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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0082
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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte

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aber gab es von jeher. Die Mischung zwischen Weißen und Gelben ging in Indien so
weit, daß reine Abkömmlinge der einst eingewanderten Weißen kaum noch vorkom-
men. Im Altertum waren Mischlinge zwischen Weißen und Negern selten, in den letz-
ten drei Jahrhunderten häufiger. Die Mischung zwischen Weißen und Indianern
führte zu einer zahlreichen Bevölkerung.
Reine Rassen sind immer nur Idealtypen. Die Existenz fester geschlossener, unver-
änderlicher, unvermischter Rassen zu irgendeinem Zeitpunkt ist als Wirklichkeit nicht
erwiesen, sondern eine Grenzvorstellung. Sie macht die Voraussetzung isolierter rei-
ner Rassen. Übrigens scheint die Vorgeschichte von Rassen zu zeugen, die es heute
nicht mehr gibt. Sie zeigt nicht die eine Urrasse, aus der alle sich entwickelt hätten,
zeigt auch nicht mehrere elementare Urrassen, welche in ihrer Verschiedenheit ein
handgreiflicher Ausgangspunkt der gesamten Entfaltung des Menschen wären. Wir
blicken in ein bewegtes Meer von Gestalten, in denen scharfe Grenzen nur vorder-
gründlich, nur scheinbar bestehen, für einen Augenblick, nicht für immer und abso-
lut. Wie | es aber eigentlich mit der Herkunft und Bewegung des Menschen in der un- 63
ermeßlichen Vorgeschichte war, weiß niemand, und wird wohl niemals wißbar sein.
2. Geschichtlicher Erwerb
Keine Kunde haben wir von geschichtlichen Schöpfungsaugenblicken, keine vom Gang
des Werdens in geistigen Schritten, sondern nur vom Ergebnis. Man muß erschließen
aus diesen Ergebnissen. Man fragt nach dem Wesentlichen, das in der Vorgeschichte
den Menschen zum Menschen in seiner Welt, die er hervorbringt, werden ließ, was er
in der Situation der Gefahr, im Kampf aus Angst und Mut an Erfindung vollzog, wie die
Beziehung der Geschlechter Gestalt gewann, wie das Verhalten zu Geburt und Tod, zur
Mutter und zum Vater. Vielleicht gehört zum Wesentlichen das Folgende:
1) Der Feuer- und Werkzeuggebrauch. Ein Lebewesen ohne beides erschiene uns kaum
als Mensch.
2) Die Sprachbildung. Der radikale Unterschied zur tierischen Verständigung durch
unabsichtlichen Ausdruck ist der allein dem Menschen in der Sprache bewußt wer-
dende und mitteilbare gemeinte Sinn des Gegenständlichen, in bezug auf das gedacht
und gesprochen wird.
3) Die Weisen der prägenden Selbstvergewaltigung des Menschen, z. B. durch die Tabus.
Die Natur des Menschen ist es, nicht nur Natur sein zu können, sondern durch Kunst
sich hervorzubringen. Die Natur des Menschen ist seine Künstlichkeit.
4) Die Gruppen- und Gemeinschaftsbildung. Gegenüber den instinktautomatischen
Insektenstaaten ist menschliche Gemeinschaft etwas in der Wurzel anderes. Gegen-
über der Gruppenbildung und den Über- und Unterordnungsverhältnissen bei höhe-
ren Tieren ist menschliche Gemeinschaft in bewußtem Sinn gegründet.
Beim Menschen scheint dazu ein ihm allein eigentümliches Phänomen das sozi-
ale Leben bis zur Staatsbildung hin zu begründen: die Überwindung der geschlechtli-
 
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