Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
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Die Vergegenwärtigung der Vorgeschichte bringt uns keine befriedigende positive
Erkenntnis. Die Klarheit von Tatsachen zeigt uns das Bestehen der Vorgeschichte. Aber
auf die Frage nach dem Menschsein, das wir sind, gibt das Wissen von der Vorge-
schichte keine zureichende Antwort.
3) Ein ganz anderer Weg des Eindringens in die Vorgeschichte geschieht aus dem
geistigen Bestand des Menschen vom Anfang der Geschichte bis in spätere Zeiten
und zu uns selber, der als Erhaltung von Vorgeschichtlichem in unbewußter Über-
lieferung verstanden wird. Hier werden in schöpferischen Visionen Ureinsichten in
Grundzüge des Menschseins versucht. Dann wird mit ihnen auch wie mit Hypothe-
sen operiert und gesehen, wie weit durch sie faktische Überlieferung und faktisches
Geschehen in der Geschichte begreifbar wird. Aber das Wesen dieser Einsichten ist
doch das Offenbarmachen unverlierbarer Gehalte, so daß selbst bei empirischer Un-
nachweislichkeit etwas bleibt. Bachofens27 Visionen sind das größte Beispiel. Wir ler-
nen durch ihn sehen. Es ist gar keine Dürftigkeit. Aber es ist auch keine bewiesene
Einsicht in nun etwa faktisch erschlossene Vorgeschichte. Es ist nur ein weiter Raum
anschaulicher und bedeutender Möglichkeiten von Lebensgestalten und Gehalten
eröffnet, und zwar nicht durch archäologische Funde, auch nicht durch positivisti-
sche Konstruktion, sondern durch schauendes Verstehen geschichtlich vorliegen-
den Verhaltens, der Sitten und Gebräuche, der Symbole und Denkungsarten der
Menschen. -
| Alle diese Weisen des Verhaltens zur Vorgeschichte zu versuchen, steigert das Be- 55
wußtsein von den ungeheuren Möglichkeiten, die in der Vorgeschichte liegen: hier ist
etwas geschehen, was alle spätere Geschichte durch Prägung des Menschen schon vor-
her gleichsam entscheidet.
c. Zeitliches Schema der Vorgeschichte
In bezug auf die Knochenreste von Menschen scheinen zwei Tatbestände wesentlich:
1) Die Knochenfunde in Java, China, Afrika, Europa - bisher nicht Amerika - sind
nicht zu ordnen in eine reale genealogische Folge der Entstehung der Menschenge-
stalt: alle solche Ordnungen sind erdachte ideale Anordnungen des für uns an sich
noch Zusammenhangslosen (nach dem Prinzip: nur aus Abstammung und Entwick-
lung kann diese Mannigfaltigkeit gedacht und begriffen werden).
2) Alle, auch die nach der geologischen Schicht ältesten Funde dieser Art zeigen
den Schädel mit einem Gehirngewicht, das dem heutigen Durchschnitt nahe kommt -
und das um mehr als das doppelte absteht von den höchsten sogenannten Menschen-
affen. Es sind also biologisch immer schon Menschen. Einzelne Züge: das fehlende
Kinn, die supraorbitalen Wülste, Flachheit der Stirn - sind nicht allgemein. Man weiß
nirgends, was Rasse, Nebenzweig, was Vorfahre ist, kennt den realen genealogischen
Zusammenhang mit den heutigen Menschen nicht.
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Die Vergegenwärtigung der Vorgeschichte bringt uns keine befriedigende positive
Erkenntnis. Die Klarheit von Tatsachen zeigt uns das Bestehen der Vorgeschichte. Aber
auf die Frage nach dem Menschsein, das wir sind, gibt das Wissen von der Vorge-
schichte keine zureichende Antwort.
3) Ein ganz anderer Weg des Eindringens in die Vorgeschichte geschieht aus dem
geistigen Bestand des Menschen vom Anfang der Geschichte bis in spätere Zeiten
und zu uns selber, der als Erhaltung von Vorgeschichtlichem in unbewußter Über-
lieferung verstanden wird. Hier werden in schöpferischen Visionen Ureinsichten in
Grundzüge des Menschseins versucht. Dann wird mit ihnen auch wie mit Hypothe-
sen operiert und gesehen, wie weit durch sie faktische Überlieferung und faktisches
Geschehen in der Geschichte begreifbar wird. Aber das Wesen dieser Einsichten ist
doch das Offenbarmachen unverlierbarer Gehalte, so daß selbst bei empirischer Un-
nachweislichkeit etwas bleibt. Bachofens27 Visionen sind das größte Beispiel. Wir ler-
nen durch ihn sehen. Es ist gar keine Dürftigkeit. Aber es ist auch keine bewiesene
Einsicht in nun etwa faktisch erschlossene Vorgeschichte. Es ist nur ein weiter Raum
anschaulicher und bedeutender Möglichkeiten von Lebensgestalten und Gehalten
eröffnet, und zwar nicht durch archäologische Funde, auch nicht durch positivisti-
sche Konstruktion, sondern durch schauendes Verstehen geschichtlich vorliegen-
den Verhaltens, der Sitten und Gebräuche, der Symbole und Denkungsarten der
Menschen. -
| Alle diese Weisen des Verhaltens zur Vorgeschichte zu versuchen, steigert das Be- 55
wußtsein von den ungeheuren Möglichkeiten, die in der Vorgeschichte liegen: hier ist
etwas geschehen, was alle spätere Geschichte durch Prägung des Menschen schon vor-
her gleichsam entscheidet.
c. Zeitliches Schema der Vorgeschichte
In bezug auf die Knochenreste von Menschen scheinen zwei Tatbestände wesentlich:
1) Die Knochenfunde in Java, China, Afrika, Europa - bisher nicht Amerika - sind
nicht zu ordnen in eine reale genealogische Folge der Entstehung der Menschenge-
stalt: alle solche Ordnungen sind erdachte ideale Anordnungen des für uns an sich
noch Zusammenhangslosen (nach dem Prinzip: nur aus Abstammung und Entwick-
lung kann diese Mannigfaltigkeit gedacht und begriffen werden).
2) Alle, auch die nach der geologischen Schicht ältesten Funde dieser Art zeigen
den Schädel mit einem Gehirngewicht, das dem heutigen Durchschnitt nahe kommt -
und das um mehr als das doppelte absteht von den höchsten sogenannten Menschen-
affen. Es sind also biologisch immer schon Menschen. Einzelne Züge: das fehlende
Kinn, die supraorbitalen Wülste, Flachheit der Stirn - sind nicht allgemein. Man weiß
nirgends, was Rasse, Nebenzweig, was Vorfahre ist, kennt den realen genealogischen
Zusammenhang mit den heutigen Menschen nicht.