Einleitung des Herausgebers
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pers verwenden. Allerdings erhielt er um diese Zeit den Marschbefehl, so dass seine
Frau Hilde Mettin die Korrespondenz fortführte und Jaspers zunächst über das bis-
her Erreichte berichtete: »Mein Mann hat Ihre Angelegenheit bereits mit Herren aus
dem Propagandaministerium besprochen, die ihm sichere Zusagen machten und die
Widerstände für Wichtigtuerei subalterner Stellen hielten. In Ihrem Falle ist ein Be-
freiungsschein ohne weiteres zu erwarten, da die wissenschaftliche Bedeutung Ih-
rer Arbeiten einwandfrei festzustellen ist.«295 Jaspers war von diesem Engagement
gerührt. In seiner Antwort stellte er aber auch klar, dass ihm Mettins Einsatz für das
Überleben von Gertrud ungleich wichtiger war als die Frage, ob er noch publizieren
könne: »Dass er noch an meine Angelegenheit wegen der Reichsschrifttumskammer
gedacht hat, ist rührend. Angesichts der centralen Daseinsfrage, wegen der ich seine
Hilfe in der Tat in jeder Situation annehme, ist dies eine Bagatelle. Es wäre mir nicht
lieb, wenn er sich damit eine Last auferlegte.«296 Für den Fall jedoch, dass Mettin in
dieser Frage dennoch etwas unternehmen wollte, fügte Jaspers hinzu: »Aus dem letz-
ten Schreiben der Kammer, dem ein Antragsformular für einen Befreiungsschein
beilag, sehe ich, dass die arische Abstammung auch der Ehefrau im Vordergrund der
Feststellungen stehen würde. Nur wenn man über die Abstammung der Ehefrau hin-
wegsieht, scheint mir ein Erfolg möglich.« Darauf entgegnete Mettins Frau: »Der Be-
dingung der arischen Abstammung auch der Ehefrau muss eben auf diesem per-
sönlichen Wege versucht werden auszuweichen, indem durch den Präsidenten ein
Ausnahmefall für Sie geschaffen wird. Das hofft mein Mann durch seine persönliche
Fürsprache zu erreichen.«297
Strittig war noch, auf welche Weise Johst auf den Fall aufmerksam gemacht werden
sollte. Mettin beabsichtigte, die Dokumente, die er von Jaspers in einer Abschrift er-
halten hatte, an Johst weiterzuleiten, Jaspers fürchtete jedoch, dass man ihm die voll-
ständige Übermittlung der Dokumente an Mettin als Indiskretion auslegen könnte.
Ob es nicht möglich wäre, dass Johst sich seinen Fall aus den Akten der Reichsschrift-
tumskammer vorlegen ließ? Johst sei nicht in Berlin, sondern halte sich privat in Bay-
ern auf und werde von dort sicher nicht die Akten anfordern, teilte ihm Hilde Met-
tin daraufhin mit. Da ihr Mann aber noch nichts unternommen habe, liege es jetzt
an ihm, Jaspers, wie er sich entscheide. - Wie die Sache weitergegangen ist, geht aus
der nur unvollständig erhaltenen Korrespondenz nicht hervor, aber der Brief an den
Verlag Ernst Reinhardt legt nahe, dass Jaspers die persönlichen Bemühungen Mettins
nicht weiter in Anspruch nahm.
295 H. Mettin an K. Jaspers, 24. März 1943, DLA, A: Jaspers.
296 K. Jaspers an H. Mettin, 27. März 1943, Durchschlag, ebd.
297 H. Mettin an K. Jaspers, 26. April 1943, ebd.
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pers verwenden. Allerdings erhielt er um diese Zeit den Marschbefehl, so dass seine
Frau Hilde Mettin die Korrespondenz fortführte und Jaspers zunächst über das bis-
her Erreichte berichtete: »Mein Mann hat Ihre Angelegenheit bereits mit Herren aus
dem Propagandaministerium besprochen, die ihm sichere Zusagen machten und die
Widerstände für Wichtigtuerei subalterner Stellen hielten. In Ihrem Falle ist ein Be-
freiungsschein ohne weiteres zu erwarten, da die wissenschaftliche Bedeutung Ih-
rer Arbeiten einwandfrei festzustellen ist.«295 Jaspers war von diesem Engagement
gerührt. In seiner Antwort stellte er aber auch klar, dass ihm Mettins Einsatz für das
Überleben von Gertrud ungleich wichtiger war als die Frage, ob er noch publizieren
könne: »Dass er noch an meine Angelegenheit wegen der Reichsschrifttumskammer
gedacht hat, ist rührend. Angesichts der centralen Daseinsfrage, wegen der ich seine
Hilfe in der Tat in jeder Situation annehme, ist dies eine Bagatelle. Es wäre mir nicht
lieb, wenn er sich damit eine Last auferlegte.«296 Für den Fall jedoch, dass Mettin in
dieser Frage dennoch etwas unternehmen wollte, fügte Jaspers hinzu: »Aus dem letz-
ten Schreiben der Kammer, dem ein Antragsformular für einen Befreiungsschein
beilag, sehe ich, dass die arische Abstammung auch der Ehefrau im Vordergrund der
Feststellungen stehen würde. Nur wenn man über die Abstammung der Ehefrau hin-
wegsieht, scheint mir ein Erfolg möglich.« Darauf entgegnete Mettins Frau: »Der Be-
dingung der arischen Abstammung auch der Ehefrau muss eben auf diesem per-
sönlichen Wege versucht werden auszuweichen, indem durch den Präsidenten ein
Ausnahmefall für Sie geschaffen wird. Das hofft mein Mann durch seine persönliche
Fürsprache zu erreichen.«297
Strittig war noch, auf welche Weise Johst auf den Fall aufmerksam gemacht werden
sollte. Mettin beabsichtigte, die Dokumente, die er von Jaspers in einer Abschrift er-
halten hatte, an Johst weiterzuleiten, Jaspers fürchtete jedoch, dass man ihm die voll-
ständige Übermittlung der Dokumente an Mettin als Indiskretion auslegen könnte.
Ob es nicht möglich wäre, dass Johst sich seinen Fall aus den Akten der Reichsschrift-
tumskammer vorlegen ließ? Johst sei nicht in Berlin, sondern halte sich privat in Bay-
ern auf und werde von dort sicher nicht die Akten anfordern, teilte ihm Hilde Met-
tin daraufhin mit. Da ihr Mann aber noch nichts unternommen habe, liege es jetzt
an ihm, Jaspers, wie er sich entscheide. - Wie die Sache weitergegangen ist, geht aus
der nur unvollständig erhaltenen Korrespondenz nicht hervor, aber der Brief an den
Verlag Ernst Reinhardt legt nahe, dass Jaspers die persönlichen Bemühungen Mettins
nicht weiter in Anspruch nahm.
295 H. Mettin an K. Jaspers, 24. März 1943, DLA, A: Jaspers.
296 K. Jaspers an H. Mettin, 27. März 1943, Durchschlag, ebd.
297 H. Mettin an K. Jaspers, 26. April 1943, ebd.