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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0035
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2. Opusculum de aedificio Dei

einiger Kanones bei Gerhoch exakt mit derjenigen bei Ivo übereinstimmt.143 Fraglich
muss hierbei jedoch bleiben, ob es sich um direkte Übernahmen von Ivo, der nicht
den gleichen Schwerpunkt auf die vita communis des Klerus legt wie etwa Anselm
von Lucca, handelt oder ob hier pseudoisidorisches Gedankengut eingeflossen ist.144
Bezüglich der Handschriften, die Gerhoch von Ivos Kanonessammlungen vorlagen,
können nur Vermutungen angestellt werden. Im ersten Prüfeninger Bibliothekskata-
log von 1165 findet sich der Eintrag Collectiones canonum Ivonis episcopis. Es ist zu
vermuten, dass mit diesen Collectiones die handschriftlich breiter überlieferte Panor-
mia Ivos gemeint ist.145 Von der Panormia Ivos verzeichnet Lotte Kery auch ein Ex-
emplar aus dem 12. Jahrhundert im Benediktinerkloster Admont.146 Da es sich hier-
bei um den Codex 257 handelt, aus dem Gerhoch auch bereits das Privileg Urbans II.
über den Stand der Regularkanoniker für seine Autoritätenzitate entnahm,147 ist die
Wahrscheinlichkeit groß, dass Gerhoch seine Autoritätenzitate hier mit Auszügen
aus der Panormia Ivos bestückte. Zum Benediktinerkloster Admont, das von Hirsau
ausgehend reformiert und dem ab dem Jahre 1120 ein Benediktinerinnenkloster an-
geschlossen wurde, unterhielt Gerhoch gute Beziehungen.148 Zahlreiche Briefwech-
sel mit den Admonter Nonnen belegen nicht nur seine Tätigkeit als geistlicher Rat-
geber und wahrscheinlich Beichtvater,149 sondern auch die Tatsache, dass der
Reichersberger Propst sich regelmäßig in Admont aufhielt.150 Die reich bestückte
143 Siehe hierzu die ersten drei Autoritätenzitate auf fol. 23r, Teilband II, S. 70-72: Ivo von Chartres,
Panormia II, 7-9, Migne PL 161, Sp. 1084-1086. Ebenso die ersten beiden Autoritätenzitate auf fol.
23v, Teilband II, S. 76: Ivo von Chartres, Panormia II, 2-3, Migne PL 161, Sp. 1083. In umgekehrter
Reihenfolge auf fol. 50r, Teilband II, S. 124-126: Ivo von Chartres, Panormia III, 27-28, Migne PL
161, Sp. 1135-1136.
144 Ivo von Chartres zitiert auch die Pseudo-Urban-Dekretale über das gemeinschaftliche Leben der
Kleriker (siehe Autoritäten, Teilband II, S. 112-114 [fol. 44v]), allerdings ordnet er sie in den dritten
Teil seines Dekretes „De ecclesiis, et de rebus ecclesiasticis, et eorumdem reverentia et observa-
tione“ ein (Ivo von Chartres, Decretum III, 139, Migne PL 161, Sp. 229) und stellt sie daher eher
in den Kontext des Umgangs mit den kirchlichen Gütern, denn als konkrete Voraussetzung des
klerikalen Lebens. Vgl. Picasso, Monachesimo e canoniche, S. 142.
145 Ineichen-Eder, Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 4, 1,
S. 420 Z. 159-160. Vgl. Märtl, Regensburg, S. 172. Zur Verbreitung der Handschriften vgl. Kery,
Canoncial collections, S. 253-258.
146 Vgl. Kery, Canoncial collections, S. 254.
147 Siehe hierzu auch Kap. 3.1.
148 Wie bereits erwähnt, widmete Gerhoch Abt Gottfried von Admont 1147 seinen Liber contra duas
haereses. Vgl. Classen, Gerhoch, S. 349 (Regest 48). Außerdem vgl. Fichtenau, Studien, S. 42.
149 Vgl. Lutter, Geschlecht & Wissen, S. 58-59, S. 109-119; dies., Hof und Kloster, S. 45.
150 In einem Brief an die Admonter Nonnen entschuldigt sich Gerhoch für seine frühzeitige Abreise
aus Admont und legt den Nonnen auf ihre Bitte hin den Psalm 50, 6 (ut iustificeris in sermoni-
bus tuis) schriftlich aus: Jucundissimis vestris inquisitionibus non potui ad plenum satisfacere
coarctatus eundi festinatione. Quam tarnen festinationem forsitan Deus punivit, qui iter meum
aliquantulum impetivit et volentem a vobis festinare prope vos aliqudniu tenuit. Si ergo propter
vos vapulavi, quia forsitan plurimum a vobis festinando peccavi, spero mihi Deum per vos posse
placari, sipro nie orabitis: quod idipsum rogo utfaciatis, atque hoc scriptum in recompensationem
 
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