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Gerhohus; Becker, Julia [Editor]; Insley, Thomas [Transl.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0042
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2.4 Inhalt des Opusculum

41

In den Kapiteln 12-13 (Clm 5129, foll. 12r-v) entwickelt Gerhoch die zentrale
Forderung seiner Reformschrift, nämlich dass die apostolische Lebensweise für alle
Kleriker einzuführen und wie die Apostel zu befolgen sei.193 Alle Kleriker, die sich
nicht dieser Lebensweise anschließen würden - Gerhoch bezeichnet sie als clerici
proprietarii oder pseudoclerici und stellt sie auf eine Stufe mit Häretikern -, hätten
keine participatio in idipsum, keine Teilhabe an Gott.194 Die zentrale Bedeutung
dieser Aussage Gerhochs wird auf den Folia 12r-v (München, BSB, Clm 5129) auch
dadurch unterstrichen, dass das Ausmaß der Randglosse an dieser Stelle den absolu-
ten Höhepunkt in der gesamten Reformschrift erreicht und dem zeitgenössischen
Leser eindrücklich die Beweiskraft des Autoritätenzitates vor Augen führt (siehe
Abb. 3a-b).195 Gerhoch greift in dieser Randglosse auf das erste Kapitel der Regula
clericorum für das Stift Santa Maria in Porto bei Ravenna von Petrus Damiani (Pe-
trus de Honestis, um 1006-1072) von 1115/1116 zurück, die Papst Paschalis II. im
Jahr 1116 bestätigt hatte.196 Darin wird direkt zu Beginn festgelegt, dass „der Stand
der Kleriker an der Stelle der Leviten und Apostel stehe, die Lebensweise der Apo-
stel nachahmen und dem Eigenbesitz entsagen müsse.“197 Gerhoch zitiert an dieser
Stelle im Opusculum das gesamte erste Kapitel der Regula clericorum und in seinem
Commentarius in Psalmum LXIV zusätzlich zum ersten Kapitel noch die Kapitel
vier und fünf.198 In der Diözese Regensburg wurde die Regel von Santa Maria in
Porto durch Erzbischof Walther von Ravenna (1118-1144) bekannt, der zunächst
Augustiner-Chorherr in St. Mang bei Regensburg und dann Prior des italienischen
Stifts Santa Maria in Porto bei Ravenna war.199 Der Domkanoniker Gebhard von
Regensburg führte die Regel von Santa Maria in Porto schließlich in St. Mang in
Stadtamhof in der Diözese Regensburg ein.200 Ein vollständiges Exemplar dieser
Consuetudines besaß außerdem die Bibliothek des Kanonikerstiftes St. Nikola in
Passau im 12. Jahrhundert.201 Darüber, ob Gerhoch den Text dieser Regel in Passau
alteram atque alteram recitasse dicitur, quia non est nisi fides una. Gerhoch von Reichersberg, De
aedificio Dei, cap. 12, S. 172. Vgl. hierzu Rieger, Kirchenreform und Theologiekritik, S. 142.
193 Quia sicut unam et apostolicam fidem in populo, sic unam et apostolicam regulam in clero uoluit
obseruari. [...] nec clerum in regula uoluit a sanctis apostolis esse diuersum. Gerhoch von Rei-
chersberg, De aedificio Dei, cap. 13, S. 174.
194 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 13, S. 174-176.
195 Siehe Autoritäten, Teilband II, S. 34-44 (foll. 12r-v).
196 Migne PL 163, Sp. 703-707; Italia Pontificia 5, S. 96-97, Nr. 2.
197 Petrus Damiani (de Honestis), Regula clericorum, cap. 1, Migne PL 163, Sp. 703.
198 Gerhoch von Reichersberg, Commentarius in Psalmum LXIV, ed. Sackur, MGH Ldl 3, S. 475-478.
199 Vgl. Bosl, Regularkanoniker, S. 29; Weinfurter, Salzburger Bistumsreform, S. 272; Classen, Ger-
hoch, S. 70.
200 Papst Lucius II. bestätigte die Regel am 28. Dezember 1144 für St. Mang: Germania Pontificia 1,
S. 294, Nr. 2. Vgl. Weinfurter, Salzburger Bistumsreform, S. 272; Classen, Gerhoch, S. 70; ders.,
Gerhoch und die Regularkanoniker, S. 446.
201 Der Text dieser Handschrift, die sich heute in der BSB in München befindet (Clm 16103, foll. Ir-
48v), ist gedruckt in Vetus disciplina, ed. Amort, S. 340-382. Vgl. Boshof, Geschichte, S. 36; Bosl,
 
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