Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
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Die Arbeit ist körperlich und geistig. Die geistige Arbeit ist das Schwerere. Das Ein-
geübte, nun fast bewußtlos Vollziehbare ist unendlich viel leichter. Wir flüchten aus
der schaffenden Arbeit gern in die automatische, aus der geistigen in die körperliche.
An Tagen, an denen etwa dem Gelehrten die Forschung nicht gelingt, reicht es noch
für Gutachten.
Drittens: Arbeit ist ein Grundverhalten des Menschseins. Sie verwandelt die von Natur
vorhandene Welt in eine menschliche Welt. Das ist der radikale Unterschied vom Tier.
Die Gestalt der jeweiligen Umwelttotalität des Menschen ist die durch gemeinschaft-
liche Arbeit unabsichtlich und absichtlich hervorgebrachte Welt. Die Welt des Men-
schen, der Gesamtzustand, in dem er | lebt, erwächst der gemeinschaftlichen Arbeit. 140
Diese fordert daher jederzeit Arbeitsteilung und Arbeitsorganisation:
Arbeitsteilung: Nicht jeder kann alles. Es bedarf besonderer Geschicklichkeiten. Wer
in einer Spezialität geübt ist, kann bessere und mehr Güter dieser Art herstellen als der
Ungeübte. Ferner hat nicht jeder Mittel und Material für alle Arbeit. So wird Arbeit in
der Gemeinschaft alsbald zur Arbeitsteilung führen, weil die Arbeit notwendig vielfa-
cher Art ist.
Je nach der Art der Arbeit unterscheiden sich arbeitende Stände. Sie sind unterschie-
den nach der Art ihrer menschlichen Bildung, Ihrer Sitten, ihrer Gesinnung und Ehre:
Bauern, Handwerker, Kaufleute usw. Es findet eine Bindung an die Arbeitsart statt.
Arbeitsorganisation: Wo Arbeitsteilung ist, da bedarf es der Zusammenarbeit. Ich kann
meine besondere Arbeit sinnvoll nur leisten, wenn ich Mitarbeiter in einer Gesellschaft
gegenseitiger Leistungen bin. Arbeit hat ihren Sinn in einer Arbeitsorganisation.
Diese entwickelt sich zum Teil ohne Plan von selbst durch den Markt, zum Teil plan-
mäßig durch Verteilung der Arbeit. Die Gesellschaft ist wesentlich charakterisiert da-
durch, ob sie im Ganzen durch Plan oder durch freien Markt organisiert wird.
Da die Erzeugnisse bei Arbeitsteilung aus unmittelbarem Gebrauchsgut zu Waren
werden, müssen sie getauscht, auf den Markt gebracht oder verteilt werden. Dabei wird
der Maßstab eines abstrakten Wertes überhaupt notwendig. Er heißt das Geld. Der
Wert der Ware in Geld entwickelt sich entweder frei durch die Vorgänge des Marktes,
oder befohlen durch planmäßige Festsetzung.
Es liegt heute auf der Hand, daß von der Art der Arbeit und ihrer Verteilung die Ge-
sellschaftsstruktur und das menschliche Dasein bis in alle Ausläufer bestimmt wird. He-
gel hat es schon gesehen, Marx und Engels haben es in epochalen Einsichten ausgebreitet.
Es ist Sache besonderer historisch-soziologischer Untersuchung, wieweit dieser Zu-
sammenhang besteht, und wieweit er durch andere - etwa religiöse und politische -
Ursachen in seiner Bedeutung mitbedingt oder eingeschränkt wird.
Die Steigerung dieses Zusammenhangs zu einer monokausalen Auffassung der
menschlichen Geschichte ist sicher falsch. Daß | aber diese Auffassung seit Marx und 141
Engels versucht wurde, beruht darauf, daß in unserem Zeitalter dieser Zusammenhang
eine sehr große, darum mehr als je fühlbare Bedeutung gewonnen hat. -
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Die Arbeit ist körperlich und geistig. Die geistige Arbeit ist das Schwerere. Das Ein-
geübte, nun fast bewußtlos Vollziehbare ist unendlich viel leichter. Wir flüchten aus
der schaffenden Arbeit gern in die automatische, aus der geistigen in die körperliche.
