120
Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
kann sich der Mensch nicht mehr entziehen. Und gewiß ist, daß die Technik nicht nur
unabsehbare Chancen, sondern unabsehbare Gefahren bringt. Technik ist eine eigene
fortreißende Gewalt geworden. Der Mensch ist ihr zunächst verfallen, ohne zu mer-
ken, daß es und wie es geschieht. Und wer dürfte heute sagen, daß er es durchschaue!
160 Doch ist die Dämonie der Technik nur zu überwinden | auf dem Wege, sie zu durch-
schauen. Was an Unheil entspringt, wird seinerseits der Beherrschung vielleicht zu-
gänglich. Die Organisation des Marktes kann zum Beispiel in der Tat die Rettung in
vorübergehender Not sein und wieder übergehen in Freiheit des Marktes, statt zu en-
den in der Vernichtung, in der es nichts mehr zu verteilen gibt. Aber in jedem Plan
steckt doch wieder die Möglichkeit jener »Dämonie«, des Unvorausgesehenen. Tech-
nische Beherrschung des technischen Unheils kann es vermehren. Die absolute Tech-
nokratie ist ihrerseits eine Unmöglichkeit.
Die Aufgabe der Überwindung der Technik durch Technik selber für im Ganzen lös-
bar zu halten, das wird ein neuer Weg des Unheils. Der Fanatismus der beschränkten
Einsicht verlässt das technisch Mögliche in Gestalt vermeintlicher Technik. Aber die
Frage bleibt doch, wie der Mensch der Technik, die über ihn Herr geworden ist, seiner-
seits wieder gebietet. Das Schicksal des Menschen hängt an der Weise, wie er die Fol-
gen der Technik für sein Leben (von der Ordnung des jeweils zugänglichen Ganzen bis
zum persönlichen Verhalten in jeder Stunde) meistern wird.
346
tes grauenhaftes Phänomen von Kriegsfolgen, das fälschlich als naturnotwendig aus der Sache
der Technik begriffen wird.
Die beiden Entwürfe der Brüder Jünger haben entgegengesetzten Charakter nach der Stimmung
ihrer Abschätzung der Technik - aber sie sind sich gleich in der Denkungsart. Es ist wie eine Ana-
logie zum mythischen Denken: nicht Erkenntnis, sondern Bild, - nicht Analyse, sondern Entwurf
einer Vision, - aber im Medium moderner Denkkategorien, so daß der Leser meinen kann, mit ra-
tionaler Erkenntnis zu tun zu haben.
Daher das Einseitige und das Leidenschaftliche. Es wird nicht abgewogen, es werden keine Ge-
geninstanzen herangezogen außer in Auswahl, um mit ihrer Verwerfung das Podium der eigenen
Rede zu erhöhen.
Es ist keine Nüchternheit des Erkennens, sondern eine Ergriffenheit, die nicht überwunden ist,
weder in der Gebärde der exakt formulierenden Nüchternheit noch in der Stimmung von Kälte
diktatorischer Feststellungen und Wertungen. Es ist vor allem eine ästhetische Haltung, die aus
der Lust an dem geistigen Produkt lebt, und die in der Tat bei Ernst Jünger zu einem Schriftsteller-
tum ersten Ranges geführt hat.
In solchem Denken ist im Ernste eigentlich nichts wahr. Aber es ist verführend auf der Ebene
des bodenlos Modernen, auf der die Besonnenheit verloren, das methodische Erkennen verlas-
sen, das Grundwissen oder das lebenwährende Suchen nach ihm preisgegeben wurde. Daher fehlt
im Ton autoritativer Entschiedenheit die für den Leser fühlbare eigentliche | Bindung. Leicht kann
im Inhalt, ja in der ganzen Haltung und Stimmung ein Wechsel vorgenommen werden: die Den-
kungsart bleibt, Thema, Meinung und Ziel wechseln.
Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
kann sich der Mensch nicht mehr entziehen. Und gewiß ist, daß die Technik nicht nur
unabsehbare Chancen, sondern unabsehbare Gefahren bringt. Technik ist eine eigene
fortreißende Gewalt geworden. Der Mensch ist ihr zunächst verfallen, ohne zu mer-
ken, daß es und wie es geschieht. Und wer dürfte heute sagen, daß er es durchschaue!
160 Doch ist die Dämonie der Technik nur zu überwinden | auf dem Wege, sie zu durch-
schauen. Was an Unheil entspringt, wird seinerseits der Beherrschung vielleicht zu-
gänglich. Die Organisation des Marktes kann zum Beispiel in der Tat die Rettung in
vorübergehender Not sein und wieder übergehen in Freiheit des Marktes, statt zu en-
den in der Vernichtung, in der es nichts mehr zu verteilen gibt. Aber in jedem Plan
steckt doch wieder die Möglichkeit jener »Dämonie«, des Unvorausgesehenen. Tech-
nische Beherrschung des technischen Unheils kann es vermehren. Die absolute Tech-
nokratie ist ihrerseits eine Unmöglichkeit.
Die Aufgabe der Überwindung der Technik durch Technik selber für im Ganzen lös-
bar zu halten, das wird ein neuer Weg des Unheils. Der Fanatismus der beschränkten
Einsicht verlässt das technisch Mögliche in Gestalt vermeintlicher Technik. Aber die
Frage bleibt doch, wie der Mensch der Technik, die über ihn Herr geworden ist, seiner-
seits wieder gebietet. Das Schicksal des Menschen hängt an der Weise, wie er die Fol-
gen der Technik für sein Leben (von der Ordnung des jeweils zugänglichen Ganzen bis
zum persönlichen Verhalten in jeder Stunde) meistern wird.
346
tes grauenhaftes Phänomen von Kriegsfolgen, das fälschlich als naturnotwendig aus der Sache
der Technik begriffen wird.
Die beiden Entwürfe der Brüder Jünger haben entgegengesetzten Charakter nach der Stimmung
ihrer Abschätzung der Technik - aber sie sind sich gleich in der Denkungsart. Es ist wie eine Ana-
logie zum mythischen Denken: nicht Erkenntnis, sondern Bild, - nicht Analyse, sondern Entwurf
einer Vision, - aber im Medium moderner Denkkategorien, so daß der Leser meinen kann, mit ra-
tionaler Erkenntnis zu tun zu haben.
Daher das Einseitige und das Leidenschaftliche. Es wird nicht abgewogen, es werden keine Ge-
geninstanzen herangezogen außer in Auswahl, um mit ihrer Verwerfung das Podium der eigenen
Rede zu erhöhen.
Es ist keine Nüchternheit des Erkennens, sondern eine Ergriffenheit, die nicht überwunden ist,
weder in der Gebärde der exakt formulierenden Nüchternheit noch in der Stimmung von Kälte
diktatorischer Feststellungen und Wertungen. Es ist vor allem eine ästhetische Haltung, die aus
der Lust an dem geistigen Produkt lebt, und die in der Tat bei Ernst Jünger zu einem Schriftsteller-
tum ersten Ranges geführt hat.
In solchem Denken ist im Ernste eigentlich nichts wahr. Aber es ist verführend auf der Ebene
des bodenlos Modernen, auf der die Besonnenheit verloren, das methodische Erkennen verlas-
sen, das Grundwissen oder das lebenwährende Suchen nach ihm preisgegeben wurde. Daher fehlt
im Ton autoritativer Entschiedenheit die für den Leser fühlbare eigentliche | Bindung. Leicht kann
im Inhalt, ja in der ganzen Haltung und Stimmung ein Wechsel vorgenommen werden: die Den-
kungsart bleibt, Thema, Meinung und Ziel wechseln.