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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0011
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Einleitung des Herausgebers

Vorwort sagt Jaspers, dass er mit dem Buch mithelfen möchte, »das Bewußtsein der Ge-
genwart zu steigern«. Beispiele für die genannte Methode sind im vorliegenden Buch
die Verwendung alternativer, dichotomischer Wortpaare wie: demokratischer Sozia-
lismus - marxistischer Sozialismus, Weltordnung - Weltimperium, sinnvolle Planung -
Totalplanung, Glaube - Nihilismus, wissenschaftliche Haltung - Wissenschaftsaber-
glaube, Individuum - Masse, Ethos - Ideologie.10

2. Gliederung des Buches
Vom Ursprung und Ziel der Geschichte ist in drei Hauptkapitel gegliedert: in die Kapitel
»Weltgeschichte«, »Gegenwart und Zukunft« und »Vom Sinn der Geschichte«. Im ers-
ten Kapitel stellt Jaspers unter verschiedenen Gesichtspunkten sein Schema der Welt-
geschichte vor. Er teilt die Weltgeschichte in vier Hauptperioden ein:
(1) die Vorgeschichte, von der es zwar Funde (z.B. Knochen-, Werkzeugfunde), aber
keine schriftliche Überlieferung gibt;
(2) die Periode der alten Hochkulturen, wie sie in Ägypten, Babylonien, China, In-
dien und im Umkreis der Ägäis entstanden sind; sie haben bereits schriftliche Überlie-
ferungen hinterlassen;
(3) die Achsenzeit, in der unabhängig voneinander in verschiedenen Weltgegen-
den wichtige und bleibende kulturelle Errungenschaften der Menschheit hervorge-
bracht wurden;
(4) das wissenschaftlich-technische Zeitalter, das durch die Entwicklung der moder-
nen europäischen Wissenschaft und Technik entstanden ist. Dieses Zeitalter hat sich
im Weltmaßstab verbreitet und weiterentwickelt, es dauert bis in die Gegenwart an.
Neben der Achsenzeitthese, die in dieser Einleitung weiter unten ausführlicher dar-
gestellt wird, werden in diesem ersten Kapitel eine Reihe anderer philosophischer Ein-
sichten mehr oder weniger explizit formuliert, die Jaspers später in Die Atombombe und
die Zukunft des Menschen im Kontext einer politischen Philosophie noch differenzier-
ter ausgearbeitet hat. So etwa die Dichotomie zwischen einem totalitären Weltimpe-
rium und einer föderalistischen Weltordnung (vgl. in diesem Band, 184-188) sowie die

10 Reinhart Koselleck stellt zu dieser methodischen Eigenart von Jaspers fest: »Jaspers argumentiert
bis in seine tagespolitischen Analysen hinein grundsätzlich mit Alternativbegriffen und mit
Alternativprognosen, um Entscheidungslagen zu verdeutlichen und auch zu provozieren. [...] Es
ist offensichtlich, daß es sich nicht um Kategorienpaare handelt, die analytischen Anspruch er-
heben können, sondern um geschichtsphilosophische Begriffe mit handlungsanleitender Funk-
tion.« (R. Koselleck: »Jaspers, die Geschichte und das Überpolitische«, 297) Ob Koselleck bei der
Wortprägung seines eigenen Begriffs der »Sattelzeit«, die er für einen Paradigmenwechsel in der
Geschichtsbetrachtung zwischen 1750 und 1850 ansetzt, von Jaspers’ Wortprägung »Achsenzeit«
beeinflusst wurde, bleibt ein Forschungsdesiderat, das detaillierte biographische und begriffsge-
schichtliche Recherchen erfordert.
 
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