Einleitung des Herausgebers
XIX
ten« und Kulturen fördern. Kommunikation über alle partikularen Weltgrenzen hin-
weg und ein historisch fundiertes, gegenseitiges Verstehens- und Verständigungsbe-
mühen zwischen den Völkern stellen in Jaspers’ Augen eine unerlässliche Vorbedingung
dar, damit sich die Menschheit aus der universalen Grenz- und Krisensituation retten
kann, die durch das technische Zeitalter entstanden ist (u.a. durch die Erfindung der
Atombombe, die eine kollektive Selbstzerstörung der Menschheit möglich macht).
Dass der Begriff der Achsenzeit in der Weltgeschichte nicht unabhängig von der
Konzeption einer Weltgeschichte der Philosophie und der späten Jaspers’schen Idee
einer »Weltphilosophie« gesehen werden kann, ist in der Jaspers-Forschung mehrfach
betont worden.37 Der Umstand, dass Jaspers die zentralen Gedanken der Achsenzeit-
these auch in die 1953 publizierte Einführung in die Philosophie übernommen hat,38
spricht dafür, dass er dieser These im Gesamtkontext seiner Philosophie einen großen
Stellenwert beigemessen hat, d.h. auch in der späteren Vernunftphilosophie.39
6. Rezeptionsgeschichte
Was die allgemeine Rezeption dieses nun im Kontext der Karl-Jaspers-Gesamtausgabe
neu aufgelegten Buches betrifft, ist festzustellen, dass es nach der Veröffentlichung im
Jahr 1949 weder in der Geschichtswissenschaft noch in der Philosophie breiter disku-
tiert wurde. Ein Grund für die mangelnde Rezeption in der Geschichtswissenschaft
wird in der Vernachlässigung der Realgeschichte auf Kosten eines auf den subjektiven
Begriff der Geschichtlichkeit zentrierten existenzphilosophischen Zugangs zur Ge-
schichte gesehen.40
Dass dieses Buch dennoch in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen eine erhebli-
che Beachtung gefunden hat, liegt allein an der Achsenzeitthese. So wurde der Begriff
der Achsenzeit z.B. als Epochenbegriff in die Sinologie eingeführt.41 Auch in Untersu-
chungen zur Kultur- und Religionsgeschichte hat man diesen Begriff übernom-
37 Vgl. H. Saner: »Jaspers’ Idee einer kommenden Weltphilosophie«, in: Karl Jaspers Today. Philoso-
phy at the Threshold of the Future, hg. von L. H. Ehrlich und R. Wisser, Washington, D.C. 1988, 75-
92, 84-85; A. Cesana: »Jaspers’ Projekt >Weltphilosophie<: Paradigma interkultureller Kommu-
nikation?«, in: Karl Jaspers' Philosophie: Gegenwärtigkeit und Zukunft, hg. von L. H. Ehrlich und
R. Wisser, Würzburg 2003,223-232,226-227.
38 Das dortige 9. Kapitel »Die Geschichte der Menschheit« (75-84) hat viele wortgleiche Passagen
aus dem 1. Kapitel »Die Achsenzeit« des vorliegenden Buches, worauf Jaspers selber in einer An-
merkung hingewiesen hat (vgl. K. Jaspers: Einführung in die Philosophie, 75).
39 Nach 1950 wollte Jaspers seine Philosophie nicht mehr als Existenzphilosophie verstanden wis-
sen, sondern als eine Philosophie der Vernunft (vgl. K. Jaspers: Vernunft und Widervernunft in
unserer Zeit, 50).
40 Vgl. W. Schneiders: Karl Jaspers in der Kritik, Bonn 1965,118-127.
41 Vgl. etwa C. Harbsmeier: »Axial Millenium in China: A Brief Survey«, in: J. P. Arnason u.a. (Hg.): Axial
Civilisations and WorldHistory, Leiden 2005, 451-467; H. Roetz: Konfuzius, München 32oo6, 43.
