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Karl Jaspers - Diederichs
sprechen, dass Sie den Mut haben, die Kierkegaard’schen Werke von neuem herauszu-
bringen. Der Name von Emanuel Hirsch bürgt dafür, dass die Ausgabe nunmehr vor-
trefflich wird.134 Die frühere Ausgabe Ihres Vaters hat das ausserordentliche Verdienst,
Kierkegaard uns vor 40 Jahren bekannt gemacht zu haben. Ohne diese Ausgabe wäre
seine grosse Wirkung im deutschen Sprachgebiet unmöglich gewesen. Man sollte die
Mängel der Schrempfschen Übersetzungen nicht allzusehr betonen. Ausserdem wa-
ren viele Bände doch ausgezeichnet von Gottsched übersetzt; leider in späteren Auf-
lagen durch Schrempf unvorteilhaft überarbeitet. Jetzt gilt Kierkegaard in der ganzen
Welt. Ich vermute, dass seine Wirkung auch in Deutschland noch steigen muss. Hof-
fentlich ist der Widerhall Ihrer neuen Ausgabe so gross, dass Sie sie durchführen kön-
nen. Die Auflösung in kleinere Bände scheint mir ausgezeichnet für die Verbreitung.
Erlauben Sie mir noch eine Erinnerung. Vor mehr als 40 Jahren machte die kleine
Auswahl von Gottsched aus den Tagebüchern, die Ihr Vater unter dem Titel »Buch
des Richters« herausgab, einen grossen Eindruck.135 Der kleine Band schiene mir auch
heute geeignet, im breiteren geistigen Publikum das Interesse zu erwecken. Ob Sie
nicht wie damals neben der Gesamtausgabe diese Auswahl unverändert, vielleicht
noch bereichert durch etwas mehr Bilder, herausbrächten? Aber vielleicht irre ich
mich. Die Zeiten haben sich unendlich gewandelt. Was die Jugend vor einem halben
Jahrhundert faszinierte, braucht es heute nicht mehr zu tun.
Mit besten Empfehlungen und guten Wünschen
Ihr ergebener
Karl Jaspers
Karl Jaspers - Diederichs
sprechen, dass Sie den Mut haben, die Kierkegaard’schen Werke von neuem herauszu-
bringen. Der Name von Emanuel Hirsch bürgt dafür, dass die Ausgabe nunmehr vor-
trefflich wird.134 Die frühere Ausgabe Ihres Vaters hat das ausserordentliche Verdienst,
Kierkegaard uns vor 40 Jahren bekannt gemacht zu haben. Ohne diese Ausgabe wäre
seine grosse Wirkung im deutschen Sprachgebiet unmöglich gewesen. Man sollte die
Mängel der Schrempfschen Übersetzungen nicht allzusehr betonen. Ausserdem wa-
ren viele Bände doch ausgezeichnet von Gottsched übersetzt; leider in späteren Auf-
lagen durch Schrempf unvorteilhaft überarbeitet. Jetzt gilt Kierkegaard in der ganzen
Welt. Ich vermute, dass seine Wirkung auch in Deutschland noch steigen muss. Hof-
fentlich ist der Widerhall Ihrer neuen Ausgabe so gross, dass Sie sie durchführen kön-
nen. Die Auflösung in kleinere Bände scheint mir ausgezeichnet für die Verbreitung.
Erlauben Sie mir noch eine Erinnerung. Vor mehr als 40 Jahren machte die kleine
Auswahl von Gottsched aus den Tagebüchern, die Ihr Vater unter dem Titel »Buch
des Richters« herausgab, einen grossen Eindruck.135 Der kleine Band schiene mir auch
heute geeignet, im breiteren geistigen Publikum das Interesse zu erwecken. Ob Sie
nicht wie damals neben der Gesamtausgabe diese Auswahl unverändert, vielleicht
noch bereichert durch etwas mehr Bilder, herausbrächten? Aber vielleicht irre ich
mich. Die Zeiten haben sich unendlich gewandelt. Was die Jugend vor einem halben
Jahrhundert faszinierte, braucht es heute nicht mehr zu tun.
Mit besten Empfehlungen und guten Wünschen
Ihr ergebener
Karl Jaspers