Karl Jaspers - Storm
459
467 Wolf Hermann an Karl Jaspers
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Hermann
14. 4.1949
Sehr verehrter Herr Professor!
Ich erhielt Ihren Brief vom n. ds. Mts.
Es ist richtig, daß die Welt am Sonntag einen Auszug aus Ihrer Goethe-Rede ge-
bracht hat. Ich hatte der Zeitung, da sie eine Literaturbeilage in nächster Zeit brin-
gen wollte, ein Exemplar in Fahnen gesandt und gebeten, in dieser Literaturbeilage
das Buch zu besprechen. Wenige Tage darauf erhielt ich ein Telegramm, indem sie um
Genehmigung für einen grösseren Vorabdruck bat. Ich habe diese Genehmigung er-
teilt und bin somit für den Abdruck verantwortlich. Es würde mir sehr, sehr leid tun,
wenn ich Sie dadurch verstimmt habe. Zu meiner Entschuldigung möchte ich folgen-
des sagen: Es ist allgemeine Übung, die Rechte für Vorabdrucke zu vergeben. Ich durfte
umso mehr glauben, keinen Präzedenzfall zu schaffen, als vor einem Jahr die Nordsee-
zeitung hier mit Erlaubnis der Redaktion der Wandlung einen Auszug gebracht hat.1053
Es gibt keine bessere Werbung für ein literarisches Erzeugnis.
Über die Überschrift war ich auch im ersten Augenblick entsetzt. Im zweiten sagte
ich mir resigniert, daß es eben zum Wesen der Zeitung gehört, aus allen Dingen et-
was zu machen, und im dritten, daß das Fragezeichen hinter der Überschrift das Auf-
reizende an ihr denn doch mildere.
In der Anlage sende ich Ihnen die Seite mit dem Auszug. Ich hoffe, Sie werden dann
meine Meinung teilen, daß die Reaktion des Raabe-Kreises auf den Abdruck dann
doch weit über das Ziel hinausschießt und mehr gegen als für diese Leute spricht. Ich
kann mir nicht vorstellen, daß ein aufmerksamer und vernünftiger Leser nicht mer-
ken sollte, daß die Überschrift nicht von Ihnen stammt, und daß das Abgedruckte
eben ein Auszug aus einem grösseren Zusammenhänge ist.
Die Tatsache, daß auf Grund dieses Abdruckes verhältnismässig zahlreiche Bestel-
lungen eingegangen sind, beweist auch, daß die Leser, die es angeht, den Wunsch ha-
ben, die Rede im ganzen kennen zu lernen.
Wie immer Sie nun die Sache beurteilen mögen, ich bitte Sie herzlich, mir zu glau-
ben, daß ich, als ich die Genehmigung zum Abdruck gab, nichts Anderes damit im
Sinne hatte, als für die Schrift auf eine gute Weise zu werben, und ich bitte Sie, mir
nicht nachzutragen, wenn ich damit in Ihren Augen meine Befugnisse überschrit-
ten habe.
Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein, und ich möchte es auch gleich erwähnen, daß
ich im vergangenen Jahre dem Verlag Georg Westermann in Braunschweig für ein in
seinem Schulbuchverlag erscheinendes, von Dr. Karl Dyrssen herausgegebenes philo-
sophisches Lesebuch die Erlaubnis gegeben habe, die Seiten 1 bis 9 aus »Vernunft und
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467 Wolf Hermann an Karl Jaspers
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Hermann
14. 4.1949
Sehr verehrter Herr Professor!
Ich erhielt Ihren Brief vom n. ds. Mts.
Es ist richtig, daß die Welt am Sonntag einen Auszug aus Ihrer Goethe-Rede ge-
bracht hat. Ich hatte der Zeitung, da sie eine Literaturbeilage in nächster Zeit brin-
gen wollte, ein Exemplar in Fahnen gesandt und gebeten, in dieser Literaturbeilage
das Buch zu besprechen. Wenige Tage darauf erhielt ich ein Telegramm, indem sie um
Genehmigung für einen grösseren Vorabdruck bat. Ich habe diese Genehmigung er-
teilt und bin somit für den Abdruck verantwortlich. Es würde mir sehr, sehr leid tun,
wenn ich Sie dadurch verstimmt habe. Zu meiner Entschuldigung möchte ich folgen-
des sagen: Es ist allgemeine Übung, die Rechte für Vorabdrucke zu vergeben. Ich durfte
umso mehr glauben, keinen Präzedenzfall zu schaffen, als vor einem Jahr die Nordsee-
zeitung hier mit Erlaubnis der Redaktion der Wandlung einen Auszug gebracht hat.1053
Es gibt keine bessere Werbung für ein literarisches Erzeugnis.
Über die Überschrift war ich auch im ersten Augenblick entsetzt. Im zweiten sagte
ich mir resigniert, daß es eben zum Wesen der Zeitung gehört, aus allen Dingen et-
was zu machen, und im dritten, daß das Fragezeichen hinter der Überschrift das Auf-
reizende an ihr denn doch mildere.
In der Anlage sende ich Ihnen die Seite mit dem Auszug. Ich hoffe, Sie werden dann
meine Meinung teilen, daß die Reaktion des Raabe-Kreises auf den Abdruck dann
doch weit über das Ziel hinausschießt und mehr gegen als für diese Leute spricht. Ich
kann mir nicht vorstellen, daß ein aufmerksamer und vernünftiger Leser nicht mer-
ken sollte, daß die Überschrift nicht von Ihnen stammt, und daß das Abgedruckte
eben ein Auszug aus einem grösseren Zusammenhänge ist.
Die Tatsache, daß auf Grund dieses Abdruckes verhältnismässig zahlreiche Bestel-
lungen eingegangen sind, beweist auch, daß die Leser, die es angeht, den Wunsch ha-
ben, die Rede im ganzen kennen zu lernen.
Wie immer Sie nun die Sache beurteilen mögen, ich bitte Sie herzlich, mir zu glau-
ben, daß ich, als ich die Genehmigung zum Abdruck gab, nichts Anderes damit im
Sinne hatte, als für die Schrift auf eine gute Weise zu werben, und ich bitte Sie, mir
nicht nachzutragen, wenn ich damit in Ihren Augen meine Befugnisse überschrit-
ten habe.
Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein, und ich möchte es auch gleich erwähnen, daß
ich im vergangenen Jahre dem Verlag Georg Westermann in Braunschweig für ein in
seinem Schulbuchverlag erscheinendes, von Dr. Karl Dyrssen herausgegebenes philo-
sophisches Lesebuch die Erlaubnis gegeben habe, die Seiten 1 bis 9 aus »Vernunft und