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ten« und Kulturen fördern. Kommunikation über alle partikularen Weltgrenzen hin-
weg und ein historisch fundiertes, gegenseitiges Verstehens- und Verständigungsbe-
mühen zwischen den Völkern stellen in Jaspers’ Augen eine unerlässliche Vorbedingung
dar, damit sich die Menschheit aus der universalen Grenz- und Krisensituation retten
kann, die durch das technische Zeitalter entstanden ist (u.a. durch die Erfindung der
Atombombe, die eine kollektive Selbstzerstörung der Menschheit möglich macht).
Dass der Begriff der Achsenzeit in der Weltgeschichte nicht unabhängig von der
Konzeption einer Weltgeschichte der Philosophie und der späten Jaspers’schen Idee
einer »Weltphilosophie« gesehen werden kann, ist in der Jaspers-Forschung mehrfach
betont worden.37 Der Umstand, dass Jaspers die zentralen Gedanken der Achsenzeit-
these auch in die 1953 publizierte Einführung in die Philosophie übernommen hat,38
spricht dafür, dass er dieser These im Gesamtkontext seiner Philosophie einen großen
Stellenwert beigemessen hat, d.h. auch in der späteren Vernunftphilosophie.39
6. Rezeptionsgeschichte
Was die allgemeine Rezeption dieses nun im Kontext der Karl-Jaspers-Gesamtausgabe
neu aufgelegten Buches betrifft, ist festzustellen, dass es nach der Veröffentlichung im
Jahr 1949 weder in der Geschichtswissenschaft noch in der Philosophie breiter disku-
tiert wurde. Ein Grund für die mangelnde Rezeption in der Geschichtswissenschaft
wird in der Vernachlässigung der Realgeschichte auf Kosten eines auf den subjektiven
Begriff der Geschichtlichkeit zentrierten existenzphilosophischen Zugangs zur Ge-
schichte gesehen.40
Dass dieses Buch dennoch in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen eine erhebli-
che Beachtung gefunden hat, liegt allein an der Achsenzeitthese. So wurde der Begriff
der Achsenzeit z.B. als Epochenbegriff in die Sinologie eingeführt.41 Auch in Untersu-
chungen zur Kultur- und Religionsgeschichte hat man diesen Begriff übernom-
37 Vgl. H. Saner: »Jaspers’ Idee einer kommenden Weltphilosophie«, in: Karl Jaspers Today. Philoso-
phy at the Threshold of the Future, hg. von L. H. Ehrlich und R. Wisser, Washington, D.C. 1988, 75-
92, 84-85; A. Cesana: »Jaspers’ Projekt >Weltphilosophie<: Paradigma interkultureller Kommu-
nikation?«, in: Karl Jaspers' Philosophie: Gegenwärtigkeit und Zukunft, hg. von L. H. Ehrlich und
R. Wisser, Würzburg 2003,223-232,226-227.
38 Das dortige 9. Kapitel »Die Geschichte der Menschheit« (75-84) hat viele wortgleiche Passagen
aus dem 1. Kapitel »Die Achsenzeit« des vorliegenden Buches, worauf Jaspers selber in einer An-
merkung hingewiesen hat (vgl. K. Jaspers: Einführung in die Philosophie, 75).
39 Nach 1950 wollte Jaspers seine Philosophie nicht mehr als Existenzphilosophie verstanden wis-
sen, sondern als eine Philosophie der Vernunft (vgl. K. Jaspers: Vernunft und Widervernunft in
unserer Zeit, 50).
40 Vgl. W. Schneiders: Karl Jaspers in der Kritik, Bonn 1965,118-127.
41 Vgl. etwa C. Harbsmeier: »Axial Millenium in China: A Brief Survey«, in: J. P. Arnason u.a. (Hg.): Axial
Civilisations and WorldHistory, Leiden 2005, 451-467; H. Roetz: Konfuzius, München 32oo6, 43.