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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0280
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Karl Jaspers - de Gruyter

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so wünschenswerte schnelle Verständigung in unerträglicher Weise retardiert wird.
Es ist so schade, dass man sich nicht gleich, wie in früheren Zeiten, auf die Bahn set-
zen kann, um an Ort und Stelle in freier Rücksprache die Angelegenheiten zu klären.
Jedenfalls war das immer eine bewährte Methode, mit der ich gut weiterkam. Jetzt bin
ich an Zeitmasse gebunden, die in einem inkommensurablen Verhältnis zu den Din-
gen stehen, die ich zu erledigen habe und durchzuführen beabsichtige.
Darf ich Ihnen zuerst einmal herzlich danken für die neue Aufmunterung, die aus
Ihren Zeilen spricht. Ich bedarf eigentlich keiner Stimulierung mehr, und doch be-
rührt es mich immer wieder besonders stark, wenn ich sehe, wie Sie die Mittlerrolle
des Verlegers und seine Position im geistigen Raum einzuschätzen wissen.
Aus dieser Auffassung heraus habe ich mich eingehend mit Ihrem Brief und sei-
nem Inhalt vertraut gemacht. Ich hätte mich natürlich lieber prospektiv statt retro-
spektiv eingestellt, zumal ich mich persönlich nur für das, was kommen soll, verant-
wortlich fühle. Aber Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hängen als dimensionale
und geistige Kategorien so eng zusammen, dass ich keine Zukunftsaufgaben zu meis-
tern in der Lage bin, wenn ich nicht auch in den andern Dimensionen stehe. Deshalb
ist die Betreuung Ihrer bisherigen Publikationen im Verlag Walter de Gruyter & Co.
eine Selbstverständlichkeit, und als Erstes habe ich die gesamte Korrespondenz gele-
sen, die Sie bisher mit dem Verlage über Ihre Bücher geführt hatten. Diese ist m.E. die
beste Einführung in die Situation und die beste Quelle für Orientierung und Infor-
mation. Ganz allgemein ist folgendes zu sagen:
Beim näheren Eingehen auf Ihre Beschwerden - ich habe mit allen in Frage kom-
menden Instanzen und insbesondere mit Herrn Dr. CRAM gesprochen - konnte ich
feststellen, dass die causae efficientes nicht ohne weiteres aufzudecken sind, diese viel-
mehr in eigentümlichen Verflechtungen und Überlagerungen vorliegen. In der
Hauptsache sind die ausserordentlich schwierigen Nachkriegsverhältnisse, die sowohl
die materielle als auch die personelle Kapazität des Verlages schwer in Mitleidenschaft
gezogen haben, schuld daran, wenn vieles, aus Ihrer Perspektive gesehen, zu wün-
schen übrig liess. Sehr gravierend haben sich weiterhin der Währungsschnitt und die
Berliner Blockade ausgewirkt und wirken sich noch immer aus. Ein Kapitel für sich
war bisher die Papierbeschaffung; der Verlag musste Qualitäten in Kauf nehmen, die
er niemals sonst geduldet hätte. Über die Verkaufsschwierigkeiten, insbesondere die
unglücklichen Ost- und Westgegensätze, ganz zu schweigen. Wie soll der Verlag un-
ter diesen ausserordentlichen gravierenden Umständen reüssieren? In vielen, vielen
Konferenzen hat man immer wieder neue Auswege gesucht. Der Briefwechsel, den Sie
mit uns geführt haben, spie[ge]lt diese Tatbestände genau wider; man sieht, wie sich
die Verhältnisse immer mehr zuspitzen, schliesslich der grosse Hiatus 1945/46 ein-
setzt, langsam die ersten Fäden wieder gesponnen werden und endlich - unter gröss-
ten Nöten - die ersten Resultate zutage kommen.
 
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