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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
Arbeitsteilung und Arbeitsorganisation treffen zwar wesentliche Strukturen unse-
res Daseins in unserer Gesellschaft. Aber für das Bewußtsein aller Arbeitenden ist doch
entscheidend, was gearbeitet wird, zu welchem Ziel, mit welchem Sinn, und wie die-
ses dem Arbeitenden in seinem Bewußtsein gegenwärtig wird. Bei der Erörterung die-
ser Fragen wird allzu selbstverständlich vorausgesetzt, es sei das System der menschli-
chen Bedürfnisse, Nahrung, Kleidung, Wohnung usw., das die Arbeit bestimme. Das
ist richtig, aber gar nicht erschöpfend.
Die Arbeitslust, soweit sie nicht einfach Funktionslust des Muskelgebrauchs oder
der Geschicklichkeit ist, ist bedingt durch das Bewußtsein, teilzunehmen am Hervor-
bringen unserer Umwelt. Der Arbeitende wird sich seiner selbst bewußt im Spiegel des
Hervorgebrachten. Seine Heiterkeit erwächst dem Mitleben in der gemeinsam geschaf-
fenen Daseinsform, dem Aufbau eines Bestehenden.
Aber in der Arbeit kann noch viel mehr liegen. Hegel56 spricht von dem »religiösen
Arbeiten, welches Werke der Andacht hervorbringt, die nicht zu einem endlichen
Zweck bestimmt sind ... Dies Arbeiten ist hier selbst Cultus ... das Arbeiten als reines
Hervorbringen und als perennierendes Arbeiten ist der Zweck für sich selbst und ist
somit nie fertig...« Diese Arbeit geht »von der bloß körperlichen Bewegung des Tanzes
bis zu den ungeheuren, kolossalen Bauwerken... alle diese Arbeiten fallen in die Sphäre
des Opfers ... die Tätigkeit überhaupt ist ein Aufgeben, aber nicht mehr eines nur äu-
ßerlichen Dinges, sondern der innerlichen Subjektivität... in jenem Produeieren ist
das Opfer geistiges Tun und die Anstrengung, die als Negation des besonderen Selbst-
bewußtseins den im Inneren und in der Vorstellung lebenden Zweck festhält und äu-
ßerlich für die Anschauung hervorbringt«. (15,248 ff).
Von Hegel ist damit hingewiesen auf Möglichkeiten des Arbeitssinnes, die heute
fast vergessen sind. Es ist oberflächlich, den Inhalt der Arbeit einzuteilen in die Befrie-
142 digung der vitalen | Daseinsbedürfnisse und des Euxus. Der Arbeitssinn reicht sehr viel
weiter. Was unter solchem Gesichtspunkt Euxus heißt - alle für die vitale Befriedigung
nicht unerläßlichen Formen und Güter - birgt in sich gerade das Wesentliche: wie und
als was der Mensch seine Welt hervorbringt, in der er sich und des Seins selber, der
Transzendenz und seines eigentlichen Wesens bewußt wird.
Soweit in Kürze über die Arbeit überhaupt. Nunmehr sehen wir wiederum zu, wel-
chen Einschnitt die moderne Technik bringt.
2. Die Arbeit nach dem Einschnitt der modernen Technik
1) Technik spart Arbeit, aber steigert zugleich die Arbeit. Technik geht auf Arbeitsersparnis.
Statt durch menschliche Muskeln soll durch die Maschinen gearbeitet werden, statt
durch immer wieder anstrengendes Nachdenken durch den Automatismus der Appa-
rate. Die einmalige große Erfinderleistung erspart die Anspannung von Muskeln und
Verstand. Bei der Verwirklichung dieser Technik ist die Grenze, daß doch immer wie-
der eine von Menschen zu leistende Arbeit bleibt, die technisch nicht ersetzbar ist, und
Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
Arbeitsteilung und Arbeitsorganisation treffen zwar wesentliche Strukturen unse-
res Daseins in unserer Gesellschaft. Aber für das Bewußtsein aller Arbeitenden ist doch
entscheidend, was gearbeitet wird, zu welchem Ziel, mit welchem Sinn, und wie die-
ses dem Arbeitenden in seinem Bewußtsein gegenwärtig wird. Bei der Erörterung die-
ser Fragen wird allzu selbstverständlich vorausgesetzt, es sei das System der menschli-
chen Bedürfnisse, Nahrung, Kleidung, Wohnung usw., das die Arbeit bestimme. Das
ist richtig, aber gar nicht erschöpfend.
Die Arbeitslust, soweit sie nicht einfach Funktionslust des Muskelgebrauchs oder
der Geschicklichkeit ist, ist bedingt durch das Bewußtsein, teilzunehmen am Hervor-
bringen unserer Umwelt. Der Arbeitende wird sich seiner selbst bewußt im Spiegel des
Hervorgebrachten. Seine Heiterkeit erwächst dem Mitleben in der gemeinsam geschaf-
fenen Daseinsform, dem Aufbau eines Bestehenden.
Aber in der Arbeit kann noch viel mehr liegen. Hegel56 spricht von dem »religiösen
Arbeiten, welches Werke der Andacht hervorbringt, die nicht zu einem endlichen
Zweck bestimmt sind ... Dies Arbeiten ist hier selbst Cultus ... das Arbeiten als reines
Hervorbringen und als perennierendes Arbeiten ist der Zweck für sich selbst und ist
somit nie fertig...« Diese Arbeit geht »von der bloß körperlichen Bewegung des Tanzes
bis zu den ungeheuren, kolossalen Bauwerken... alle diese Arbeiten fallen in die Sphäre
des Opfers ... die Tätigkeit überhaupt ist ein Aufgeben, aber nicht mehr eines nur äu-
ßerlichen Dinges, sondern der innerlichen Subjektivität... in jenem Produeieren ist
das Opfer geistiges Tun und die Anstrengung, die als Negation des besonderen Selbst-
bewußtseins den im Inneren und in der Vorstellung lebenden Zweck festhält und äu-
ßerlich für die Anschauung hervorbringt«. (15,248 ff).
Von Hegel ist damit hingewiesen auf Möglichkeiten des Arbeitssinnes, die heute
fast vergessen sind. Es ist oberflächlich, den Inhalt der Arbeit einzuteilen in die Befrie-
142 digung der vitalen | Daseinsbedürfnisse und des Euxus. Der Arbeitssinn reicht sehr viel
weiter. Was unter solchem Gesichtspunkt Euxus heißt - alle für die vitale Befriedigung
nicht unerläßlichen Formen und Güter - birgt in sich gerade das Wesentliche: wie und
als was der Mensch seine Welt hervorbringt, in der er sich und des Seins selber, der
Transzendenz und seines eigentlichen Wesens bewußt wird.
Soweit in Kürze über die Arbeit überhaupt. Nunmehr sehen wir wiederum zu, wel-
chen Einschnitt die moderne Technik bringt.
2. Die Arbeit nach dem Einschnitt der modernen Technik
1) Technik spart Arbeit, aber steigert zugleich die Arbeit. Technik geht auf Arbeitsersparnis.
Statt durch menschliche Muskeln soll durch die Maschinen gearbeitet werden, statt
durch immer wieder anstrengendes Nachdenken durch den Automatismus der Appa-
rate. Die einmalige große Erfinderleistung erspart die Anspannung von Muskeln und
Verstand. Bei der Verwirklichung dieser Technik ist die Grenze, daß doch immer wie-
der eine von Menschen zu leistende Arbeit bleibt, die technisch nicht ersetzbar ist, und