Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
237
Was aber Freiheit ist, das muß sich selbst noch ins Unendliche hinein zeigen.
Der Wille zur Weltordnung des Rechts macht die Freiheit nicht unmittelbar zum
Ziel, sondern nur die politische Freiheit, die dem Dasein des Menschen für alle Mög-
lichkeiten echter Freiheit Raum gibt.
3) Als Ziel gilt der hohe Mensch und die Schöpfung des Geistes, gilt das Hervorbrin-
gen der Kultur in gemeinschaftlichen Zuständen, gilt der Genius.
Der Drang geht zum hellsten Bewußtsein. Die Einheit des Sinns kommt von da her,
wo der Mensch in den Grenzsituationen sich am entschiedensten bewußt wird, - wo
er die tiefsten Fragen stellt, - wo er die schöpferischen Antworten findet, durch die sein
Leben geführt und geprägt wird. Diese Einheit durch die Höhe des Menschseins liegt
nicht in der Verbreitung von Werkzeugen und Wissen, nicht in dem Umfang von Er-
oberungen und Reichsbildungen, nicht in extremen Formierungen wie tötender As-
kese oder Janitscharenerziehung, - nicht in der Dauer und Stabilität von Institutionen
und Fixierungen, - sondern in den strahlenden Augenblicken tiefsten Zusichkommens,
wesentlicher Offenbarungen.
| Dies Wesentlichste kann dann wie ein verschwindender Punkt im Strom der Ge- 318
schichte sein. Aber es kann wie ein Ferment in dem Gesamtgeschehen wirksam wer-
den. Oder es bleibt zunächst unwirksam in der Erinnerung, bereit zur Wirkung, eine
Frage an die Zukunft. Oder es kann für seine einzige Höhe kein Echo finden in der Welt,
vergeht ohne Erinnerung und besteht nur vor der Transzendenz.
Daß solche Gipfel uns unersetzlich wertvoll erscheinen, beruht auf ihrer Zugehö-
rigkeit zu einer von uns stets vorausgesetzten und nie wirklich gewußten Einheit, zu
der hin, aus der her und für die überhaupt Geschichte ist.
4) Als Ziel gilt das Offenbarwerden des Seins im Menschen, das Innewerden des Seins
in seiner Tiefe, das heißt das Offenbarwerden der Gottheit.
Solche Ziele sind in jeder Gegenwart erreichbar, und werden faktisch - in Grenzen -
erreicht, werden im ständigen Verlieren und Verlorenhaben wieder gewonnen. Von
jeder Generation werden sie auf eigene Weise verwirklicht.
Aber nicht das eine einzige, nicht das Gesamtziel der Geschichte ist damit gewon-
nen. Vielmehr wird von dem imaginären Ziel in der Zukunft zurückgewiesen auf die
Gegenwart, die nicht versäumt werden soll.
Die Einheit des Ziels schlechthin ist in keiner Sinndeutung erreicht. Jede Formu-
lierung, und träfe sie das Höchste, bleibt bei einem Ziel, das nicht das allumfassende
ist, wenigstens nicht in dem Sinne, daß alle anderen Ziele aus einem bestimmt Gedach-
ten ableitbar würden, so daß durch die Einheit des Ziels der eine Sinn der Geschichte
vor Augen läge. Daher werden alle gemeinten Ziele wohl zu Faktoren innerhalb der
Geschichte, wenn sie gewollt werden oder ihnen Glauben zuteil wird, aber sie sind nie
etwas, das die Geschichte übergreift.
237
Was aber Freiheit ist, das muß sich selbst noch ins Unendliche hinein zeigen.
Der Wille zur Weltordnung des Rechts macht die Freiheit nicht unmittelbar zum
Ziel, sondern nur die politische Freiheit, die dem Dasein des Menschen für alle Mög-
lichkeiten echter Freiheit Raum gibt.
3) Als Ziel gilt der hohe Mensch und die Schöpfung des Geistes, gilt das Hervorbrin-
gen der Kultur in gemeinschaftlichen Zuständen, gilt der Genius.
Der Drang geht zum hellsten Bewußtsein. Die Einheit des Sinns kommt von da her,
wo der Mensch in den Grenzsituationen sich am entschiedensten bewußt wird, - wo
er die tiefsten Fragen stellt, - wo er die schöpferischen Antworten findet, durch die sein
Leben geführt und geprägt wird. Diese Einheit durch die Höhe des Menschseins liegt
nicht in der Verbreitung von Werkzeugen und Wissen, nicht in dem Umfang von Er-
oberungen und Reichsbildungen, nicht in extremen Formierungen wie tötender As-
kese oder Janitscharenerziehung, - nicht in der Dauer und Stabilität von Institutionen
und Fixierungen, - sondern in den strahlenden Augenblicken tiefsten Zusichkommens,
wesentlicher Offenbarungen.
| Dies Wesentlichste kann dann wie ein verschwindender Punkt im Strom der Ge- 318
schichte sein. Aber es kann wie ein Ferment in dem Gesamtgeschehen wirksam wer-
den. Oder es bleibt zunächst unwirksam in der Erinnerung, bereit zur Wirkung, eine
Frage an die Zukunft. Oder es kann für seine einzige Höhe kein Echo finden in der Welt,
vergeht ohne Erinnerung und besteht nur vor der Transzendenz.
Daß solche Gipfel uns unersetzlich wertvoll erscheinen, beruht auf ihrer Zugehö-
rigkeit zu einer von uns stets vorausgesetzten und nie wirklich gewußten Einheit, zu
der hin, aus der her und für die überhaupt Geschichte ist.
4) Als Ziel gilt das Offenbarwerden des Seins im Menschen, das Innewerden des Seins
in seiner Tiefe, das heißt das Offenbarwerden der Gottheit.
Solche Ziele sind in jeder Gegenwart erreichbar, und werden faktisch - in Grenzen -
erreicht, werden im ständigen Verlieren und Verlorenhaben wieder gewonnen. Von
jeder Generation werden sie auf eigene Weise verwirklicht.
Aber nicht das eine einzige, nicht das Gesamtziel der Geschichte ist damit gewon-
nen. Vielmehr wird von dem imaginären Ziel in der Zukunft zurückgewiesen auf die
Gegenwart, die nicht versäumt werden soll.
Die Einheit des Ziels schlechthin ist in keiner Sinndeutung erreicht. Jede Formu-
lierung, und träfe sie das Höchste, bleibt bei einem Ziel, das nicht das allumfassende
ist, wenigstens nicht in dem Sinne, daß alle anderen Ziele aus einem bestimmt Gedach-
ten ableitbar würden, so daß durch die Einheit des Ziels der eine Sinn der Geschichte
vor Augen läge. Daher werden alle gemeinten Ziele wohl zu Faktoren innerhalb der
Geschichte, wenn sie gewollt werden oder ihnen Glauben zuteil wird, aber sie sind nie
etwas, das die Geschichte übergreift.