An Tagen, an denen etwa dem Gelehrten die Forschung nicht gelingt, reicht es noch
für Gutachten.
Drittens: Arbeit ist ein Grundverhalten des Menschseins. Sie verwandelt die von Natur
vorhandene Welt in eine menschliche Welt. Das ist der radikale Unterschied vom Tier.
Die Gestalt der jeweiligen Umwelttotalität des Menschen ist die durch gemeinschaft-
liche Arbeit unabsichtlich und absichtlich hervorgebrachte Welt. Die Welt des Men-
schen, der Gesamtzustand, in dem er | lebt, erwächst der gemeinschaftlichen Arbeit. 140
Diese fordert daher jederzeit Arbeitsteilung und Arbeitsorganisation:
Arbeitsteilung: Nicht jeder kann alles. Es bedarf besonderer Geschicklichkeiten. Wer
in einer Spezialität geübt ist, kann bessere und mehr Güter dieser Art herstellen als der
Ungeübte. Ferner hat nicht jeder Mittel und Material für alle Arbeit. So wird Arbeit in
der Gemeinschaft alsbald zur Arbeitsteilung führen, weil die Arbeit notwendig vielfa-
cher Art ist.
Je nach der Art der Arbeit unterscheiden sich arbeitende Stände. Sie sind unterschie-
den nach der Art ihrer menschlichen Bildung, Ihrer Sitten, ihrer Gesinnung und Ehre:
Bauern, Handwerker, Kaufleute usw. Es findet eine Bindung an die Arbeitsart statt.
Arbeitsorganisation: Wo Arbeitsteilung ist, da bedarf es der Zusammenarbeit. Ich kann
meine besondere Arbeit sinnvoll nur leisten, wenn ich Mitarbeiter in einer Gesellschaft
gegenseitiger Leistungen bin. Arbeit hat ihren Sinn in einer Arbeitsorganisation.
Diese entwickelt sich zum Teil ohne Plan von selbst durch den Markt, zum Teil plan-
mäßig durch Verteilung der Arbeit. Die Gesellschaft ist wesentlich charakterisiert da-
durch, ob sie im Ganzen durch Plan oder durch freien Markt organisiert wird.
Da die Erzeugnisse bei Arbeitsteilung aus unmittelbarem Gebrauchsgut zu Waren
werden, müssen sie getauscht, auf den Markt gebracht oder verteilt werden. Dabei wird
der Maßstab eines abstrakten Wertes überhaupt notwendig. Er heißt das Geld. Der
Wert der Ware in Geld entwickelt sich entweder frei durch die Vorgänge des Marktes,
oder befohlen durch planmäßige Festsetzung.
Es liegt heute auf der Hand, daß von der Art der Arbeit und ihrer Verteilung die Ge-
sellschaftsstruktur und das menschliche Dasein bis in alle Ausläufer bestimmt wird. He-
gel hat es schon gesehen, Marx und Engels haben es in epochalen Einsichten ausgebreitet.
Es ist Sache besonderer historisch-soziologischer Untersuchung, wieweit dieser Zu-
sammenhang besteht, und wieweit er durch andere - etwa religiöse und politische -
Ursachen in seiner Bedeutung mitbedingt oder eingeschränkt wird.
Die Steigerung dieses Zusammenhangs zu einer monokausalen Auffassung der
menschlichen Geschichte ist sicher falsch. Daß | aber diese Auffassung seit Marx und 141
Engels versucht wurde, beruht darauf, daß in unserem Zeitalter dieser Zusammenhang
eine sehr große, darum mehr als je fühlbare Bedeutung gewonnen hat. -