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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
nur Plattheiten sieht und sie nach Analogie der Naturgeschichte betreibt. Aber fast alle
Antworten sind Hypothesen.
Die in die unergründlichen Tiefen der Zeit versinkende Vorgeschichte hat, bei dem
Mangel an Wissen, für uns den Aspekt der Ruhe, der Ferne, der unerfaßlichen tiefen
Bedeutung. Sobald der Blick dahin gefallen ist, wirkt sie mit einer Anziehungskraft,
die Außerordentliches zu versprechen scheint. Es geht ein Zauber von der Vorge-
schichte aus, dem wir uns nie entziehen können, wenn wir auch noch so oft ent-
täuscht sind.
1) Wir sehen, wie Menschen, von Anbeginn der Geschichte an, sich zur Vorge-
schichte verhielten, zu wissen meinten in Mythen und Bildern, auf sie in ihrem Leben
sich bezogen, vergangenes Paradies, ungeheure Krisen - wie die babylonische Sprach-
verwirrung -, goldenes Zeitalter und Katastrophen in ihr fanden, Natürliches und
Übersinnliches miteinander mischten, Götter auf Erden wandeln, Eingebungen und
Unterricht von seifen höherer Wesen stattfinden ließen. Kein irgendwie haltbares Wis-
sen von längst Vergangenem, keine reale Überlieferung vermögen wir nachträglich aus
solchen Mythen herauszuschälen. Aber sie alle im Ganzen geben das großartige Bild
von der Notwendigkeit, daß der Mensch sich, wie auch immer, auf seinen Grund in
der Tiefe der vorgeschichtlichen Zeit bezieht.
2) Wir heute suchen zu erforschen, was wißbar ist. Wir können in bescheidenem
Umfang feststellen, was der Mensch im Beginn der Geschichte schon besitzt, was also
in der Vorgeschichte geworden und erworben sein muß: die Sprache, Werkzeuge,
Mythen, gesellschaftliche Ordnungen. Von der Vorgeschichte selbst können wir direkt
nur wissen von außen, soweit Funde von vorgeschichtlichen Menschen (Knochen-
reste) und seinen Artefakten im Erdboden gelingen. Diese Funde sind bis heute quan-
titativ sehr zahlreich, aber dem Gehalte nach dürftig: durch sie gewinnen wir gar keine
oder nur sehr verschwommene Vorstellungen von Seele, innerer Haltung, Glauben,
geistiger Bewegung solcher Menschen. Selbst Gräber, Bauten, Schmuckstücke, die be-
rühmten Höhlenmalereien bringen uns nur jeweils ein Detail zu leibhaftiger Gegen-
54 wart, aber wir verstehen es nicht in | seiner Welt, die wir im Ganzen nicht vergegen-
wärtigen können. Nur rohe Zweckhaftigkeiten der Werkzeuge sind eindeutig zu
erkennen, alles andere nicht. Wir hören darum von den Prähistorikern viel Hypothe-
tisches. Sie deuten. Aber aus diesen Deutungen geht kaum je etwas Zwingendes her-
vor, nie wird ein entschwundener Gehalt uns gegenwärtig wie aus den sprachlichen
Dokumenten der Geschichte. Es ist daher ein kluger Grundsatz für Historiker, die sich
an Anschaulichkeit, Verstehbares, Gestaltetes halten möchten, sich nicht zu viel mit
den Anfängen zu beschäftigen. Es ist zwar keineswegs nichts, was wir von der Vorge-
schichte wissen, aber es ist in den leeren Zeiten und Räumen eine Mannigfaltigkeit des
Faktischen, das in seinem Sinn sehr arm bleibt.
Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
nur Plattheiten sieht und sie nach Analogie der Naturgeschichte betreibt. Aber fast alle
Antworten sind Hypothesen.
Die in die unergründlichen Tiefen der Zeit versinkende Vorgeschichte hat, bei dem
Mangel an Wissen, für uns den Aspekt der Ruhe, der Ferne, der unerfaßlichen tiefen
Bedeutung. Sobald der Blick dahin gefallen ist, wirkt sie mit einer Anziehungskraft,
die Außerordentliches zu versprechen scheint. Es geht ein Zauber von der Vorge-
schichte aus, dem wir uns nie entziehen können, wenn wir auch noch so oft ent-
täuscht sind.
1) Wir sehen, wie Menschen, von Anbeginn der Geschichte an, sich zur Vorge-
schichte verhielten, zu wissen meinten in Mythen und Bildern, auf sie in ihrem Leben
sich bezogen, vergangenes Paradies, ungeheure Krisen - wie die babylonische Sprach-
verwirrung -, goldenes Zeitalter und Katastrophen in ihr fanden, Natürliches und
Übersinnliches miteinander mischten, Götter auf Erden wandeln, Eingebungen und
Unterricht von seifen höherer Wesen stattfinden ließen. Kein irgendwie haltbares Wis-
sen von längst Vergangenem, keine reale Überlieferung vermögen wir nachträglich aus
solchen Mythen herauszuschälen. Aber sie alle im Ganzen geben das großartige Bild
von der Notwendigkeit, daß der Mensch sich, wie auch immer, auf seinen Grund in
der Tiefe der vorgeschichtlichen Zeit bezieht.
2) Wir heute suchen zu erforschen, was wißbar ist. Wir können in bescheidenem
Umfang feststellen, was der Mensch im Beginn der Geschichte schon besitzt, was also
in der Vorgeschichte geworden und erworben sein muß: die Sprache, Werkzeuge,
Mythen, gesellschaftliche Ordnungen. Von der Vorgeschichte selbst können wir direkt
nur wissen von außen, soweit Funde von vorgeschichtlichen Menschen (Knochen-
reste) und seinen Artefakten im Erdboden gelingen. Diese Funde sind bis heute quan-
titativ sehr zahlreich, aber dem Gehalte nach dürftig: durch sie gewinnen wir gar keine
oder nur sehr verschwommene Vorstellungen von Seele, innerer Haltung, Glauben,
geistiger Bewegung solcher Menschen. Selbst Gräber, Bauten, Schmuckstücke, die be-
rühmten Höhlenmalereien bringen uns nur jeweils ein Detail zu leibhaftiger Gegen-
54 wart, aber wir verstehen es nicht in | seiner Welt, die wir im Ganzen nicht vergegen-
wärtigen können. Nur rohe Zweckhaftigkeiten der Werkzeuge sind eindeutig zu
erkennen, alles andere nicht. Wir hören darum von den Prähistorikern viel Hypothe-
tisches. Sie deuten. Aber aus diesen Deutungen geht kaum je etwas Zwingendes her-
vor, nie wird ein entschwundener Gehalt uns gegenwärtig wie aus den sprachlichen
Dokumenten der Geschichte. Es ist daher ein kluger Grundsatz für Historiker, die sich
an Anschaulichkeit, Verstehbares, Gestaltetes halten möchten, sich nicht zu viel mit
den Anfängen zu beschäftigen. Es ist zwar keineswegs nichts, was wir von der Vorge-
schichte wissen, aber es ist in den leeren Zeiten und Räumen eine Mannigfaltigkeit des
Faktischen, das in seinem Sinn sehr arm bleibt.