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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0144
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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte

III

Als solche Aufgaben sind bewußt geworden: die Veränderung der Arbeit in ihrer konkre-
ten Ausführung unter den bestimmten materiellen Arbeitsbedingungen, um sie mensch-
licher zu gestalten, - die Veränderung der Arbeitsorganisation, um die Weisen der Ein-
gliederung, der Über- und Unterordnung mit der Freiheit zu vereinigen, - die Veränderung
der Gesellschaft, um die Verteilung der Güter gerechter zu gestalten und die Geltung
jedes Menschen, sei es nach seiner Leistung, sei es als Mensch überhaupt, zu sichern.
Diese Fragen haben Gestalt gewonnen erst durch die Verwandlung der Arbeit und der
Lebensformen mit der Technik. Die Wertschätzung der modernen Arbeit ist unlösbar von
der Wertschätzung der modernen Technik. Die Last der Arbeit überhaupt wird durch die
moderne Technik zu neuer Schwere, aber vielleicht mit Chancen neuer Erfüllungen.
Wertschätzung der modernen Technik
Seit hundert Jahren wird die Technik verherrlicht oder verachtet oder mit Grauen ge-
sehen.
Im 19. Jahrhundert gab es den Schöpferdrang der Erfinder und gab es die Arbeiter,
die empört die Maschinen zerschlugen.
Im ersten Enthusiasmus liegt ein Sinn, der bis heute festgehalten und zuletzt von
Dessauer gedeutet wurde: die Idee der Gestaltung menschlicher Umwelt, vollzogen
durch das Erfindertum des Menschen, der als Ebenbild der Gottheit ewige Schöpfungs-
ideen entdecke und wie eine zweite Natur verwirkliche. Der »Geist der Technik« be-
deutet dann etwas, das gerade nicht nur Mittel, sondern umfassende Verwirklichung
der vorgegebenen rechten und wahren Umwelt des Menschen ist. Es | erwächst eine
eigenständige Welt. Die Technik ist nicht nur äußeres Dasein, sondern innerlich er-
fülltes geistiges Lebensgebiet. Dieser Begeisterung ist es unwahrscheinlich, »daß eine
weltverwandelnde Macht nichts als Mittelhaftigkeit mit erborgten Zielen sei«.
Wenn Dessauer die Wahrheit träfe, dann wäre heute eine radikal neue Umwelt als
die von Menschen Hervorgebrachte aus dem Geist der Technik selber im Entstehen. In
den gegenwärtigen Krisen der Einschmelzung des Alten hätte sie ihre Gestalt noch nicht
gefunden. Sie erscheint in Ansätzen, während das Ganze in diesem schöpferischen Über-
gang zunächst Anarchie und Ruin scheint. Es könnte in der Technik modernen Charak-
ters die Idee einer neuen Menschenumwelt liegen. Vielleicht geht die technische Ent-
faltung nicht ins Grenzenlose, sondern hat die Richtung auf einen Abschluß, der eine
neue Art von Vollendung als materieller Unterbau menschlichen Daseins sein würde.
Gegen diese Auffassungsweise steht die andere: Nicht Befreiung von der Natur
durch Herrschaft über die Natur ist der Weg der Technik, vielmehr die Zerstörung der
Natur und des Menschen selber. Ein unaufhaltsamer Gang des Tötens von Lebendi-
gem führt zum Ende einer totalen Zerstörung. Das Entsetzen, das große Menschen an-
gesichts der Technik von Anfang an gepackt hat, trifft visionär das Wahre.
Diesen beiden radikalen Positionen gegenüber gibt es eine dritte. Sie behauptet die
Neutralität der Technik. Technik ist an sich weder gut noch böse, aber zum Guten und

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