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Gerhohus; Becker, Julia [Editor]; Insley, Thomas [Transl.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0033
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2. Opusculum de aedificio Dei

Baggio entstammte, war der Neffe Anselms I. von Lucca (ca. 1010-1073), dem späte-
ren Papst Alexander II. (1061-1073), und wurde auf dessen Vorschlag im Jahr 1073
zum Bischof von Lucca gewählt.126 Als enger Vertrauter Papst Gregors VII. ist seine
Kirchenrechtssammlung, die er wohl zwischen 1081 und 1086 (wahrscheinlich um
das Jahr 1083) verfasste,127 zentral auf die Bedürfnisse der Kirchenreform zuge-
schnitten.128 Anselm von Lucca setzte sich intensiv für die Einführung und Verbrei-
tung der Kanonikerreform in Lucca ein, scheiterte aber am Widerstand des Dom-
kapitels.129 Im siebten Buch seiner Collectio canonum stellt Anselm die wichtigsten
Rechtssätze über die Pflichten und Vorrechte der Kleriker zusammen.130 Unter dem
Titel Septimus de communi vita clericorum et qui se continere non possunt bezie-
hungsweise De communi vita clericorum et de omni victu eorum,ni behandelt An-
selm Themen wie Ordination, Amtsführung, Verhältnis zum Bischof oder zum Met-
ropolit, die alle um den zentralen Aspekt der vita communis der Kleriker kreisen.132
Sowohl aus dem siebten Buch als auch aus den anderen Büchern dieser Rechtssamm-
lung zitiert Gerhoch an zahlreichen Stellen in seinen Randglossen, außerdem geht er
im Haupttext auch explizit auf das Vorbild der Kanonikergemeinschaft von San Fre-
diano in Lucca ein.133 Anselms kirchenrechtliches Werk hat vor allem im norditalie-
nischen Raum rasch eine große handschriftliche Verbreitung gefunden und wurde
durch spätere Redaktoren nachträglich noch mit Material angereichert und überar-
beitet.134 Welche Handschrift und welche Rezension Gerhoch vorlag, ist nicht mehr
abschließend zu klären. Zwar ist im Prüfeninger Bibliothekskatalog von 1165 ein

126 Vgl. Kölzer, Anselm II. von Lucca, Sp. 679; Fuhrmann, Einfluß und Verbreitung, Bd. 2, S. 509.
127 Zur Datierung vgl. Fuhrmann, Einfluß und Verbreitung, Bd. 2, S. 510, Anm. 229; Fliche, La valeur
historique, S. 348-349.
128 Vgl. Fuhrmann, Einfluß und Verbreitung, Bd. 2, S. 509-511; Zechiel-Eckes, Eine Mailänder Re-
daktion, S. 130-131.
129 Zu den Kanonikergemeinschaften und insbesondere zu San Frediano in Lucca vgl. Giusti, Le ca-
noniche, S. 367; Gehrt, Die Verbände der Regularkanonikerstifte, S. 27-32.
130 Anselm von Lucca, Collectio canonum, ed. Thaner, lib. VII, S. 362-434. Vgl. Picasso, Monache-
simo e canoniche, S. 138.
131 Unterscheidet sich je nach Handschriftenstrang: vgl. hierzu Anselm von Lucca, Collectio cano-
num, ed. Thaner, lib. VII, S. 362.
132 Vgl. Picasso, Monachesimo e canoniche, S. 138. Dereine vermutet hierin sogar eine verlorene
Schrift zur Kanonikerreform: vgl. Dereine, Le probleme, S. 292-293; Fuhrmann, Papst Urban II.,
S. 7, Anm. 10.
133 Gaudeat ergo ecclesia sancti Fridiani Lucensis, quq uelut ortus irriguus Romanas mensas de suis
locupletatfructibus; dum inde quantuluscunque canonicorum numerus quasiparuum synapis gra-
num in Romanam gcclesiam tanquam in mortario conterendum mittitur, ut odor notitie Christi per
hoc lange lateque spargatur, quando in ipso mundi capity reflorescit ordo communis inte. Gerhoch
von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 65, S. 312.
134 Zur Handschriftenübersicht vgl. Anselm von Lucca, Collectio canonum, ed. Thaner, vor S. 1;
Kery, Canoncial collections, S. 218-221. Zu den verschiedenen Redaktionen vgl. Landau, Die Re-
zension C, S. 17-54; Fournier, Observations, S. 427-458.
 
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