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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0069
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LXVIII

Einleitung des Herausgebers

2.2.3 Abkühlung der Verlagsbeziehung
Wie weit de Gruyter sich inzwischen den Verhältnissen angepasst hatte, bekam Jas-
pers zu spüren, als er Ende Mai 1938 die Fertigstellung eines Manuskripts über »Nietz-
sche und das Christentum« ankündigte.222 Der Verlag fürchtete, das Thema könnte »in
den heute so lebhaften, weltanschaulich politischen Streit hineingezogen werden«,
und erwog, um ganz sicherzugehen, das Manuskript der Parteiamtlichen Prüfungs-
kommission vorzulegen.223 Jaspers hingegen hoffte, eine Lektüre des Textes würde dies
erübrigen.224 Als er das Manuskript Ende Juli 1938 an den Verlag schickte, bat er, von
einer Vorlage bei der Parteiamtlichen Prüfungskommission abzusehen.225 Ihm liege

222 Vgl. K. Jaspers an K. Grethlein, 26. Mai 1938, ebd., 129-130. - Das Verhalten des Verlages Wal-
ter de Gruyter während der NS-Zeit hat Angelika Königseder anhand einprägsamer Beispiele
von nicht mehr geduldeten Autoren untersucht. Vgl. A. Königseder: Walter de Gruyter. Ein
Wissenschaftsverlag im Nationalsozialismus, Tübingen 2016. Gegen ihr kritisches Urteil gibt
Reinhard Wittmann in einer Rezension zu bedenken, dass dem Verlag gar keine andere Wahl
geblieben sei. Vgl. R. Wittmann: »Alles nur im Dienst einer verbrecherischen Politik? Mit dem
moralischen Rigorismus der Nachgeborenen: Angelika Königseder bewertet die Rolle des Wis-
senschaftsverlages Walter de Gruyter zur Zeit des Nationalsozialismus«, in: Frankfurter Allge-
meine Zeitung, Nr. 185,10. August 2016,10. - Zum Verhalten des Verlagsleiters Herbert Cram, der
sich für seine in Ungnade gefallenen Mitarbeiter nach besten Kräften und unter Aufbietung sei-
ner persönlichen Kontakte einsetzte, vgl. M. Mienert: »Herbert Cram, Fritz Homeyer und >Der
Strick< - Der Verlag Walter de Gruyter im »Dritten Reich<«, in: K. G. Saur (Hg.): Verlage im »Drit-
ten Reich«, Frankfurt a.M. 2013, 51-60, hier: 59-60. Crams innere Distanz zum Nationalsozia-
lismus und seine Bereitschaft, aus dem Staats- oder Schuldienst entlassene Personen im Verlag
als Korrektoren zu beschäftigen, erläutert A.-K. Ziesak: Der Verlag Walterde Gruyter, 253 u. 255. -
Im Unterschied dazu behauptet U. Schneider, dieses Verhalten des Verlagschefs passe nicht zu
seiner sonstigen Haltung, schon kurz nach 1933 »einen erheblich strengeren Umgang mit jüdi-
schen Herausgebern und Autoren« zu pflegen: »Besonders in der Sammlung Göschen wurden Titel
jüdischer Autoren recht schnell aus dem Programm genommen und gegen neue >arische< Auto-
ren und deren Werke ausgetauscht.« (U. Schneider: »Wissenschaftliche Verlage«, in: Geschichte
des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 3: Drittes Reich, TI. 1, hg. von E. Fischer
u. R. Wittmann in Zusammenarbeit mit J.-P. Barbian, Berlin, Boston 2015, 381-424, hier: 393)
Aus den Protokollen der Verlagskonferenzen geht jedoch hervor, dass dies für die Zeit ab 1933
nicht zutrifft, sondern sich erst Ende der 1930er Jahre ändert.
223 K. Grethlein an K. Jaspers, 7. Juni 1938, in diesem Band, S. 131.
224 »Inzwischen schrieb der Verleger aus Berlin, er will d. Schrift vor d. Druck der Parteiprüfungs-
kommission vorlegen. Wir warten ab, ob er das auch für richtig hält, wenn er d. Schrift kennt,
die nur d. Forschung dient.« (G. Jaspers an die Schwiegereltern, 9. Juni 1938, DLA, A: Jaspers).
225 Vgl. K. Jaspers an K. Grethlein, 29. Juli 1938, in diesem Band, S. 136. - Über die seit März 1934 be-
stehende und seit November 1934 in Berlin ansässige Parteiamtliche Prüfungskommission, der
die Verlage Manuskripte zur Begutachtung einreichen mussten, vgl. A. Königseder: Walter de
Gruyter, 26-27, und H.-E. Bühler (in Verbindung mit E. Bühler): Der Frontbuchhandel 1939-1945.
Organisationen, Kompetenzen, Verlage, Bücher. Eine Dokumentation, Frankfurt a.M. 2002,13. Nach
Durchsicht eines Manuskripts konnte die Parteiamtliche Prüfungskommission einen »Unbe-
denklichkeitsvermerk« ausstellen, Änderungsauflagen erlassen oder die Publikation ganz ver-
hindern. Zum Handlungsspielraum dieser Kommission vgl. bes. J.-P. Barbian: »Die organisato-
 
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