Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
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Wir fahren nicht fort. Endlos sind solche treffenden Erhellungen. Die Auflösung
der überlieferten Gehalte zeigt sich nur darin, daß dieser Denktypus des Entlarvens
sich zum allgemeinen macht. Das Zeitalter erfindet die Theorie von dem, was es tut.
Die Theorie selber aber wird alsbald ein Mittel der Steigerung des Übels, das sie be-
kämpft.
Die Simplifikation. - Einfachheit ist die Gestalt des Wahren. Simplifikation ist die
Gewaltsamkeit, die an die Stelle verlorener Einfachheit tritt. Einfachheit ist von un-
endlicher Deutbarkeit, eine Welt im Kleinen, erfüllt und bewegt. Simplifikation ist von
endlicher Art, der Draht, von dem man wie eine Marionette gelenkt wird, unentwik-
kelbar, leer und starr.
Unser Zeitalter ist das der Simplifikationen. Die Schlagworte, die alles erklärenden
Universaltheorien, die groben Antithesen haben Erfolg. Während Einfachheit sich in
mythischen Symbolen kristallisierte, hält sich die Simplifikation an pseudowissen-
schaftliche Absolutheiten.
Das Leben aus der Negation. - Wo Glaube nicht mehr Grund des Lebensgehaltes ist,
da bleibt nur die Leerheit der Negation. Wo man mit sich unzufrieden ist, da soll ein
Anderer schuld haben. Ist man nichts, so ist man wenigstens Anti -. Man häuft alle
Übel auf ein Phantom, das seinen Namen entlehnt entweder | aus geschichtlichen Bil- 172
düngen, wie sie einmal der theoretischen Erkenntnis sich zeigten: an allem ist schuld:
der Kapitalismus, der Liberalismus, der Marxismus, das Christentum usw. - oder in in-
dividuellen Gestalten werden Ohnmächtige getroffen und dienen als Sündenböcke:
an allem sind schuld die Juden, die Deutschen usw.
Was in unauflösbaren Zusammenhängen der Schuld, im Sinne von Kausalität oder
im Sinne von Verantwortung eine Rolle spielt, das wird unkritisch in die Schuld eines
einzigen bestimmten Anderen, das man nicht selber ist, nivelliert. Es kommt nur noch
darauf an, das Ausdrucksmittel für sein Nein und seinen Angriff überhaupt zu haben.
Geistige Begriffe werden dabei zu Fahnen und Zeichen. Die Worte werden falschmün-
zerisch gebraucht zur Verwendung in einem verkehrten Sinn unter Bewahrung früher
an ihr haftender Gefühle (Freiheit, Vaterland, Staat, Volk, Reich usw.). In der durch die
Weisen der Propaganda sophistisch ruinierten Sprache weiß man dann schließlich
nicht mehr, was die Worte eigentlich bedeuten. Man redet in einer Verwirrung von
Unbestimmtheiten, nur um das jeweils eine Nein zum Ausdruck zu bringen, sein
Anti -, das aus keinem wirklichen Pro folgt.
b. Die Frage, wodurch die gegenwärtige Lage entstanden ist
Der Ursprung der Krise wird nicht in einem einzigen Grunde faßlich. In dem unend-
lichen Gewebe der materiellen und geistigen Zusammenhänge geschichtlichen An-
derswerdens können wir nur einzelne Fäden zur Vergegenwärtigung bringen. Alle
totale und monokausale Auffassung erweist sich als falsch.
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Wir fahren nicht fort. Endlos sind solche treffenden Erhellungen. Die Auflösung
der überlieferten Gehalte zeigt sich nur darin, daß dieser Denktypus des Entlarvens
sich zum allgemeinen macht. Das Zeitalter erfindet die Theorie von dem, was es tut.
Die Theorie selber aber wird alsbald ein Mittel der Steigerung des Übels, das sie be-
kämpft.
Die Simplifikation. - Einfachheit ist die Gestalt des Wahren. Simplifikation ist die
Gewaltsamkeit, die an die Stelle verlorener Einfachheit tritt. Einfachheit ist von un-
endlicher Deutbarkeit, eine Welt im Kleinen, erfüllt und bewegt. Simplifikation ist von
endlicher Art, der Draht, von dem man wie eine Marionette gelenkt wird, unentwik-
kelbar, leer und starr.
Unser Zeitalter ist das der Simplifikationen. Die Schlagworte, die alles erklärenden
Universaltheorien, die groben Antithesen haben Erfolg. Während Einfachheit sich in
mythischen Symbolen kristallisierte, hält sich die Simplifikation an pseudowissen-
schaftliche Absolutheiten.
Das Leben aus der Negation. - Wo Glaube nicht mehr Grund des Lebensgehaltes ist,
da bleibt nur die Leerheit der Negation. Wo man mit sich unzufrieden ist, da soll ein
Anderer schuld haben. Ist man nichts, so ist man wenigstens Anti -. Man häuft alle
Übel auf ein Phantom, das seinen Namen entlehnt entweder | aus geschichtlichen Bil- 172
düngen, wie sie einmal der theoretischen Erkenntnis sich zeigten: an allem ist schuld:
der Kapitalismus, der Liberalismus, der Marxismus, das Christentum usw. - oder in in-
dividuellen Gestalten werden Ohnmächtige getroffen und dienen als Sündenböcke:
an allem sind schuld die Juden, die Deutschen usw.
Was in unauflösbaren Zusammenhängen der Schuld, im Sinne von Kausalität oder
im Sinne von Verantwortung eine Rolle spielt, das wird unkritisch in die Schuld eines
einzigen bestimmten Anderen, das man nicht selber ist, nivelliert. Es kommt nur noch
darauf an, das Ausdrucksmittel für sein Nein und seinen Angriff überhaupt zu haben.
Geistige Begriffe werden dabei zu Fahnen und Zeichen. Die Worte werden falschmün-
zerisch gebraucht zur Verwendung in einem verkehrten Sinn unter Bewahrung früher
an ihr haftender Gefühle (Freiheit, Vaterland, Staat, Volk, Reich usw.). In der durch die
Weisen der Propaganda sophistisch ruinierten Sprache weiß man dann schließlich
nicht mehr, was die Worte eigentlich bedeuten. Man redet in einer Verwirrung von
Unbestimmtheiten, nur um das jeweils eine Nein zum Ausdruck zu bringen, sein
Anti -, das aus keinem wirklichen Pro folgt.
b. Die Frage, wodurch die gegenwärtige Lage entstanden ist
Der Ursprung der Krise wird nicht in einem einzigen Grunde faßlich. In dem unend-
lichen Gewebe der materiellen und geistigen Zusammenhänge geschichtlichen An-
derswerdens können wir nur einzelne Fäden zur Vergegenwärtigung bringen. Alle
totale und monokausale Auffassung erweist sich als falsch.