4Ö2
Karl Jaspers - Storm
471 Karl Jaspers an Wolf Hermann
Manuskript; DLA, A: Hermann
Basel 3. Mai 49
Sehr verehrter Herr Hermann!
Ich danke Ihnen herzlich! Sie haben Ihrem Herzen Luft gemacht. Ihre Gesinnung
ist mir eine Genugtuung. Ihren Brief könnte die »Zeit« abdrucken, wenn Ihre Empö-
rung nicht allzusehr ihrerseits ins »Schimpfen« käme. Aber Sie tun es aus reiner Seele.
Meinerseits hatte ich damals gleich einen Aufsatz verfasst.1059 Aber ich habe mich
entschlossen, nichts zu drucken. Gegen Schmähungen kann man nicht erwidern.1060
Blosse Richtigstellungen interessieren den Leser nicht. So wahrscheinlich auch nicht,
wenn ich gegen den Satz: »sonnenklar unsere Collektivschuld erwiesen« darauf hin-
weise, dass meine Schrift gerade das Gegenteil tut: die Behauptung der Collektiv-
schuld auflöst.1061
Sie haben, glaube ich, Recht: die Sache ist ein Unglück. Wir Deutsche sind un-
verbesserlich. Dieses Schauspiel - heute - für das Ausland! Meinerseits ist absolutes
Schweigen gewiss auch für dieses Unglück das Beste - wenigstens vorläufig.
Herzliche Grüsse
Ihr Karl Jaspers
472 Wolf Hermann an Karl Jaspers
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Hermann
12.5.1949
Sehr verehrter Herr Professor!
Heute bringt »Die Zeit« eine Entgegnung auf den Artikel von E. R. Curtius von Prof.
Schaeder, Göttingen.1062 Schaeders Antwort trifft ins Schwarze. Ich bin sehr froh über
sie und hoffe, Sie auch.
Weiter sende ich Ihnen zwei Äusserungen von G. R. Hocke und Gerhard Sanden
aus der »Welt am Sonntag«.1063
In der »Welt« las ich heute, daß sieben Heidelberger Professoren eine Erklärung ge-
gen Curtius veröffentlicht haben.1064 So empörend es ist, daß die Rhein-Neckar-Zei-
tung glaubte, den Artikel noch abdrucken zu müssen, so freut es mich doch, daß we-
nigstens sieben Professoren sich dazu so eindeutig und unmißverständlich geäussert
haben, und daß nun nicht nur für die einsichtigen, sondern auch für einen grösseren
Leserkreis der Artikel von Curtius ein Bumerang ist, der ihn nur selber trifft.
Ich wünsche und hoffe jetzt, daß auch »Die Tat« in Zürich ihrerseits den Schaeder-
Artikel aus der »Zeit« abdruckt.1065
Karl Jaspers - Storm
471 Karl Jaspers an Wolf Hermann
Manuskript; DLA, A: Hermann
Basel 3. Mai 49
Sehr verehrter Herr Hermann!
Ich danke Ihnen herzlich! Sie haben Ihrem Herzen Luft gemacht. Ihre Gesinnung
ist mir eine Genugtuung. Ihren Brief könnte die »Zeit« abdrucken, wenn Ihre Empö-
rung nicht allzusehr ihrerseits ins »Schimpfen« käme. Aber Sie tun es aus reiner Seele.
Meinerseits hatte ich damals gleich einen Aufsatz verfasst.1059 Aber ich habe mich
entschlossen, nichts zu drucken. Gegen Schmähungen kann man nicht erwidern.1060
Blosse Richtigstellungen interessieren den Leser nicht. So wahrscheinlich auch nicht,
wenn ich gegen den Satz: »sonnenklar unsere Collektivschuld erwiesen« darauf hin-
weise, dass meine Schrift gerade das Gegenteil tut: die Behauptung der Collektiv-
schuld auflöst.1061
Sie haben, glaube ich, Recht: die Sache ist ein Unglück. Wir Deutsche sind un-
verbesserlich. Dieses Schauspiel - heute - für das Ausland! Meinerseits ist absolutes
Schweigen gewiss auch für dieses Unglück das Beste - wenigstens vorläufig.
Herzliche Grüsse
Ihr Karl Jaspers
472 Wolf Hermann an Karl Jaspers
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Hermann
12.5.1949
Sehr verehrter Herr Professor!
Heute bringt »Die Zeit« eine Entgegnung auf den Artikel von E. R. Curtius von Prof.
Schaeder, Göttingen.1062 Schaeders Antwort trifft ins Schwarze. Ich bin sehr froh über
sie und hoffe, Sie auch.
Weiter sende ich Ihnen zwei Äusserungen von G. R. Hocke und Gerhard Sanden
aus der »Welt am Sonntag«.1063
In der »Welt« las ich heute, daß sieben Heidelberger Professoren eine Erklärung ge-
gen Curtius veröffentlicht haben.1064 So empörend es ist, daß die Rhein-Neckar-Zei-
tung glaubte, den Artikel noch abdrucken zu müssen, so freut es mich doch, daß we-
nigstens sieben Professoren sich dazu so eindeutig und unmißverständlich geäussert
haben, und daß nun nicht nur für die einsichtigen, sondern auch für einen grösseren
Leserkreis der Artikel von Curtius ein Bumerang ist, der ihn nur selber trifft.
Ich wünsche und hoffe jetzt, daß auch »Die Tat« in Zürich ihrerseits den Schaeder-
Artikel aus der »Zeit« abdruckt.1065