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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0023
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XXII

Einleitung des Herausgebers

(Propheten, Philosophen, Weise) erschüttert? Lösten diese neuen Eliten mit dem Ent-
wurf von neuen, stärker individualistisch und diesseitig orientierten Sinnkonzepten äl-
tere Eliten ab, die bisher als die Spezialisten für das Magische, Rituelle und Heilige galten?
Im Kontext von kulturwissenschaftlichen Erörterungen der Achsenzeitthese wur-
den darüber hinaus auch folgende Probleme diskutiert: Ist das Modell der »Axialität«,
das Jaspers für die Periode zwischen 800 und 200 v. Chr. entworfen hat, auch auf spä-
tere Perioden in der Geschichte übertragbar?47 Gibt es strukturelle Parallelen zwischen
der Entstehung der Achsenzeitkulturen und der Entstehung der beiden später in die
Weltgeschichte eingetretenen Religionen, des Christentums und dem Islam? Sind
solche Parallelen vielleicht auch hinsichtlich des Anbruchs der wissenschaftlich-tech-
nischen Zivilisation der Moderne nachweisbar? Lassen sich Strategien zur Herstellung
kollektiver Identitäten und zur Rechtfertigung politischer Macht in den jeweiligen Kul-
turen miteinander vergleichen? Liegt in der Achsenzeit aufgrund der darin erfolgten
Unterscheidung zwischen geistiger und gesellschaftlicher Macht nicht auch die Wur-
zel für die ideologische Rechtfertigung von irdischer Macht und damit auch für die
Ideologisierung von Politik? Was verdankt der in der Gegenwart lebende Mensch die-
sem frühen Zeitalter in der Menschheitsentwicklung? Gibt es schon in der Achsenzeit
kulturelle Ansätze, die in einer globalisierten Welt zu einem Paradigmenwechsel in der
Geschichtsbetrachtung und zu einem besseren Verständnis anderer Kulturen beitra-
gen könnten? Für die Untersuchung derartiger Fragestellungen in der vergleichenden
Kulturtheorie, Zivilisationstheorie, historischen Soziologie und Religionswissenschaft
bildet Jaspers’ Achsenzeitthese weiterhin eine fruchtbare Inspirationsquelle.
Für die Verwirklichung dieses Editionsprojekts war nicht nur meine jahrzehntelange Be-
schäftigung mit dem vielseitigen Werk von Jaspers maßgeblich, sondern auch die Un-
terstützung durch folgende Personen, denen ich großen Dank schulde: Hans Saner und
An ton Hügli für viele fruchtbare Diskussionen über Grund Strukturen von Jaspers’ Den-
ken, Dominic Kaegi, Bernd Weidmann und Dirk Fonfara für wichtige Informationen
aus dem Jaspers-Archiv im DLA, sowie Michael Matzer und Thomas Harb für Literatur-
recherchen und Literaturbeschaffung. Mein besonderer Dank gilt auch Angela Zoller für
die kompetente und sorgfältige Betreuung des Bandes im Lektorat des Schwabe Verlags.

47 Vgl. zu dieser und zu den weiteren Fragen: Kulturen der Achsenzeit: Ihre Ursprünge und ihre Vielfalt,
Teil I: Griechenland, Israel, Mesopotamien, und Teil II: Spätantike, Indien, China, Islam, hg. von
S. N. Eisenstadt, übersetzt von R. Achlama u. G. Schallt, Frankfurt a.M. 1987; S. N. Eisenstadt: Die
Antinomien der Moderne, übersetzt und mit einem Nachwort von G. Stauth, Frankfurt a.M. 1998,
7-42. Ein Standardwerk zur Achsenzeitdiskussion stellt das Sammelwerk von R. N. Bellah und
H. Joas (Hg.): The Axial Age and its Consequences, Cambridge, MA, 2012, dar. Dieser umfangreiche
Band ist mit der Widmung »to the memory of Karl Jaspers« versehen und gibt zum Teil Ergebnisse
wieder, die 2008 bei einem Symposium über »The Axial Age and its Consequences for Subsequent
History and the Present« am Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien
an der Universität Erfurt erarbeitet wurden.
 
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