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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0397
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280

Karl Jaspers - Springer

Über den Erfolg seines bisherigen Hauptwerks (ich glaube, es heisst: Wissenschaft
und Leben, oder auch Wissenschaft und Philosophie) weiss ich nichts.629 Ich selbst
habe es nicht gelesen, da es mich nicht interessierte3. Es ist Jahre her. Sie würden aber,
wenn Sie darüber sich Auskunft verschaffen könnten, einen gewissen Massstab
haben.
Ein Buch, wie das Häberlin’sche, kann m.E. nur Erfolg haben, wenn es wirklich
fundamental, wirklich Epoche ist. Das kann nur die Lektüre lehren, da man nach bis-
heriger Kenntnis eines Menschen natürlich nicht ein Urteil über eine neue Leistung
vorwegnehmen darf. Als Psychologe13 ist erc nicht sehr bekannt, da er eigentlich be-
langreiche psychologische Arbeiten nicht geleistet hat. Er steht in der Strömung der
Psychologie, die über das blos Experimentelle hinaus möchte, daher auch seine Nei-
gung zu Freud. Solche Strömungen gibt es lange, sie hatten bis jetzt keinen durch-
schlagenden Erfolg (außer den Freud’schen Sensationserfolg, der aber wissenschaft-
lich nicht nachhaltig sein kann).
Hier besteht nun ein ganz persönliches Interesse bei mir, da ich selbst in diesen
Richtungen seit Jahren arbeite. Ich werde an Sie im Laufe der Zeit mit Angeboten her-
antreten für eine »Allgemeine Psychologie«, für eine »Psychologie der Weltanschau-
ungen« (die ich beide schon als Vorlesungen gehalten habe, die eine jetzt zum zweiten
Mal) ,63° Da ich weiss, dass belanglose Bücher in dieser Richtung keinen Erfolg haben
(eine »Kritik der Psychologie als Wissenschaft« von Ehrenberg bei Mohr in Tübingen
ist glatt unter den Tisch gefallen),631 so möchte ich nicht, dass Sie mit Häberlin Miss-
erfolg haben und dadurch vielleicht einen, wie ich als Autor natürlich überzeugt bin,
falschen Schluss auf meine demnächstige »Allgemeine Psychologie« machen wür-
den. Da ich bezüglich des Erfolges für das Häberlin’sche Buch unsicher bin, fürchte
ich mich etwas vor der Discreditierung der Psychologie, weil man sich fürchtet, wenn
etwas discreditiert wird, das einem selbst verwandt scheint, aber recht fern ist, ja in
ganz anderer Ebene sich befindet.
Zur Beantwortung eventueller concreter Fragen bez. Häberlin bin ich natürlich
gern bereit.
In vorzüglicher Hochachtung
Ihr sehr ergebener K. Jaspers

a nicht interessierte Vdg. für langweilte
b nach Psychologe gestr. geniesst Häberlin kein besonderes Ansehen
c er Vdg. für auch als solcher
 
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