beständen und wie sie in die Realität
umzusetzen seien, um der angestrebten Lebensweise auch zu entsprechen. ⁶⁰ Weiterhin
wurde Gehorsam unterschiedlichen Autoritäten geschuldet, einerseits dem
Evangelium und der aus ihm abgeleiteten Regel, andererseits einer Ämterhierarchie,
die aus dem Papst – ein wichtiger Unterschied zu den Dominikanern – und
dem Generalminister bestand. Dieses Prinzip befand sich sowohl in der Regula
non bullata wie auch in der päpstlich approbierten Regel von 1223. ⁶¹ Zusätzlich
werden im Text der Regula bullata noch zwei weitere Autoritäten genannt. Dies
waren innerhalb des Ordens die Provinzialminister, denen bei der Aufnahme von
Postulanten, der Versorgung der Brüder, bei der Wahl des Generalministers, bei
der Aufrechterhaltung der Disziplin und der Auswahl von Missionaren bestimmte
Aufgaben vorbehalten waren und die Kustoden, die an der Wahl des Ordensoberhauptes
beteiligt sein sollten, deren Verantwortungsbereich jedoch nicht weiter definiert
wird. Außerhalb der Gemeinschaft waren es die Kardinalprotektoren, die die
Orthodoxie und die Beachtung der Ideale garantieren sollten:
ut petant a domino papa unum de sanctae Romanae Ecclesiae cardinalibus,
qui sit gubernator, protector et corrector istius fraternitatis, ut semper subditi
et subiecti pedibus eiusdem sanctae Ecclesiae stabiles in fide catholica paupertatem
et humilitatem et sanctum evangelium Domini nostri Jesu Christi,
quod firmiter promisimus, observemus. ⁶²
Im zehnten Kapitel der Regula bullata wurde die Art des geschuldeten Gehorsams
dann näher definiert, eine Bestimmung, die einen weiteren klaren Unterschied
60 Franz von Assisi, Testamentum, in: Fontes Franciscani, hg. von Enrico Menestò/Stefano Brufani (Medioevo
francescano. Testi 2), Assisi 1995, S. 225 –232, hier S. 228: ipse Altissimus revelavit mihi, quod
deberem vivere secundum formam sancti Evangelii. Et ego paucis verbis et simpliciter feci scribi et
dominus papa confirmavit mihi.
61 Franz von Assisi, Regula bullata (wie Anm. 14), S. 172; Franz von Assisi, Regula non bullata, in: Fontes
Franciscani, hg. von Enrico Menestò/Stefano Brufani (Medioevo francescano. Testi 2), Assisi 1995,
S. 183 –212, hier S. 185.
62 Franz von Assisi, Regula bullata (wie Anm. 14), S. 181.
 
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